Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
schein kam, finstre Gesichter machte, oder ihn gar fragte, was er wollte? Sie bekümmerte sich bald gar nicht weiter um ihn, und hielts nicht mehr der Mühe werth, zu ihm zu gehn, wenn er aus der Tabagie heim kam, hingegen hofmeisterte sie ihn immer öfter. Es war nur ein einziges Zimmer im Hause, welches er einige Zeit besuchen durfte, ohne daß sie etwas dagegen hatte, es lag im dritten Stock und ward von einem Mann bewohnt, der sich seit zwei Jahren da still verhielt und sparsam behalf. Als er ankam und man nach seinem Namen fragte, nannte er sich Felß. Da er keinen Bedienten hatte, und über ein feines aber schlichtes Kleid einen grauen Oberrock trug, der zwar gut und neu, aber gar nicht nach dem Modeschnitt war, meinte Suschen, welche, da er anlangte, noch im Dienst ihrer Vorfahrinn war, für einen solchen Passagier wär ein Hinter- stübchen gut genug. Schnitzer hingegen schloß schon da er ihn empfieng, eben aus seinem derben Anzug, daß es ein gesetzter Mann sein müßte, führ- te ihn in den zweiten Stock und wollte ihm ein sehr schönes Zimmer eingeben. Allein Felß bat um ein geringeres, welches doch wohlfeilern Prei- ßes sein würde, und möchte er ihn, sagte er lä- chelnd,
ſchein kam, finſtre Geſichter machte, oder ihn gar fragte, was er wollte? Sie bekuͤmmerte ſich bald gar nicht weiter um ihn, und hielts nicht mehr der Muͤhe werth, zu ihm zu gehn, wenn er aus der Tabagie heim kam, hingegen hofmeiſterte ſie ihn immer oͤfter. Es war nur ein einziges Zimmer im Hauſe, welches er einige Zeit beſuchen durfte, ohne daß ſie etwas dagegen hatte, es lag im dritten Stock und ward von einem Mann bewohnt, der ſich ſeit zwei Jahren da ſtill verhielt und ſparſam behalf. Als er ankam und man nach ſeinem Namen fragte, nannte er ſich Felß. Da er keinen Bedienten hatte, und uͤber ein feines aber ſchlichtes Kleid einen grauen Oberrock trug, der zwar gut und neu, aber gar nicht nach dem Modeſchnitt war, meinte Suschen, welche, da er anlangte, noch im Dienſt ihrer Vorfahrinn war, fuͤr einen ſolchen Paſſagier waͤr ein Hinter- ſtuͤbchen gut genug. Schnitzer hingegen ſchloß ſchon da er ihn empfieng, eben aus ſeinem derben Anzug, daß es ein geſetzter Mann ſein muͤßte, fuͤhr- te ihn in den zweiten Stock und wollte ihm ein ſehr ſchoͤnes Zimmer eingeben. Allein Felß bat um ein geringeres, welches doch wohlfeilern Prei- ßes ſein wuͤrde, und moͤchte er ihn, ſagte er laͤ- chelnd,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SCHNITZ"> <p><pb facs="#f0212" n="206"/> ſchein kam, finſtre Geſichter machte, oder ihn gar<lb/> fragte, was er wollte? Sie bekuͤmmerte ſich bald<lb/> gar nicht weiter um ihn, und hielts nicht mehr<lb/> der Muͤhe werth, zu ihm zu gehn, wenn er aus<lb/> der Tabagie heim kam, hingegen hofmeiſterte ſie<lb/> ihn immer oͤfter.</p><lb/> <p>Es war nur ein einziges Zimmer im Hauſe,<lb/> welches er einige Zeit beſuchen durfte, ohne daß<lb/> ſie etwas dagegen hatte, es lag im dritten Stock<lb/> und ward von einem Mann bewohnt, der ſich ſeit<lb/> zwei Jahren da ſtill verhielt und ſparſam behalf.<lb/> Als er ankam und man nach ſeinem Namen fragte,<lb/> nannte er ſich Felß.</p><lb/> <p>Da er keinen Bedienten hatte, und uͤber ein<lb/> feines aber ſchlichtes Kleid einen grauen Oberrock<lb/> trug, der zwar gut und neu, aber gar nicht nach<lb/> dem Modeſchnitt war, meinte Suschen, welche,<lb/> da er anlangte, noch im Dienſt ihrer Vorfahrinn<lb/> war, fuͤr einen ſolchen Paſſagier waͤr ein Hinter-<lb/> ſtuͤbchen gut genug. Schnitzer hingegen ſchloß<lb/> ſchon da er ihn empfieng, eben aus ſeinem derben<lb/> Anzug, daß es ein geſetzter Mann ſein muͤßte, fuͤhr-<lb/> te ihn in den zweiten Stock und wollte ihm ein<lb/> ſehr ſchoͤnes Zimmer eingeben. Allein Felß bat<lb/> um ein geringeres, welches doch wohlfeilern Prei-<lb/> ßes ſein wuͤrde, und moͤchte er ihn, ſagte er laͤ-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">chelnd,</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [206/0212]
ſchein kam, finſtre Geſichter machte, oder ihn gar
fragte, was er wollte? Sie bekuͤmmerte ſich bald
gar nicht weiter um ihn, und hielts nicht mehr
der Muͤhe werth, zu ihm zu gehn, wenn er aus
der Tabagie heim kam, hingegen hofmeiſterte ſie
ihn immer oͤfter.
Es war nur ein einziges Zimmer im Hauſe,
welches er einige Zeit beſuchen durfte, ohne daß
ſie etwas dagegen hatte, es lag im dritten Stock
und ward von einem Mann bewohnt, der ſich ſeit
zwei Jahren da ſtill verhielt und ſparſam behalf.
Als er ankam und man nach ſeinem Namen fragte,
nannte er ſich Felß.
Da er keinen Bedienten hatte, und uͤber ein
feines aber ſchlichtes Kleid einen grauen Oberrock
trug, der zwar gut und neu, aber gar nicht nach
dem Modeſchnitt war, meinte Suschen, welche,
da er anlangte, noch im Dienſt ihrer Vorfahrinn
war, fuͤr einen ſolchen Paſſagier waͤr ein Hinter-
ſtuͤbchen gut genug. Schnitzer hingegen ſchloß
ſchon da er ihn empfieng, eben aus ſeinem derben
Anzug, daß es ein geſetzter Mann ſein muͤßte, fuͤhr-
te ihn in den zweiten Stock und wollte ihm ein
ſehr ſchoͤnes Zimmer eingeben. Allein Felß bat
um ein geringeres, welches doch wohlfeilern Prei-
ßes ſein wuͤrde, und moͤchte er ihn, ſagte er laͤ-
chelnd,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |