Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.einzeln stehende Tannen dunkelschattend in großart- Die dichten, mit Gezweig vermählten Bäume Durch die Eichenblätter flüsterte der wallende Jch stieg ab, blieb lange sitzen auf einem Bruder! ich kann dir dieses Gefühl nicht schil- Der Morgennebel schwand nach und nach und einzeln ſtehende Tannen dunkelſchattend in großart- Die dichten, mit Gezweig vermaͤhlten Baͤume Durch die Eichenblaͤtter fluͤſterte der wallende Jch ſtieg ab, blieb lange ſitzen auf einem Bruder! ich kann dir dieſes Gefuͤhl nicht ſchil- Der Morgennebel ſchwand nach und nach und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="80"/> einzeln ſtehende Tannen dunkelſchattend in großart-<lb/> igen Gruppen dem Aug’ entgegentraten.</p><lb/> <p>Die dichten, mit Gezweig vermaͤhlten Baͤume<lb/> breiteten einen ernſten, hellgrauen Schatten umher<lb/> und die Sonne goß durch die Aeſte zitternd mit<lb/> mondaͤhnlicher Beleuchtung einen ungewiſſen Licht-<lb/> ton uͤber die ſaftgruͤnen Wieſengruͤnde.</p><lb/> <p>Durch die Eichenblaͤtter fluͤſterte der wallende<lb/> Windhauch, wie Kuͤſſe der Liebe.</p><lb/> <p>Jch ſtieg ab, blieb lange ſitzen auf einem<lb/> Stein, und weinte wie ein Kind. Wohin ich kom-<lb/> me, wußt’ ich nicht, aber woher? ach das fuͤhlt’<lb/> ich nur zu lebhaft.</p><lb/> <p>Bruder! ich kann dir dieſes Gefuͤhl nicht ſchil-<lb/> dern. Die Welt war mir anders, ich hatte mich<lb/> ſelbſt verloren.</p><lb/> <p>Der Morgennebel ſchwand nach und nach und<lb/> die Sonne verſilberte den verklaͤrten Himmel mit<lb/> milchweißen Feuerſtrahlen. Es war, als ob der<lb/> Herr durch das Silbermeer in edler ſtiller Majeſtaͤt<lb/> nach geoͤffneten Himmelsthoren ſich enthuͤllte und<lb/> mittheilte, und um ihn ſelige Geiſter und Engel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0080]
einzeln ſtehende Tannen dunkelſchattend in großart-
igen Gruppen dem Aug’ entgegentraten.
Die dichten, mit Gezweig vermaͤhlten Baͤume
breiteten einen ernſten, hellgrauen Schatten umher
und die Sonne goß durch die Aeſte zitternd mit
mondaͤhnlicher Beleuchtung einen ungewiſſen Licht-
ton uͤber die ſaftgruͤnen Wieſengruͤnde.
Durch die Eichenblaͤtter fluͤſterte der wallende
Windhauch, wie Kuͤſſe der Liebe.
Jch ſtieg ab, blieb lange ſitzen auf einem
Stein, und weinte wie ein Kind. Wohin ich kom-
me, wußt’ ich nicht, aber woher? ach das fuͤhlt’
ich nur zu lebhaft.
Bruder! ich kann dir dieſes Gefuͤhl nicht ſchil-
dern. Die Welt war mir anders, ich hatte mich
ſelbſt verloren.
Der Morgennebel ſchwand nach und nach und
die Sonne verſilberte den verklaͤrten Himmel mit
milchweißen Feuerſtrahlen. Es war, als ob der
Herr durch das Silbermeer in edler ſtiller Majeſtaͤt
nach geoͤffneten Himmelsthoren ſich enthuͤllte und
mittheilte, und um ihn ſelige Geiſter und Engel
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