Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
seiner Abreise ins Bad vorgefallen war. Er be-
schloß überhaupt auch den künftigen Winter in ei-
ner andern Stadt zuzubringen und also Felßen
lange genug Zeit zur Abreise zu lassen. Unterdes-
sen glaubte er, werde sich alles vergessen, und hoff-
te zugleich, daß sich dennoch Leute finden würden,
die an dem ausgeübten Heldenmuth an Felßen noch
einigen Glauben behielten.

Aber diese Partei war ungemein klein, Sus-
chens ausgestellte Papiere hatten die üble Sage
schon völlig widerlegt, indem sie zugleich das
Stadtgespräch ward; Felßens Unterhaltung mit
dem Baron Treff, die in weniger als vier und
zwanzig Stunden in der Stadt herumkam, wirk-
te noch stärker für ihn, man sprach jetzt mehr
Gutes von dem Mann als man behaupten konn-
te. Jetzt erst suchte man wegen seines eigentli-
chen Namens die wahrscheinliche Meinung auf
und theilte sie einander als Gewisheit mit. So
manche Dame suchte ihn bei Gelegenheit durch
Blicke oder hingeworfne Sentenzen, an sich zu
ziehn, und alle, welche für Leute gelten woll-
ten, die vorzügliche Menschen zu schätzen wüßten,
oder auch die Absicht hatten, für Theilnehmer
an Felßens Geheimnissen angesehn zu sein, such-
ten, wenn er sich an öffentlichen Orten zeigte,
eine
ſeiner Abreiſe ins Bad vorgefallen war. Er be-
ſchloß uͤberhaupt auch den kuͤnftigen Winter in ei-
ner andern Stadt zuzubringen und alſo Felßen
lange genug Zeit zur Abreiſe zu laſſen. Unterdeſ-
ſen glaubte er, werde ſich alles vergeſſen, und hoff-
te zugleich, daß ſich dennoch Leute finden wuͤrden,
die an dem ausgeuͤbten Heldenmuth an Felßen noch
einigen Glauben behielten.

Aber dieſe Partei war ungemein klein, Sus-
chens ausgeſtellte Papiere hatten die uͤble Sage
ſchon voͤllig widerlegt, indem ſie zugleich das
Stadtgeſpraͤch ward; Felßens Unterhaltung mit
dem Baron Treff, die in weniger als vier und
zwanzig Stunden in der Stadt herumkam, wirk-
te noch ſtaͤrker fuͤr ihn, man ſprach jetzt mehr
Gutes von dem Mann als man behaupten konn-
te. Jetzt erſt ſuchte man wegen ſeines eigentli-
chen Namens die wahrſcheinliche Meinung auf
und theilte ſie einander als Gewisheit mit. So
manche Dame ſuchte ihn bei Gelegenheit durch
Blicke oder hingeworfne Sentenzen, an ſich zu
ziehn, und alle, welche fuͤr Leute gelten woll-
ten, die vorzuͤgliche Menſchen zu ſchaͤtzen wuͤßten,
oder auch die Abſicht hatten, fuͤr Theilnehmer
an Felßens Geheimniſſen angeſehn zu ſein, ſuch-
ten, wenn er ſich an oͤffentlichen Orten zeigte,
eine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#POST">
          <p><pb facs="#f0323" n="317"/>
&#x017F;einer Abrei&#x017F;e ins Bad vorgefallen war. Er be-<lb/>
&#x017F;chloß u&#x0364;berhaupt auch den ku&#x0364;nftigen Winter in ei-<lb/>
ner andern Stadt zuzubringen und al&#x017F;o Felßen<lb/>
lange genug Zeit zur Abrei&#x017F;e zu la&#x017F;&#x017F;en. Unterde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en glaubte er, werde &#x017F;ich alles verge&#x017F;&#x017F;en, und hoff-<lb/>
te zugleich, daß &#x017F;ich dennoch Leute finden wu&#x0364;rden,<lb/>
die an dem ausgeu&#x0364;bten Heldenmuth an Felßen noch<lb/>
einigen Glauben behielten.</p><lb/>
          <p>Aber die&#x017F;e Partei war ungemein klein, Sus-<lb/>
chens ausge&#x017F;tellte Papiere hatten die u&#x0364;ble Sage<lb/>
&#x017F;chon vo&#x0364;llig widerlegt, indem &#x017F;ie zugleich das<lb/>
Stadtge&#x017F;pra&#x0364;ch ward; Felßens Unterhaltung mit<lb/>
dem Baron Treff, die in weniger als vier und<lb/>
zwanzig Stunden in der Stadt herumkam, wirk-<lb/>
te noch &#x017F;ta&#x0364;rker fu&#x0364;r ihn, man &#x017F;prach jetzt mehr<lb/>
Gutes von dem Mann als man behaupten konn-<lb/>
te. Jetzt er&#x017F;t &#x017F;uchte man wegen &#x017F;eines eigentli-<lb/>
chen Namens die wahr&#x017F;cheinliche Meinung auf<lb/>
und theilte &#x017F;ie einander als Gewisheit mit. So<lb/>
manche Dame &#x017F;uchte ihn bei Gelegenheit durch<lb/>
Blicke oder hingeworfne Sentenzen, an &#x017F;ich zu<lb/>
ziehn, und alle, welche fu&#x0364;r Leute gelten woll-<lb/>
ten, die vorzu&#x0364;gliche Men&#x017F;chen zu &#x017F;cha&#x0364;tzen wu&#x0364;ßten,<lb/>
oder auch die Ab&#x017F;icht hatten, fu&#x0364;r Theilnehmer<lb/>
an Felßens Geheimni&#x017F;&#x017F;en ange&#x017F;ehn zu &#x017F;ein, &#x017F;uch-<lb/>
ten, wenn er &#x017F;ich an o&#x0364;ffentlichen Orten zeigte,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0323] ſeiner Abreiſe ins Bad vorgefallen war. Er be- ſchloß uͤberhaupt auch den kuͤnftigen Winter in ei- ner andern Stadt zuzubringen und alſo Felßen lange genug Zeit zur Abreiſe zu laſſen. Unterdeſ- ſen glaubte er, werde ſich alles vergeſſen, und hoff- te zugleich, daß ſich dennoch Leute finden wuͤrden, die an dem ausgeuͤbten Heldenmuth an Felßen noch einigen Glauben behielten. Aber dieſe Partei war ungemein klein, Sus- chens ausgeſtellte Papiere hatten die uͤble Sage ſchon voͤllig widerlegt, indem ſie zugleich das Stadtgeſpraͤch ward; Felßens Unterhaltung mit dem Baron Treff, die in weniger als vier und zwanzig Stunden in der Stadt herumkam, wirk- te noch ſtaͤrker fuͤr ihn, man ſprach jetzt mehr Gutes von dem Mann als man behaupten konn- te. Jetzt erſt ſuchte man wegen ſeines eigentli- chen Namens die wahrſcheinliche Meinung auf und theilte ſie einander als Gewisheit mit. So manche Dame ſuchte ihn bei Gelegenheit durch Blicke oder hingeworfne Sentenzen, an ſich zu ziehn, und alle, welche fuͤr Leute gelten woll- ten, die vorzuͤgliche Menſchen zu ſchaͤtzen wuͤßten, oder auch die Abſicht hatten, fuͤr Theilnehmer an Felßens Geheimniſſen angeſehn zu ſein, ſuch- ten, wenn er ſich an oͤffentlichen Orten zeigte, eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/323
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/323>, abgerufen am 21.11.2024.