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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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lichkeit zu geben, als zu überreichendes Angebinde in die Hand nahm.

Nachdem er die verfallene Steintreppe erstiegen, pochte er an die Thüre des Fremdenzimmers. Niemand antwortete. In der Küche warf die Magd eben einen Eierkuchen in die Höhe und ließ ihn, durch des Küsters Eintritt gestört, in die Asche fallen. Daß ihm trotzdem eine höfliche Antwort ward, diese Selbstbezähmung hätte ein minder argloses Gemüth, als dasjenige des Küsters, auf gewisse Aeußerungen der Hausfrau schließen lassen, durch welche diese ihre Umgebung auf den dem Küster schuldigen Respect vorbereitet hatte. Als er sich nach der Rückseite des Hauses wandte, wo die schattige Linde stand, sah er die Pfarrwittwe beschäftigt, mit Hülfe der Kinder ein großes Netz auszubessern, das um die Zeit des Traubenreifens zum Schutze gegen die Spatzen über das Spalier gehängt zu werden pflegte. Der ganzen Länge nach war's auf dem Rasen ausgebreitet; die drei ältesten Kinder saßen lachend drunter und banden Spagatfäden über die schadhaften Stellen, die zwei jüngsten mußten fürs Straffhalten sorgen. Frau Anna überwachte die Arbeit und half nach. Als sie des Küsters Schritt vernahm, wandte sie sich nach ihm um, die Wangen vom Bücken geröthet, und stand auf, um ihm den Hut aus der Hand zu nehmen.

Die feuerrothen Nelken hatten seinen Worten mehr Feierlichkeit geben sollen; die Worte fanden sich aber nicht gleich, und so mußten die Nelken allein die Ein-

lichkeit zu geben, als zu überreichendes Angebinde in die Hand nahm.

Nachdem er die verfallene Steintreppe erstiegen, pochte er an die Thüre des Fremdenzimmers. Niemand antwortete. In der Küche warf die Magd eben einen Eierkuchen in die Höhe und ließ ihn, durch des Küsters Eintritt gestört, in die Asche fallen. Daß ihm trotzdem eine höfliche Antwort ward, diese Selbstbezähmung hätte ein minder argloses Gemüth, als dasjenige des Küsters, auf gewisse Aeußerungen der Hausfrau schließen lassen, durch welche diese ihre Umgebung auf den dem Küster schuldigen Respect vorbereitet hatte. Als er sich nach der Rückseite des Hauses wandte, wo die schattige Linde stand, sah er die Pfarrwittwe beschäftigt, mit Hülfe der Kinder ein großes Netz auszubessern, das um die Zeit des Traubenreifens zum Schutze gegen die Spatzen über das Spalier gehängt zu werden pflegte. Der ganzen Länge nach war's auf dem Rasen ausgebreitet; die drei ältesten Kinder saßen lachend drunter und banden Spagatfäden über die schadhaften Stellen, die zwei jüngsten mußten fürs Straffhalten sorgen. Frau Anna überwachte die Arbeit und half nach. Als sie des Küsters Schritt vernahm, wandte sie sich nach ihm um, die Wangen vom Bücken geröthet, und stand auf, um ihm den Hut aus der Hand zu nehmen.

Die feuerrothen Nelken hatten seinen Worten mehr Feierlichkeit geben sollen; die Worte fanden sich aber nicht gleich, und so mußten die Nelken allein die Ein-

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[0085] lichkeit zu geben, als zu überreichendes Angebinde in die Hand nahm. Nachdem er die verfallene Steintreppe erstiegen, pochte er an die Thüre des Fremdenzimmers. Niemand antwortete. In der Küche warf die Magd eben einen Eierkuchen in die Höhe und ließ ihn, durch des Küsters Eintritt gestört, in die Asche fallen. Daß ihm trotzdem eine höfliche Antwort ward, diese Selbstbezähmung hätte ein minder argloses Gemüth, als dasjenige des Küsters, auf gewisse Aeußerungen der Hausfrau schließen lassen, durch welche diese ihre Umgebung auf den dem Küster schuldigen Respect vorbereitet hatte. Als er sich nach der Rückseite des Hauses wandte, wo die schattige Linde stand, sah er die Pfarrwittwe beschäftigt, mit Hülfe der Kinder ein großes Netz auszubessern, das um die Zeit des Traubenreifens zum Schutze gegen die Spatzen über das Spalier gehängt zu werden pflegte. Der ganzen Länge nach war's auf dem Rasen ausgebreitet; die drei ältesten Kinder saßen lachend drunter und banden Spagatfäden über die schadhaften Stellen, die zwei jüngsten mußten fürs Straffhalten sorgen. Frau Anna überwachte die Arbeit und half nach. Als sie des Küsters Schritt vernahm, wandte sie sich nach ihm um, die Wangen vom Bücken geröthet, und stand auf, um ihm den Hut aus der Hand zu nehmen. Die feuerrothen Nelken hatten seinen Worten mehr Feierlichkeit geben sollen; die Worte fanden sich aber nicht gleich, und so mußten die Nelken allein die Ein-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/85>, abgerufen am 23.11.2024.