durchzusetzen, -- so wie jede andre Sache, die et- wa Anlaß zum Verdruß geben konnte, geflissent- lich mied. Bei ihm gieng alles seinen gewöhnli- chen Gang; er hatte, seiner Meinung nach, Leu- te, auf die er sich verlassen konnte, und verließ sich so gänzlich auf sie, daß, wenn nicht seine erste Frau, und nach ihrem Ableben meine Mutter für gut befunden hätten, der Ehrlichkeit dieser Leute durch genaue Aufsicht zu Hülfe zu kommen, sie wohl zuweilen die gute Gelegenheit, für sich selbst zu sorgen, zum Schaden unsers Hauswesens genutzt haben möchten.
Der gute Johann Jacob würde, als jüngster Sohn seines Vaters, den schönen Gasthof in der großen Stadt, wo wir hausten, schwerlich haben annehmen können, da noch zween Brüder und zwo Schwestern miterbten, wenn sich nicht eine alte reiche Jungfer von guter Familie in ihn verliebt hätte. Er selbst war eine lange Weile viel zu un- erfahren in der Kunst, Blicke und Worte zu deu- ten, als daß er die gute Absicht der reichen Jung- fer, ihn mit ihrer Hand zu beglücken, hätte erra- then sollen. Seine Mutter aber war desto hellse- hender, und stieß ihn, wie er nachmals oft gesagt hat, mit der Nase drauf. Dennoch möchte die Sache wohl schwerlich recht in Vortrag gekommen
sein,
durchzuſetzen, — ſo wie jede andre Sache, die et- wa Anlaß zum Verdruß geben konnte, gefliſſent- lich mied. Bei ihm gieng alles ſeinen gewoͤhnli- chen Gang; er hatte, ſeiner Meinung nach, Leu- te, auf die er ſich verlaſſen konnte, und verließ ſich ſo gaͤnzlich auf ſie, daß, wenn nicht ſeine erſte Frau, und nach ihrem Ableben meine Mutter fuͤr gut befunden haͤtten, der Ehrlichkeit dieſer Leute durch genaue Aufſicht zu Huͤlfe zu kommen, ſie wohl zuweilen die gute Gelegenheit, fuͤr ſich ſelbſt zu ſorgen, zum Schaden unſers Hausweſens genutzt haben moͤchten.
Der gute Johann Jacob wuͤrde, als juͤngſter Sohn ſeines Vaters, den ſchoͤnen Gaſthof in der großen Stadt, wo wir hauſten, ſchwerlich haben annehmen koͤnnen, da noch zween Bruͤder und zwo Schweſtern miterbten, wenn ſich nicht eine alte reiche Jungfer von guter Familie in ihn verliebt haͤtte. Er ſelbſt war eine lange Weile viel zu un- erfahren in der Kunſt, Blicke und Worte zu deu- ten, als daß er die gute Abſicht der reichen Jung- fer, ihn mit ihrer Hand zu begluͤcken, haͤtte erra- then ſollen. Seine Mutter aber war deſto hellſe- hender, und ſtieß ihn, wie er nachmals oft geſagt hat, mit der Naſe drauf. Dennoch moͤchte die Sache wohl ſchwerlich recht in Vortrag gekommen
ſein,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0012"n="6"/>
durchzuſetzen, —ſo wie jede andre Sache, die et-<lb/>
wa Anlaß zum Verdruß geben konnte, gefliſſent-<lb/>
lich mied. Bei ihm gieng alles ſeinen gewoͤhnli-<lb/>
chen Gang; er hatte, ſeiner Meinung nach, Leu-<lb/>
te, auf die er ſich verlaſſen konnte, und verließ<lb/>ſich ſo gaͤnzlich auf ſie, daß, wenn nicht ſeine erſte<lb/>
Frau, und nach ihrem Ableben meine Mutter fuͤr<lb/>
gut befunden haͤtten, der Ehrlichkeit dieſer Leute<lb/>
durch genaue Aufſicht zu Huͤlfe zu kommen, ſie<lb/>
wohl zuweilen die gute Gelegenheit, fuͤr ſich ſelbſt<lb/>
zu ſorgen, zum Schaden unſers Hausweſens genutzt<lb/>
haben moͤchten.</p><lb/><p>Der gute Johann Jacob wuͤrde, als juͤngſter<lb/>
Sohn ſeines Vaters, den ſchoͤnen Gaſthof in der<lb/>
großen Stadt, wo wir hauſten, ſchwerlich haben<lb/>
annehmen koͤnnen, da noch zween Bruͤder und zwo<lb/>
Schweſtern miterbten, wenn ſich nicht eine alte<lb/>
reiche Jungfer von guter Familie in ihn verliebt<lb/>
haͤtte. Er ſelbſt war eine lange Weile viel zu un-<lb/>
erfahren in der Kunſt, Blicke und Worte zu deu-<lb/>
ten, als daß er die gute Abſicht der reichen Jung-<lb/>
fer, ihn mit ihrer Hand zu begluͤcken, haͤtte erra-<lb/>
then ſollen. Seine Mutter aber war deſto hellſe-<lb/>
hender, und ſtieß ihn, wie er nachmals oft geſagt<lb/>
hat, mit der Naſe drauf. Dennoch moͤchte die<lb/>
Sache wohl ſchwerlich recht in Vortrag gekommen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſein,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[6/0012]
durchzuſetzen, — ſo wie jede andre Sache, die et-
wa Anlaß zum Verdruß geben konnte, gefliſſent-
lich mied. Bei ihm gieng alles ſeinen gewoͤhnli-
chen Gang; er hatte, ſeiner Meinung nach, Leu-
te, auf die er ſich verlaſſen konnte, und verließ
ſich ſo gaͤnzlich auf ſie, daß, wenn nicht ſeine erſte
Frau, und nach ihrem Ableben meine Mutter fuͤr
gut befunden haͤtten, der Ehrlichkeit dieſer Leute
durch genaue Aufſicht zu Huͤlfe zu kommen, ſie
wohl zuweilen die gute Gelegenheit, fuͤr ſich ſelbſt
zu ſorgen, zum Schaden unſers Hausweſens genutzt
haben moͤchten.
Der gute Johann Jacob wuͤrde, als juͤngſter
Sohn ſeines Vaters, den ſchoͤnen Gaſthof in der
großen Stadt, wo wir hauſten, ſchwerlich haben
annehmen koͤnnen, da noch zween Bruͤder und zwo
Schweſtern miterbten, wenn ſich nicht eine alte
reiche Jungfer von guter Familie in ihn verliebt
haͤtte. Er ſelbſt war eine lange Weile viel zu un-
erfahren in der Kunſt, Blicke und Worte zu deu-
ten, als daß er die gute Abſicht der reichen Jung-
fer, ihn mit ihrer Hand zu begluͤcken, haͤtte erra-
then ſollen. Seine Mutter aber war deſto hellſe-
hender, und ſtieß ihn, wie er nachmals oft geſagt
hat, mit der Naſe drauf. Dennoch moͤchte die
Sache wohl ſchwerlich recht in Vortrag gekommen
ſein,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/12>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.