Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
um, und eben jetzt haben sie ihn aufs neue in der
Kluppe, aber er wird ihnen gewiß nichts schul-
dig bleiben, sondern sich bis auf den letzten Oden
wehren, denn er ist ambitiös, wie ein Pfau und
dreust wie ein Spaz, und ist weit und breit be-
rühmt. Nun sehn sie, Herr Schulmeister, wenn
ich nun etwa auch in Zank mit den Recensenten
geriethe, so wäre ich der Ehre, der Namensvetter
dieses großen Mannes zu sein, ganz werth und die
Welt würde denken, daß die Nickels überhaupt
alle große Leute wären.

Der Schulmeister ist überzeugt.
Jch blieb bei Herr Felßen stehen, für welchen
sich ein gewisser vornehmer Mann in unsrer Stadt
bei Schnitzern verwendete. Hierzu hatte ihn Felß
keinesweges den Auftrag gegeben, sondern die Sa-
che verhielt sich folgendermaßen. Felß hatte seinen
angesehenen vermögenden Freund um einen Vor-
schuß gebeten, er glaubte, da er in Verlegenheit
war, sich an keinen andern als an ihn verwenden
zu dürfen, weil er da, wie er meinte, aller Um-
stände nach, keine abschlägliche Antwort zu be-
fürchten hatte. Aber er verlangte den Vorschuß
keineswegs auf die künftige Verbesserung seiner
Umstände, sondern auf ein gelehrtes und nützliches
Werk, das er unter der Feder hatte, und wozu es
ihm
O 4
um, und eben jetzt haben ſie ihn aufs neue in der
Kluppe, aber er wird ihnen gewiß nichts ſchul-
dig bleiben, ſondern ſich bis auf den letzten Oden
wehren, denn er iſt ambitioͤs, wie ein Pfau und
dreuſt wie ein Spaz, und iſt weit und breit be-
ruͤhmt. Nun ſehn ſie, Herr Schulmeiſter, wenn
ich nun etwa auch in Zank mit den Recenſenten
geriethe, ſo waͤre ich der Ehre, der Namensvetter
dieſes großen Mannes zu ſein, ganz werth und die
Welt wuͤrde denken, daß die Nickels uͤberhaupt
alle große Leute waͤren.

Der Schulmeiſter iſt uͤberzeugt.
Jch blieb bei Herr Felßen ſtehen, fuͤr welchen
ſich ein gewiſſer vornehmer Mann in unſrer Stadt
bei Schnitzern verwendete. Hierzu hatte ihn Felß
keinesweges den Auftrag gegeben, ſondern die Sa-
che verhielt ſich folgendermaßen. Felß hatte ſeinen
angeſehenen vermoͤgenden Freund um einen Vor-
ſchuß gebeten, er glaubte, da er in Verlegenheit
war, ſich an keinen andern als an ihn verwenden
zu duͤrfen, weil er da, wie er meinte, aller Um-
ſtaͤnde nach, keine abſchlaͤgliche Antwort zu be-
fuͤrchten hatte. Aber er verlangte den Vorſchuß
keineswegs auf die kuͤnftige Verbeſſerung ſeiner
Umſtaͤnde, ſondern auf ein gelehrtes und nuͤtzliches
Werk, das er unter der Feder hatte, und wozu es
ihm
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SCHNITZ">
          <p><pb facs="#f0221" n="215"/>
um, und eben jetzt haben &#x017F;ie ihn aufs neue in der<lb/>
Kluppe, aber er wird ihnen gewiß nichts &#x017F;chul-<lb/>
dig bleiben, &#x017F;ondern &#x017F;ich bis auf den letzten Oden<lb/>
wehren, denn er i&#x017F;t ambitio&#x0364;s, wie ein Pfau und<lb/>
dreu&#x017F;t wie ein Spaz, und i&#x017F;t weit und breit be-<lb/>
ru&#x0364;hmt. Nun &#x017F;ehn &#x017F;ie, Herr Schulmei&#x017F;ter, wenn<lb/>
ich nun etwa auch in Zank mit den Recen&#x017F;enten<lb/>
geriethe, &#x017F;o wa&#x0364;re ich der Ehre, der Namensvetter<lb/>
die&#x017F;es großen Mannes zu &#x017F;ein, ganz werth und die<lb/>
Welt wu&#x0364;rde denken, daß die Nickels u&#x0364;berhaupt<lb/>
alle große Leute wa&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Der Schulmei&#x017F;ter i&#x017F;t u&#x0364;berzeugt.</p><lb/>
          <p>Jch blieb bei Herr Felßen &#x017F;tehen, fu&#x0364;r welchen<lb/>
&#x017F;ich ein gewi&#x017F;&#x017F;er vornehmer Mann in un&#x017F;rer Stadt<lb/>
bei Schnitzern verwendete. Hierzu hatte ihn Felß<lb/>
keinesweges den Auftrag gegeben, &#x017F;ondern die Sa-<lb/>
che verhielt &#x017F;ich folgendermaßen. Felß hatte &#x017F;einen<lb/>
ange&#x017F;ehenen vermo&#x0364;genden Freund um einen Vor-<lb/>
&#x017F;chuß gebeten, er glaubte, da er in Verlegenheit<lb/>
war, &#x017F;ich an keinen andern als an ihn verwenden<lb/>
zu du&#x0364;rfen, weil er da, wie er meinte, aller Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde nach, keine ab&#x017F;chla&#x0364;gliche Antwort zu be-<lb/>
fu&#x0364;rchten hatte. Aber er verlangte den Vor&#x017F;chuß<lb/>
keineswegs auf die ku&#x0364;nftige Verbe&#x017F;&#x017F;erung &#x017F;einer<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nde, &#x017F;ondern auf ein gelehrtes und nu&#x0364;tzliches<lb/>
Werk, das er unter der Feder hatte, und wozu es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ihm</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0221] um, und eben jetzt haben ſie ihn aufs neue in der Kluppe, aber er wird ihnen gewiß nichts ſchul- dig bleiben, ſondern ſich bis auf den letzten Oden wehren, denn er iſt ambitioͤs, wie ein Pfau und dreuſt wie ein Spaz, und iſt weit und breit be- ruͤhmt. Nun ſehn ſie, Herr Schulmeiſter, wenn ich nun etwa auch in Zank mit den Recenſenten geriethe, ſo waͤre ich der Ehre, der Namensvetter dieſes großen Mannes zu ſein, ganz werth und die Welt wuͤrde denken, daß die Nickels uͤberhaupt alle große Leute waͤren. Der Schulmeiſter iſt uͤberzeugt. Jch blieb bei Herr Felßen ſtehen, fuͤr welchen ſich ein gewiſſer vornehmer Mann in unſrer Stadt bei Schnitzern verwendete. Hierzu hatte ihn Felß keinesweges den Auftrag gegeben, ſondern die Sa- che verhielt ſich folgendermaßen. Felß hatte ſeinen angeſehenen vermoͤgenden Freund um einen Vor- ſchuß gebeten, er glaubte, da er in Verlegenheit war, ſich an keinen andern als an ihn verwenden zu duͤrfen, weil er da, wie er meinte, aller Um- ſtaͤnde nach, keine abſchlaͤgliche Antwort zu be- fuͤrchten hatte. Aber er verlangte den Vorſchuß keineswegs auf die kuͤnftige Verbeſſerung ſeiner Umſtaͤnde, ſondern auf ein gelehrtes und nuͤtzliches Werk, das er unter der Feder hatte, und wozu es ihm O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/221
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/221>, abgerufen am 21.11.2024.