Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die
Tabagie zu gehen pflegte. Die Gesellschaft war
aber, wenn er um zehn Uhr nach Hause kam, noch
beisammen, und Suschen die erste Zeit allemal zur
Stelle, um ihn auf sein Stübchen zu begleiten,
und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den
diese neueingeführten Abendgäste einbrachten. Frei-
lich wäre ihr, meinte sie, nun destomehr Plage
aufgebürdet; denn sie müßte, indem er dort ruhig
säße, in der Küche und im Keller auf- und ablaufen;
aber sie wollte sich das doch recht gern gefallen lassen.

Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge-
bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar
einst die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin-
terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht
immer in der Küche und im Keller wäre, son-
dern alles in der Geschwindigkeit abmachte, und
dann wenigstens drei Stunden lang beim Soupe
spirituel
mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es
ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal
vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache;
denn Suschen schimpfte auf niemand ärger, als
auf die treulosen Weiber, die sich nach andern
Mannsleuten umsehen.

Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man
immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander-

gieng,

wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die
Tabagie zu gehen pflegte. Die Geſellſchaft war
aber, wenn er um zehn Uhr nach Hauſe kam, noch
beiſammen, und Suschen die erſte Zeit allemal zur
Stelle, um ihn auf ſein Stuͤbchen zu begleiten,
und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den
dieſe neueingefuͤhrten Abendgaͤſte einbrachten. Frei-
lich waͤre ihr, meinte ſie, nun deſtomehr Plage
aufgebuͤrdet; denn ſie muͤßte, indem er dort ruhig
ſaͤße, in der Kuͤche und im Keller auf- und ablaufen;
aber ſie wollte ſich das doch recht gern gefallen laſſen.

Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge-
bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar
einſt die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin-
terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht
immer in der Kuͤche und im Keller waͤre, ſon-
dern alles in der Geſchwindigkeit abmachte, und
dann wenigſtens drei Stunden lang beim Soupé
spirituel
mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es
ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal
vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache;
denn Suschen ſchimpfte auf niemand aͤrger, als
auf die treuloſen Weiber, die ſich nach andern
Mannsleuten umſehen.

Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man
immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander-

gieng,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="182"/>
wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die<lb/>
Tabagie zu gehen pflegte. Die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft war<lb/>
aber, wenn er um zehn Uhr nach Hau&#x017F;e kam, noch<lb/>
bei&#x017F;ammen, und Suschen die er&#x017F;te Zeit allemal zur<lb/>
Stelle, um ihn auf &#x017F;ein Stu&#x0364;bchen zu begleiten,<lb/>
und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den<lb/>
die&#x017F;e neueingefu&#x0364;hrten Abendga&#x0364;&#x017F;te einbrachten. Frei-<lb/>
lich wa&#x0364;re ihr, meinte &#x017F;ie, nun de&#x017F;tomehr Plage<lb/>
aufgebu&#x0364;rdet; denn &#x017F;ie mu&#x0364;ßte, indem er dort ruhig<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ße, in der Ku&#x0364;che und im Keller auf- und ablaufen;<lb/>
aber &#x017F;ie wollte &#x017F;ich das doch recht gern gefallen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge-<lb/>
bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar<lb/>
ein&#x017F;t die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin-<lb/>
terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht<lb/>
immer in der Ku&#x0364;che und im Keller wa&#x0364;re, &#x017F;on-<lb/>
dern alles in der Ge&#x017F;chwindigkeit abmachte, und<lb/>
dann wenig&#x017F;tens drei Stunden lang beim <hi rendition="#aq">Soupé<lb/>
spirituel</hi> mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es<lb/>
ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal<lb/>
vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache;<lb/>
denn Suschen &#x017F;chimpfte auf niemand a&#x0364;rger, als<lb/>
auf die treulo&#x017F;en Weiber, die &#x017F;ich nach andern<lb/>
Mannsleuten um&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man<lb/>
immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gieng,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0188] wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die Tabagie zu gehen pflegte. Die Geſellſchaft war aber, wenn er um zehn Uhr nach Hauſe kam, noch beiſammen, und Suschen die erſte Zeit allemal zur Stelle, um ihn auf ſein Stuͤbchen zu begleiten, und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den dieſe neueingefuͤhrten Abendgaͤſte einbrachten. Frei- lich waͤre ihr, meinte ſie, nun deſtomehr Plage aufgebuͤrdet; denn ſie muͤßte, indem er dort ruhig ſaͤße, in der Kuͤche und im Keller auf- und ablaufen; aber ſie wollte ſich das doch recht gern gefallen laſſen. Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge- bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar einſt die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin- terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht immer in der Kuͤche und im Keller waͤre, ſon- dern alles in der Geſchwindigkeit abmachte, und dann wenigſtens drei Stunden lang beim Soupé spirituel mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache; denn Suschen ſchimpfte auf niemand aͤrger, als auf die treuloſen Weiber, die ſich nach andern Mannsleuten umſehen. Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander- gieng,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/188
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/188>, abgerufen am 21.11.2024.