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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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Phaethon an Theodor.

Schon seit einigen Tagen bin ich in der Stadt.
Die Fürstin ist mir gestern gesessen. Es ist eine
Frau von vieler Bildung, aber wenig Jnnigkeit
und warmem Gefühl.

Man zieht mich in vielfache Zerstreuungen.
Aber es ist doch umsonst. Die Welle schlägt an
den starren kalten Felsen, aber sie wogt ihn nicht
dahin, ihr Andrang macht nur ein grausig Getöse.

Viele Menschen sind um mich, aber wenige,
denen ich mich nähern mag. Da ist niemand, der
mich verstünde, meinem Herzen in seinem Erguß
entgegen käme, von dem's wieder zurückklänge in
mein Jnneres.

Phaethon an Theodor.

Schon ſeit einigen Tagen bin ich in der Stadt.
Die Fuͤrſtin iſt mir geſtern geſeſſen. Es iſt eine
Frau von vieler Bildung, aber wenig Jnnigkeit
und warmem Gefuͤhl.

Man zieht mich in vielfache Zerſtreuungen.
Aber es iſt doch umſonſt. Die Welle ſchlaͤgt an
den ſtarren kalten Felſen, aber ſie wogt ihn nicht
dahin, ihr Andrang macht nur ein grauſig Getoͤſe.

Viele Menſchen ſind um mich, aber wenige,
denen ich mich naͤhern mag. Da iſt niemand, der
mich verſtuͤnde, meinem Herzen in ſeinem Erguß
entgegen kaͤme, von dem’s wieder zuruͤckklaͤnge in
mein Jnneres.

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[82/0082] Phaethon an Theodor. Schon ſeit einigen Tagen bin ich in der Stadt. Die Fuͤrſtin iſt mir geſtern geſeſſen. Es iſt eine Frau von vieler Bildung, aber wenig Jnnigkeit und warmem Gefuͤhl. Man zieht mich in vielfache Zerſtreuungen. Aber es iſt doch umſonſt. Die Welle ſchlaͤgt an den ſtarren kalten Felſen, aber ſie wogt ihn nicht dahin, ihr Andrang macht nur ein grauſig Getoͤſe. Viele Menſchen ſind um mich, aber wenige, denen ich mich naͤhern mag. Da iſt niemand, der mich verſtuͤnde, meinem Herzen in ſeinem Erguß entgegen kaͤme, von dem’s wieder zuruͤckklaͤnge in mein Jnneres.

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/82>, abgerufen am 21.11.2024.