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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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auf die List, durch die er diese Absicht erreichen
könnte, von der ersten Minute seines Kindes an
zu studieren. Jnbrünstig flehete er um einen
Sohn, denn Suschen die Tochter wegzunehmen,
schien ihm weit schwerer, und sie ihr ähnlich zu
sehn wünschte er nicht.

Es war um die Zeit des zur hellsten Gluth
gewordenen Rachtriebs -- den sehr verschuldeter
Weise Felß erweckt hatte, da Madam Schnitzer
gewiß überzeugt ward, sie werde in vier und ei-
nem halben Monat den Mutternamen führen,
und nun wird jedermann einsehn, es sei kein
Wunder gewesen, daß sie Himmel und Hölle auf-
bot, jene Leidenschaft zu befriedigen. Schnitzer
nahm sich, sobald sie ihm ihre Umstände entdeek-
te, vor, sie von jetzt an mit der möglichsten
Schonung zu behandeln, aus lauter Freude über
die Aussicht Vater zu werden, sagte er ihr dies
unter vielen Schmeicheleien zu und gab ihr damit
neue Waffen in die Hand. Jetzt vergieng kein
Tag, wo sie nicht einen neuen oft schwer zu be-
friedigten Einfall hatte, aber was es auch ko-
sten mogte, so mußte er befriediget werden.
Das schwerste von allem, was Johann Jacob
leisten mußte, war ihm die Entsagung des Um-
gangs mit Felßen, wie sich aber Suschen bei

einer

auf die Liſt, durch die er dieſe Abſicht erreichen
koͤnnte, von der erſten Minute ſeines Kindes an
zu ſtudieren. Jnbruͤnſtig flehete er um einen
Sohn, denn Suschen die Tochter wegzunehmen,
ſchien ihm weit ſchwerer, und ſie ihr aͤhnlich zu
ſehn wuͤnſchte er nicht.

Es war um die Zeit des zur hellſten Gluth
gewordenen Rachtriebs — den ſehr verſchuldeter
Weiſe Felß erweckt hatte, da Madam Schnitzer
gewiß uͤberzeugt ward, ſie werde in vier und ei-
nem halben Monat den Mutternamen fuͤhren,
und nun wird jedermann einſehn, es ſei kein
Wunder geweſen, daß ſie Himmel und Hoͤlle auf-
bot, jene Leidenſchaft zu befriedigen. Schnitzer
nahm ſich, ſobald ſie ihm ihre Umſtaͤnde entdeek-
te, vor, ſie von jetzt an mit der moͤglichſten
Schonung zu behandeln, aus lauter Freude uͤber
die Ausſicht Vater zu werden, ſagte er ihr dies
unter vielen Schmeicheleien zu und gab ihr damit
neue Waffen in die Hand. Jetzt vergieng kein
Tag, wo ſie nicht einen neuen oft ſchwer zu be-
friedigten Einfall hatte, aber was es auch ko-
ſten mogte, ſo mußte er befriediget werden.
Das ſchwerſte von allem, was Johann Jacob
leiſten mußte, war ihm die Entſagung des Um-
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[273/0279] auf die Liſt, durch die er dieſe Abſicht erreichen koͤnnte, von der erſten Minute ſeines Kindes an zu ſtudieren. Jnbruͤnſtig flehete er um einen Sohn, denn Suschen die Tochter wegzunehmen, ſchien ihm weit ſchwerer, und ſie ihr aͤhnlich zu ſehn wuͤnſchte er nicht. Es war um die Zeit des zur hellſten Gluth gewordenen Rachtriebs — den ſehr verſchuldeter Weiſe Felß erweckt hatte, da Madam Schnitzer gewiß uͤberzeugt ward, ſie werde in vier und ei- nem halben Monat den Mutternamen fuͤhren, und nun wird jedermann einſehn, es ſei kein Wunder geweſen, daß ſie Himmel und Hoͤlle auf- bot, jene Leidenſchaft zu befriedigen. Schnitzer nahm ſich, ſobald ſie ihm ihre Umſtaͤnde entdeek- te, vor, ſie von jetzt an mit der moͤglichſten Schonung zu behandeln, aus lauter Freude uͤber die Ausſicht Vater zu werden, ſagte er ihr dies unter vielen Schmeicheleien zu und gab ihr damit neue Waffen in die Hand. Jetzt vergieng kein Tag, wo ſie nicht einen neuen oft ſchwer zu be- friedigten Einfall hatte, aber was es auch ko- ſten mogte, ſo mußte er befriediget werden. Das ſchwerſte von allem, was Johann Jacob leiſten mußte, war ihm die Entſagung des Um- gangs mit Felßen, wie ſich aber Suschen bei einer

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/279>, abgerufen am 22.11.2024.