Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Phaethon an Theodor. Jch habe nun eine neue Wohnung gemiethet. Ein All' den vielen Kram hab' ich weggeschafft und Meinen Homeruskopf hab' ich ans Fenster ge- Phaethon an Theodor. Jch habe nun eine neue Wohnung gemiethet. Ein All’ den vielen Kram hab’ ich weggeſchafft und Meinen Homeruskopf hab’ ich ans Fenſter ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0016" n="6"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Phaethon an Theodor.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>ch habe nun eine neue Wohnung gemiethet. Ein<lb/> kleines Haͤuschen bewohn’ ich ganz allein. Hat<lb/> dir eine ſo angenehme Lage drauſſen vor dem Dorf<lb/> am Abhang eines kleinen Rebenhuͤgels. Man hat<lb/> eine weite Ausſicht durch die engen Fenſterſcheiben.<lb/> Zu einer Seite liegt das freundliche Dorf und druͤ-<lb/> ber hin auf dem gruͤnen Wieſengrund ein paar<lb/> andre, dann zur andern Seite liegt das Waldge-<lb/> birge und unter ihm auf jaͤher Felswand glaͤnzt<lb/> im Abendlicht die Burg.</p><lb/> <p>All’ den vielen Kram hab’ ich weggeſchafft und<lb/> es ſteht jezt nur noch mein Amor und mein Klavier<lb/> in dem groͤſſern Zimmer, worinn ich arbeite, dane-<lb/> ben iſt ein anderes, worinn ich ſchlafe.</p><lb/> <p>Meinen Homeruskopf hab’ ich ans Fenſter ge-<lb/> ſtellt zur Morgenſeite. Der erſte Strahl der alten<lb/> heilgen Sonne verklaͤrt das Angeſicht des grauen<lb/> Saͤngers. Mir iſt’s oft, als ob er lebte, wann ich<lb/> erwache und der Alte gluͤhet!</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Phaethon an Theodor.
Jch habe nun eine neue Wohnung gemiethet. Ein
kleines Haͤuschen bewohn’ ich ganz allein. Hat
dir eine ſo angenehme Lage drauſſen vor dem Dorf
am Abhang eines kleinen Rebenhuͤgels. Man hat
eine weite Ausſicht durch die engen Fenſterſcheiben.
Zu einer Seite liegt das freundliche Dorf und druͤ-
ber hin auf dem gruͤnen Wieſengrund ein paar
andre, dann zur andern Seite liegt das Waldge-
birge und unter ihm auf jaͤher Felswand glaͤnzt
im Abendlicht die Burg.
All’ den vielen Kram hab’ ich weggeſchafft und
es ſteht jezt nur noch mein Amor und mein Klavier
in dem groͤſſern Zimmer, worinn ich arbeite, dane-
ben iſt ein anderes, worinn ich ſchlafe.
Meinen Homeruskopf hab’ ich ans Fenſter ge-
ſtellt zur Morgenſeite. Der erſte Strahl der alten
heilgen Sonne verklaͤrt das Angeſicht des grauen
Saͤngers. Mir iſt’s oft, als ob er lebte, wann ich
erwache und der Alte gluͤhet!
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