Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Oft saß ich bey Nacht, wann der Mond am Die Gegenwart verschwand vor'm Heldenglan- Da sprach aus meinem Jnnern eine Stimme. Jch kannte den Menschen noch nicht. Jch Oft ſaß ich bey Nacht, wann der Mond am Die Gegenwart verſchwand vor’m Heldenglan- Da ſprach aus meinem Jnnern eine Stimme. Jch kannte den Menſchen noch nicht. Jch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0024" n="24"/> <p>Oft ſaß ich bey Nacht, wann der Mond am<lb/> Himmel ſchwebte, allein unter den Truͤmmern der<lb/> perſiſchen Saͤule, oder an dem dunkeln Gemaͤuer<lb/> des alten Tempels der Venus Armata, oder auf<lb/> den ſteinernen Sitzen des Dromos, und dachte an<lb/> die Zeit, wo die Vaͤter noch wandelten in dieſen<lb/> Raͤumen und der ernſte eiſerne Sinn ſich bildete,<lb/> der mich in duͤſtern Schauern anwehte aus den fin-<lb/> ſtern naͤchtlichen Geſtalten.</p><lb/> <p>Die Gegenwart verſchwand vor’m Heldenglan-<lb/> ze der Vergangenheit. Jch wiegte mich in Traͤu-<lb/> men, wie die Biene in Blumenkelchen, und war<lb/> geſund an Geiſt und Koͤrper.</p><lb/> <p>Da ſprach aus meinem Jnnern eine Stimme.<lb/> Sie hieß mich mein Vaterland durchwandeln. Al-<lb/> lein mußt’ ich gehen: meine Geliebten waren ja<lb/> todt. Jch nahm Abſchied von meinen angebeteten<lb/> Truͤmmern, von den Lorbeerufern des Vaſilipota-<lb/> mo und wandelte nach Miſitra. Damals war ich<lb/> ſiebzehn Jahre alt.</p><lb/> <p>Jch kannte den Menſchen noch nicht. Jch<lb/> liebte bloß den. Griechen, und haßte den Tuͤrken.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [24/0024]
Oft ſaß ich bey Nacht, wann der Mond am
Himmel ſchwebte, allein unter den Truͤmmern der
perſiſchen Saͤule, oder an dem dunkeln Gemaͤuer
des alten Tempels der Venus Armata, oder auf
den ſteinernen Sitzen des Dromos, und dachte an
die Zeit, wo die Vaͤter noch wandelten in dieſen
Raͤumen und der ernſte eiſerne Sinn ſich bildete,
der mich in duͤſtern Schauern anwehte aus den fin-
ſtern naͤchtlichen Geſtalten.
Die Gegenwart verſchwand vor’m Heldenglan-
ze der Vergangenheit. Jch wiegte mich in Traͤu-
men, wie die Biene in Blumenkelchen, und war
geſund an Geiſt und Koͤrper.
Da ſprach aus meinem Jnnern eine Stimme.
Sie hieß mich mein Vaterland durchwandeln. Al-
lein mußt’ ich gehen: meine Geliebten waren ja
todt. Jch nahm Abſchied von meinen angebeteten
Truͤmmern, von den Lorbeerufern des Vaſilipota-
mo und wandelte nach Miſitra. Damals war ich
ſiebzehn Jahre alt.
Jch kannte den Menſchen noch nicht. Jch
liebte bloß den. Griechen, und haßte den Tuͤrken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |