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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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kungsart war, da sie den Gegenstand, dem sie ihre
schöne Hand zugedacht, verlassen, und diese einem
moralischen Menschen zugedacht hatte, zugleich
den Vorsatz änderte, Schnitzern auf die Seite zu
bringen, und sich lieber den Weitläuftigkeiten der
Scheidung und dem Verlust des Schnitzerischen
Vermögens aussetzen wollte. Doch es ist ein Be-
weis, daß es ein Frauenzimmer vom gemeinen
Stand, wenn sie zumal gesittet und unterrichtet
sein will, selten zu einem so hohen Grad von Hero-
ismus bringt, als die erhabenen Damen aus hö-
hern Sphären zuweilen ausüben, wenn die letz-
ten die politische Beförderung und Erhöhung ihres
Wohlstandes einmal ernstlich zu Sinne fassen.

Gottlob, daß Beispiele dieser Art in unsern
Zeiten sehr selten sind! sagte hier Celestin --

Nur wenig Tage hatte Baron Treff die Stadt
verlassen, als Suschen Ursach fand, seinen Verlust
zu beklagen; als sie nemlich in ihren verliebt und
treu geglaubten Albrecht den fälschesten Bösewicht
entdeckte und über diese Entdeckung unbeschreibli-
chen Verlust und Verdruß hatte, auch erstreckte sich
beides auf Schnitzern.

Nachdem sich die Unruhe über das, was ihr
mit dem Geheimderath von Hartenholz wiederfah-
ren war, und der Kummer wegen der erfahrnen
Be-
kungsart war, da ſie den Gegenſtand, dem ſie ihre
ſchoͤne Hand zugedacht, verlaſſen, und dieſe einem
moraliſchen Menſchen zugedacht hatte, zugleich
den Vorſatz aͤnderte, Schnitzern auf die Seite zu
bringen, und ſich lieber den Weitlaͤuftigkeiten der
Scheidung und dem Verluſt des Schnitzeriſchen
Vermoͤgens ausſetzen wollte. Doch es iſt ein Be-
weis, daß es ein Frauenzimmer vom gemeinen
Stand, wenn ſie zumal geſittet und unterrichtet
ſein will, ſelten zu einem ſo hohen Grad von Hero-
ismus bringt, als die erhabenen Damen aus hoͤ-
hern Sphaͤren zuweilen ausuͤben, wenn die letz-
ten die politiſche Befoͤrderung und Erhoͤhung ihres
Wohlſtandes einmal ernſtlich zu Sinne faſſen.

Gottlob, daß Beiſpiele dieſer Art in unſern
Zeiten ſehr ſelten ſind! ſagte hier Celeſtin —

Nur wenig Tage hatte Baron Treff die Stadt
verlaſſen, als Suschen Urſach fand, ſeinen Verluſt
zu beklagen; als ſie nemlich in ihren verliebt und
treu geglaubten Albrecht den faͤlſcheſten Boͤſewicht
entdeckte und uͤber dieſe Entdeckung unbeſchreibli-
chen Verluſt und Verdruß hatte, auch erſtreckte ſich
beides auf Schnitzern.

Nachdem ſich die Unruhe uͤber das, was ihr
mit dem Geheimderath von Hartenholz wiederfah-
ren war, und der Kummer wegen der erfahrnen
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[324/0330] kungsart war, da ſie den Gegenſtand, dem ſie ihre ſchoͤne Hand zugedacht, verlaſſen, und dieſe einem moraliſchen Menſchen zugedacht hatte, zugleich den Vorſatz aͤnderte, Schnitzern auf die Seite zu bringen, und ſich lieber den Weitlaͤuftigkeiten der Scheidung und dem Verluſt des Schnitzeriſchen Vermoͤgens ausſetzen wollte. Doch es iſt ein Be- weis, daß es ein Frauenzimmer vom gemeinen Stand, wenn ſie zumal geſittet und unterrichtet ſein will, ſelten zu einem ſo hohen Grad von Hero- ismus bringt, als die erhabenen Damen aus hoͤ- hern Sphaͤren zuweilen ausuͤben, wenn die letz- ten die politiſche Befoͤrderung und Erhoͤhung ihres Wohlſtandes einmal ernſtlich zu Sinne faſſen. Gottlob, daß Beiſpiele dieſer Art in unſern Zeiten ſehr ſelten ſind! ſagte hier Celeſtin — Nur wenig Tage hatte Baron Treff die Stadt verlaſſen, als Suschen Urſach fand, ſeinen Verluſt zu beklagen; als ſie nemlich in ihren verliebt und treu geglaubten Albrecht den faͤlſcheſten Boͤſewicht entdeckte und uͤber dieſe Entdeckung unbeſchreibli- chen Verluſt und Verdruß hatte, auch erſtreckte ſich beides auf Schnitzern. Nachdem ſich die Unruhe uͤber das, was ihr mit dem Geheimderath von Hartenholz wiederfah- ren war, und der Kummer wegen der erfahrnen Be-

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/330>, abgerufen am 21.11.2024.