sein, wenn nicht meine Großmutter diese Mühe übernommen hätte. Dieses geschah aber; und so wurde denn Jungfer oder Mamsell Bluminn Frau oder wenn man will, Madame Schnitzerinn. Dieses wäre sie aber schwerlich geworden, wenn sie die zwei Häuser, welche sie meinem Vater zubrach- te, eher geerbt hätte, als ein Jahr vor ihrer Ver- heirathung: denn wären ihr diese schönen Häuser zwanzig, oder dreißig Jahre früher zugefallen; so dürften die allezeit fertigen Geldfreier wohl nicht zugelassen haben, daß sie ganze fünf und vierzig Jahre, als Jungfer verlebt hätte.
Genug, sie war nunmehr Johann Jacob Schnitzers Bettgenossinn, und war ein gutes leut- seliges Geschöpf, welches ihm alles an den Augen ansah, und ihn aller Müh' überhob. So bald her- nach mein Großvater die Welt gesegnet hatte, ver- kaufte sie das eine von ihren Häusern, gab den Brüdern und Schwestern meines Vaters, was ih- nen gehörte, und watschelte nun achtzehn Jahre lang, als die aufmerksamste Wirthinn im Gasthofe herum. Dabei hatte Herr Johann Jacob keine andere Mühe, als die Rechnungen ins Reine zu bringen, und wenn vornehme Herrschaften kamen, ihnen an die Hausthüre entgegen zu gehn, und sie auf die bestimmten Zimmer zu bringen.
War
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ſein, wenn nicht meine Großmutter dieſe Muͤhe uͤbernommen haͤtte. Dieſes geſchah aber; und ſo wurde denn Jungfer oder Mamſell Bluminn Frau oder wenn man will, Madame Schnitzerinn. Dieſes waͤre ſie aber ſchwerlich geworden, wenn ſie die zwei Haͤuſer, welche ſie meinem Vater zubrach- te, eher geerbt haͤtte, als ein Jahr vor ihrer Ver- heirathung: denn waͤren ihr dieſe ſchoͤnen Haͤuſer zwanzig, oder dreißig Jahre fruͤher zugefallen; ſo duͤrften die allezeit fertigen Geldfreier wohl nicht zugelaſſen haben, daß ſie ganze fuͤnf und vierzig Jahre, als Jungfer verlebt haͤtte.
Genug, ſie war nunmehr Johann Jacob Schnitzers Bettgenoſſinn, und war ein gutes leut- ſeliges Geſchoͤpf, welches ihm alles an den Augen anſah, und ihn aller Muͤh’ uͤberhob. So bald her- nach mein Großvater die Welt geſegnet hatte, ver- kaufte ſie das eine von ihren Haͤuſern, gab den Bruͤdern und Schweſtern meines Vaters, was ih- nen gehoͤrte, und watſchelte nun achtzehn Jahre lang, als die aufmerkſamſte Wirthinn im Gaſthofe herum. Dabei hatte Herr Johann Jacob keine andere Muͤhe, als die Rechnungen ins Reine zu bringen, und wenn vornehme Herrſchaften kamen, ihnen an die Hausthuͤre entgegen zu gehn, und ſie auf die beſtimmten Zimmer zu bringen.
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ſein, wenn nicht meine Großmutter dieſe Muͤhe
uͤbernommen haͤtte. Dieſes geſchah aber; und ſo
wurde denn Jungfer oder Mamſell Bluminn Frau
oder wenn man will, Madame Schnitzerinn.
Dieſes waͤre ſie aber ſchwerlich geworden, wenn ſie
die zwei Haͤuſer, welche ſie meinem Vater zubrach-
te, eher geerbt haͤtte, als ein Jahr vor ihrer Ver-
heirathung: denn waͤren ihr dieſe ſchoͤnen Haͤuſer
zwanzig, oder dreißig Jahre fruͤher zugefallen; ſo
duͤrften die allezeit fertigen Geldfreier wohl nicht
zugelaſſen haben, daß ſie ganze fuͤnf und vierzig
Jahre, als Jungfer verlebt haͤtte.
Genug, ſie war nunmehr Johann Jacob
Schnitzers Bettgenoſſinn, und war ein gutes leut-
ſeliges Geſchoͤpf, welches ihm alles an den Augen
anſah, und ihn aller Muͤh’ uͤberhob. So bald her-
nach mein Großvater die Welt geſegnet hatte, ver-
kaufte ſie das eine von ihren Haͤuſern, gab den
Bruͤdern und Schweſtern meines Vaters, was ih-
nen gehoͤrte, und watſchelte nun achtzehn Jahre
lang, als die aufmerkſamſte Wirthinn im Gaſthofe
herum. Dabei hatte Herr Johann Jacob keine
andere Muͤhe, als die Rechnungen ins Reine zu
bringen, und wenn vornehme Herrſchaften kamen,
ihnen an die Hausthuͤre entgegen zu gehn, und ſie
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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