andern Liebhaber Gehör gäbe, oder nicht, weil sei- ne Treu und Zärtlichkeit nicht so groß wäre, daß er Gegentreue verlangte. Das einzige was ihr bei der Sache wirksam schien, war, Suschen auf ihren Liebhaber selbst aufzubringen, und dieses Werk be- schloß sie unverzüglich anzufangen, nur daß es ihr, da Madam Schnitzer täglich verliebter ward, we- nig half, da sich die letzte auch so feurig geliebt glaubte, daß sie die Fanchon nur auslachte, wenn diese ihr sagte, er habe andere Liebschaften. Sie warf es zwar Albrechten auf eine sanfte Art vor, wenn aber dieser versicherte, daß er keine Geliebte hätte, welches da, als er es sagte, noch der Fall war, wenn er, um ihr Vertrauen immer mehr zu gewinnen, versicherte, er würde mehr als ihr Freund sein, wenn er nicht zu sehr Schnitzers Freund wäre und ihre eheliche Treue nicht ehren müßte; so hielt sie alles für Verleumdung, wozu der Neid die Fanchon verleitete, und glaubte, seine Liebe zu ihr werde der Freundschaft zu Schnitzern wohl noch weichen, so wie er ihre eheliche Treue auch bestür- men würde, nur wollte er in ihren jetzigen Umstän- den noch nicht Ernst machen.
Albrecht glaubte, da er schon so viel Gutes für Schnitzern bewirkt hatte, sich nun auch eini- gen Spaß mit Frau Suschen erlauben zu dürfen;
der
andern Liebhaber Gehoͤr gaͤbe, oder nicht, weil ſei- ne Treu und Zaͤrtlichkeit nicht ſo groß waͤre, daß er Gegentreue verlangte. Das einzige was ihr bei der Sache wirkſam ſchien, war, Suschen auf ihren Liebhaber ſelbſt aufzubringen, und dieſes Werk be- ſchloß ſie unverzuͤglich anzufangen, nur daß es ihr, da Madam Schnitzer taͤglich verliebter ward, we- nig half, da ſich die letzte auch ſo feurig geliebt glaubte, daß ſie die Fanchon nur auslachte, wenn dieſe ihr ſagte, er habe andere Liebſchaften. Sie warf es zwar Albrechten auf eine ſanfte Art vor, wenn aber dieſer verſicherte, daß er keine Geliebte haͤtte, welches da, als er es ſagte, noch der Fall war, wenn er, um ihr Vertrauen immer mehr zu gewinnen, verſicherte, er wuͤrde mehr als ihr Freund ſein, wenn er nicht zu ſehr Schnitzers Freund waͤre und ihre eheliche Treue nicht ehren muͤßte; ſo hielt ſie alles fuͤr Verleumdung, wozu der Neid die Fanchon verleitete, und glaubte, ſeine Liebe zu ihr werde der Freundſchaft zu Schnitzern wohl noch weichen, ſo wie er ihre eheliche Treue auch beſtuͤr- men wuͤrde, nur wollte er in ihren jetzigen Umſtaͤn- den noch nicht Ernſt machen.
Albrecht glaubte, da er ſchon ſo viel Gutes fuͤr Schnitzern bewirkt hatte, ſich nun auch eini- gen Spaß mit Frau Suschen erlauben zu duͤrfen;
der
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andern Liebhaber Gehoͤr gaͤbe, oder nicht, weil ſei-
ne Treu und Zaͤrtlichkeit nicht ſo groß waͤre, daß
er Gegentreue verlangte. Das einzige was ihr bei
der Sache wirkſam ſchien, war, Suschen auf ihren
Liebhaber ſelbſt aufzubringen, und dieſes Werk be-
ſchloß ſie unverzuͤglich anzufangen, nur daß es ihr,
da Madam Schnitzer taͤglich verliebter ward, we-
nig half, da ſich die letzte auch ſo feurig geliebt
glaubte, daß ſie die Fanchon nur auslachte, wenn
dieſe ihr ſagte, er habe andere Liebſchaften. Sie
warf es zwar Albrechten auf eine ſanfte Art vor,
wenn aber dieſer verſicherte, daß er keine Geliebte
haͤtte, welches da, als er es ſagte, noch der Fall
war, wenn er, um ihr Vertrauen immer mehr zu
gewinnen, verſicherte, er wuͤrde mehr als ihr Freund
ſein, wenn er nicht zu ſehr Schnitzers Freund
waͤre und ihre eheliche Treue nicht ehren muͤßte; ſo
hielt ſie alles fuͤr Verleumdung, wozu der Neid die
Fanchon verleitete, und glaubte, ſeine Liebe zu
ihr werde der Freundſchaft zu Schnitzern wohl noch
weichen, ſo wie er ihre eheliche Treue auch beſtuͤr-
men wuͤrde, nur wollte er in ihren jetzigen Umſtaͤn-
den noch nicht Ernſt machen.
Albrecht glaubte, da er ſchon ſo viel Gutes
fuͤr Schnitzern bewirkt hatte, ſich nun auch eini-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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