Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
Vater zu hoffen und indessen durch die Handlung Mittel hätte, sie standesmäsig zu halten, zu wel- chem Zweck sie doch auch ein hübsches Capitälchen, wolches sie schon bei Seite gelegt, mitbrächte. Von Anfang ihrer Heirath hatte sie höhere Gedanken, da befand sich Treff noch nicht in sol- chen brillanten Umständen, und könnte es vielleicht für ein Glück gehalten haben, Madam Schnitzern mit dem schönen Vermögen ihres Mannes, den man ja wohl auf eine heimliche Art aus der Welt schaffen könnte, zur Frau Baroninn zu machen. Aber der Herr Baron war seit er Geld hatte im- mer unartiger gegen sie geworden, überhaupt hat- te er sie nie so zärtlich und höflich behandelt als Busch, es schien ihr auch, daß von ihrer Seite die Liebe zum Baron nie so groß gewesen wäre, als sie dieselbe jetzt gegen Albrechten empfände, also mochte er immer reisen, so könnte sie ihren ge- liebten Albrecht, ohne just den guten Johann Ja- cob den letzten Fang zu geben, heirathen und doch eine angesehene Frau werden. Meines Erachtens hatte Suschen hier über- triebene rechtschaffene Absichten und ward durch das Lesen, wozu Albrecht sie verleitete, beinahe zu unnöthigen Ueberlegungen hingerissen, indem sie, die sonst eine Frau von freier ungezwungener Den- kungsart X 2
Vater zu hoffen und indeſſen durch die Handlung Mittel haͤtte, ſie ſtandesmaͤſig zu halten, zu wel- chem Zweck ſie doch auch ein huͤbſches Capitaͤlchen, wolches ſie ſchon bei Seite gelegt, mitbraͤchte. Von Anfang ihrer Heirath hatte ſie hoͤhere Gedanken, da befand ſich Treff noch nicht in ſol- chen brillanten Umſtaͤnden, und koͤnnte es vielleicht fuͤr ein Gluͤck gehalten haben, Madam Schnitzern mit dem ſchoͤnen Vermoͤgen ihres Mannes, den man ja wohl auf eine heimliche Art aus der Welt ſchaffen koͤnnte, zur Frau Baroninn zu machen. Aber der Herr Baron war ſeit er Geld hatte im- mer unartiger gegen ſie geworden, uͤberhaupt hat- te er ſie nie ſo zaͤrtlich und hoͤflich behandelt als Buſch, es ſchien ihr auch, daß von ihrer Seite die Liebe zum Baron nie ſo groß geweſen waͤre, als ſie dieſelbe jetzt gegen Albrechten empfaͤnde, alſo mochte er immer reiſen, ſo koͤnnte ſie ihren ge- liebten Albrecht, ohne juſt den guten Johann Ja- cob den letzten Fang zu geben, heirathen und doch eine angeſehene Frau werden. Meines Erachtens hatte Suschen hier uͤber- triebene rechtſchaffene Abſichten und ward durch das Leſen, wozu Albrecht ſie verleitete, beinahe zu unnoͤthigen Ueberlegungen hingeriſſen, indem ſie, die ſonſt eine Frau von freier ungezwungener Den- kungsart X 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#POST"> <p><pb facs="#f0329" n="323"/> Vater zu hoffen und indeſſen durch die Handlung<lb/> Mittel haͤtte, ſie ſtandesmaͤſig zu halten, zu wel-<lb/> chem Zweck ſie doch auch ein huͤbſches Capitaͤlchen,<lb/> wolches ſie ſchon bei Seite gelegt, mitbraͤchte.</p><lb/> <p>Von Anfang ihrer Heirath hatte ſie hoͤhere<lb/> Gedanken, da befand ſich Treff noch nicht in ſol-<lb/> chen brillanten Umſtaͤnden, und koͤnnte es vielleicht<lb/> fuͤr ein Gluͤck gehalten haben, Madam Schnitzern<lb/> mit dem ſchoͤnen Vermoͤgen ihres Mannes, den<lb/> man ja wohl auf eine heimliche Art aus der Welt<lb/> ſchaffen koͤnnte, zur Frau Baroninn zu machen.<lb/> Aber der Herr Baron war ſeit er Geld hatte im-<lb/> mer unartiger gegen ſie geworden, uͤberhaupt hat-<lb/> te er ſie nie ſo zaͤrtlich und hoͤflich behandelt als<lb/> Buſch, es ſchien ihr auch, daß von ihrer Seite<lb/> die Liebe zum Baron nie ſo groß geweſen waͤre, als<lb/> ſie dieſelbe jetzt gegen Albrechten empfaͤnde, alſo<lb/> mochte er immer reiſen, ſo koͤnnte ſie ihren ge-<lb/> liebten Albrecht, ohne juſt den guten Johann Ja-<lb/> cob den letzten Fang zu geben, heirathen und doch<lb/> eine angeſehene Frau werden.</p><lb/> <p>Meines Erachtens hatte Suschen hier uͤber-<lb/> triebene rechtſchaffene Abſichten und ward durch<lb/> das Leſen, wozu Albrecht ſie verleitete, beinahe zu<lb/> unnoͤthigen Ueberlegungen hingeriſſen, indem ſie,<lb/> die ſonſt eine Frau von freier ungezwungener Den-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">X 2</fw><fw place="bottom" type="catch">kungsart</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [323/0329]
Vater zu hoffen und indeſſen durch die Handlung
Mittel haͤtte, ſie ſtandesmaͤſig zu halten, zu wel-
chem Zweck ſie doch auch ein huͤbſches Capitaͤlchen,
wolches ſie ſchon bei Seite gelegt, mitbraͤchte.
Von Anfang ihrer Heirath hatte ſie hoͤhere
Gedanken, da befand ſich Treff noch nicht in ſol-
chen brillanten Umſtaͤnden, und koͤnnte es vielleicht
fuͤr ein Gluͤck gehalten haben, Madam Schnitzern
mit dem ſchoͤnen Vermoͤgen ihres Mannes, den
man ja wohl auf eine heimliche Art aus der Welt
ſchaffen koͤnnte, zur Frau Baroninn zu machen.
Aber der Herr Baron war ſeit er Geld hatte im-
mer unartiger gegen ſie geworden, uͤberhaupt hat-
te er ſie nie ſo zaͤrtlich und hoͤflich behandelt als
Buſch, es ſchien ihr auch, daß von ihrer Seite
die Liebe zum Baron nie ſo groß geweſen waͤre, als
ſie dieſelbe jetzt gegen Albrechten empfaͤnde, alſo
mochte er immer reiſen, ſo koͤnnte ſie ihren ge-
liebten Albrecht, ohne juſt den guten Johann Ja-
cob den letzten Fang zu geben, heirathen und doch
eine angeſehene Frau werden.
Meines Erachtens hatte Suschen hier uͤber-
triebene rechtſchaffene Abſichten und ward durch
das Leſen, wozu Albrecht ſie verleitete, beinahe zu
unnoͤthigen Ueberlegungen hingeriſſen, indem ſie,
die ſonſt eine Frau von freier ungezwungener Den-
kungsart
X 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |