Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
bereuete der nun befriedigte Kleidungsgläubiger so- gar, daß er einen Mann, der ihm noch in der Fol- ge sehr nützlich sein könnte, so gedrängt habe. Con- fuselius befand sich bei solchem guten Ausehn so wohl, daß er wieder alles über Schnitzern vermochte, und aufs neue dessen gelehrter Rath war. Johann Ja- cob dachte sogar mit einiger Bekümmerniß an die Zeit, wo der Magister durch den Ruf des großen Herrn, der ihm seine Kinder anvertrauen wollte, ihm entrissen werden sollte. Auch Suschen trug zu seinen guten Tagen bei: sie ließ ihn nicht nur keinen Tag ohne einige Erquickung seines Magens, sondern lieh ihm auch, wenn er es verlangte, einige Thaler, um seinen unhöflichen Wirth, oder sonst ein dringendes Be- dürfniß zu befriedigen. Leute, die auf moralische Denkart halten und behaupten, man müsse bieder und dankbar sein, werden dafür halten, Confuselius müsse ohne mehr als pflichtmäßig zu handeln, die Zeit kaum haben erwarten können, wo er sein Versprechen gegen Suschen halten könnte. Wer aber klüger ist und es einsieht, daß es pure Einfalt ist, ehrlich sein zu wollen, wird es nichts weniger als befremdlich finden, und nichts weniger als den Magister tadeln, wenn ich sage, daß er Tag und Nacht darauf dachte, wie er
bereuete der nun befriedigte Kleidungsglaͤubiger ſo- gar, daß er einen Mann, der ihm noch in der Fol- ge ſehr nuͤtzlich ſein koͤnnte, ſo gedraͤngt habe. Con- fuſelius befand ſich bei ſolchem guten Auſehn ſo wohl, daß er wieder alles uͤber Schnitzern vermochte, und aufs neue deſſen gelehrter Rath war. Johann Ja- cob dachte ſogar mit einiger Bekuͤmmerniß an die Zeit, wo der Magiſter durch den Ruf des großen Herrn, der ihm ſeine Kinder anvertrauen wollte, ihm entriſſen werden ſollte. Auch Suschen trug zu ſeinen guten Tagen bei: ſie ließ ihn nicht nur keinen Tag ohne einige Erquickung ſeines Magens, ſondern lieh ihm auch, wenn er es verlangte, einige Thaler, um ſeinen unhoͤflichen Wirth, oder ſonſt ein dringendes Be- duͤrfniß zu befriedigen. Leute, die auf moraliſche Denkart halten und behaupten, man muͤſſe bieder und dankbar ſein, werden dafuͤr halten, Confuſelius muͤſſe ohne mehr als pflichtmaͤßig zu handeln, die Zeit kaum haben erwarten koͤnnen, wo er ſein Verſprechen gegen Suschen halten koͤnnte. Wer aber kluͤger iſt und es einſieht, daß es pure Einfalt iſt, ehrlich ſein zu wollen, wird es nichts weniger als befremdlich finden, und nichts weniger als den Magiſter tadeln, wenn ich ſage, daß er Tag und Nacht darauf dachte, wie er
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bereuete der nun befriedigte Kleidungsglaͤubiger ſo-
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ge ſehr nuͤtzlich ſein koͤnnte, ſo gedraͤngt habe. Con-
fuſelius befand ſich bei ſolchem guten Auſehn ſo wohl,
daß er wieder alles uͤber Schnitzern vermochte, und
aufs neue deſſen gelehrter Rath war. Johann Ja-
cob dachte ſogar mit einiger Bekuͤmmerniß an die
Zeit, wo der Magiſter durch den Ruf des großen
Herrn, der ihm ſeine Kinder anvertrauen wollte,
ihm entriſſen werden ſollte.
Auch Suschen trug zu ſeinen guten Tagen
bei: ſie ließ ihn nicht nur keinen Tag ohne einige
Erquickung ſeines Magens, ſondern lieh ihm auch,
wenn er es verlangte, einige Thaler, um ſeinen
unhoͤflichen Wirth, oder ſonſt ein dringendes Be-
duͤrfniß zu befriedigen.
Leute, die auf moraliſche Denkart halten und
behaupten, man muͤſſe bieder und dankbar ſein,
werden dafuͤr halten, Confuſelius muͤſſe ohne mehr
als pflichtmaͤßig zu handeln, die Zeit kaum haben
erwarten koͤnnen, wo er ſein Verſprechen gegen
Suschen halten koͤnnte. Wer aber kluͤger iſt und
es einſieht, daß es pure Einfalt iſt, ehrlich ſein zu
wollen, wird es nichts weniger als befremdlich finden,
und nichts weniger als den Magiſter tadeln, wenn
ich ſage, daß er Tag und Nacht darauf dachte, wie
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