Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.Nur wenig Tage war Herr Felß im Hause, als einer der angesehensten und geehrtesten Männer aus der Stadt, zu welchem er ein Billet geschickt hatte, zu ihm kam. Dieser und mehrere Leute von Wichtigkeit besuchten ihn hernach noch verschiedene- mal, und bezeugten ihm viel Achtung. Es ward, obgleich auch seine Bekannten über diesen Mann ein unverrücktes Stillschweigen beobachteten, doch bald vermuthet, daß er einen geborgten Namen führte und vielleicht ein großer Mann wär. Um dieser Vermuthung willen, war er Schnitzern noch lieber, denn hier gab es etwas zu errathen, wel- ches er nicht aufzulösen verstand. Seit Felß in seinem Hause war, kamen ihm die vornehmsten Leute, von denen man es wußte, wer sie waren, als sehr unbeträchtliche Leute vor, hingegen für sei- nen geheimnißvollen Gast hatte er die größte Hoch- achtung. Nicht eben so dachte Suschen; sobald sie Wir- thinn war, fieng sie an auf Felßen loszuziehn, er verzehrte nicht nur wenig, sondern war auch so still und ernsthaft, sie sah gartnicht, warum man ihm das hübsche Zimmer nebst Kammer und dem guten Tisch für einen so wohlfeilen Preiß ließ, denn ver- schiedenemal hätte es schon, wenn viel Fremde da gewesen wären, an Platz gefehlt. Ueberhaupt wüßte
Nur wenig Tage war Herr Felß im Hauſe, als einer der angeſehenſten und geehrteſten Maͤnner aus der Stadt, zu welchem er ein Billet geſchickt hatte, zu ihm kam. Dieſer und mehrere Leute von Wichtigkeit beſuchten ihn hernach noch verſchiedene- mal, und bezeugten ihm viel Achtung. Es ward, obgleich auch ſeine Bekannten uͤber dieſen Mann ein unverruͤcktes Stillſchweigen beobachteten, doch bald vermuthet, daß er einen geborgten Namen fuͤhrte und vielleicht ein großer Mann waͤr. Um dieſer Vermuthung willen, war er Schnitzern noch lieber, denn hier gab es etwas zu errathen, wel- ches er nicht aufzuloͤſen verſtand. Seit Felß in ſeinem Hauſe war, kamen ihm die vornehmſten Leute, von denen man es wußte, wer ſie waren, als ſehr unbetraͤchtliche Leute vor, hingegen fuͤr ſei- nen geheimnißvollen Gaſt hatte er die groͤßte Hoch- achtung. Nicht eben ſo dachte Suschen; ſobald ſie Wir- thinn war, fieng ſie an auf Felßen loszuziehn, er verzehrte nicht nur wenig, ſondern war auch ſo ſtill und ernſthaft, ſie ſah gartnicht, warum man ihm das huͤbſche Zimmer nebſt Kammer und dem guten Tiſch fuͤr einen ſo wohlfeilen Preiß ließ, denn ver- ſchiedenemal haͤtte es ſchon, wenn viel Fremde da geweſen waͤren, an Platz gefehlt. Ueberhaupt wuͤßte
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Nur wenig Tage war Herr Felß im Hauſe,
als einer der angeſehenſten und geehrteſten Maͤnner
aus der Stadt, zu welchem er ein Billet geſchickt
hatte, zu ihm kam. Dieſer und mehrere Leute von
Wichtigkeit beſuchten ihn hernach noch verſchiedene-
mal, und bezeugten ihm viel Achtung. Es ward,
obgleich auch ſeine Bekannten uͤber dieſen Mann
ein unverruͤcktes Stillſchweigen beobachteten, doch
bald vermuthet, daß er einen geborgten Namen
fuͤhrte und vielleicht ein großer Mann waͤr. Um
dieſer Vermuthung willen, war er Schnitzern noch
lieber, denn hier gab es etwas zu errathen, wel-
ches er nicht aufzuloͤſen verſtand. Seit Felß in
ſeinem Hauſe war, kamen ihm die vornehmſten
Leute, von denen man es wußte, wer ſie waren,
als ſehr unbetraͤchtliche Leute vor, hingegen fuͤr ſei-
nen geheimnißvollen Gaſt hatte er die groͤßte Hoch-
achtung.
Nicht eben ſo dachte Suschen; ſobald ſie Wir-
thinn war, fieng ſie an auf Felßen loszuziehn, er
verzehrte nicht nur wenig, ſondern war auch ſo ſtill
und ernſthaft, ſie ſah gartnicht, warum man ihm
das huͤbſche Zimmer nebſt Kammer und dem guten
Tiſch fuͤr einen ſo wohlfeilen Preiß ließ, denn ver-
ſchiedenemal haͤtte es ſchon, wenn viel Fremde da
geweſen waͤren, an Platz gefehlt. Ueberhaupt
wuͤßte
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