Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
einem Wolkenbruch beigewohnt haben, sollten sie
aber auch zuweilen von einer dieser Naturerschei-
nungen Zeugen gewesen sein, so wird sich doch
keiner unter ihnen, so wie Johann Jarob Schni-
tzer, Albrecht Busch und alles was eben im Gast-
hof war und kam, rühmen können, dies alles auf
einmal mit angesehn zu haben. Weg war Sanft-
muth und Leutseligkeit und an derselben Statt fuh-
ren mehr Furien in Suschen, als die heidnischen
Götterlehrer und unsre Dichter jemals gekannt
haben.

Sie riß sich einen guten Theil Haare aus,
rannte mit dem Kopfe an die Wand, lief wüthend
auf und ab, sah ein Buch von Albrechten, warfs
auf die Erde, rannte wieder, kam zurück, hob das
Buch auf, zerriß es und fuhr in dieser stillen Wuth
so lange fort, bis sie würklich zum Hinscheiden
war und umsank. Die Fanchon rief um Hülfe,
legte dann selbst Hand an, sie aufs Bette zu brin-
gen und schlich sich davon, indem Schnitzer mit
Albrechten in die Stube trat. Schnitzer erschrak,
eilte seinem lieben Suschen zu Hülfe und schickte
nach dem Arzt. Mehr als der vorgehaltene Spi-
ritus erweckte ein heftiger Schmerz die Kranke,
sie öffnete die Augen, sah Albrechten, und ohne
auf ihren Schmerz zu achten, riß sie sich auf, sprang
wie
einem Wolkenbruch beigewohnt haben, ſollten ſie
aber auch zuweilen von einer dieſer Naturerſchei-
nungen Zeugen geweſen ſein, ſo wird ſich doch
keiner unter ihnen, ſo wie Johann Jarob Schni-
tzer, Albrecht Buſch und alles was eben im Gaſt-
hof war und kam, ruͤhmen koͤnnen, dies alles auf
einmal mit angeſehn zu haben. Weg war Sanft-
muth und Leutſeligkeit und an derſelben Statt fuh-
ren mehr Furien in Suschen, als die heidniſchen
Goͤtterlehrer und unſre Dichter jemals gekannt
haben.

Sie riß ſich einen guten Theil Haare aus,
rannte mit dem Kopfe an die Wand, lief wuͤthend
auf und ab, ſah ein Buch von Albrechten, warfs
auf die Erde, rannte wieder, kam zuruͤck, hob das
Buch auf, zerriß es und fuhr in dieſer ſtillen Wuth
ſo lange fort, bis ſie wuͤrklich zum Hinſcheiden
war und umſank. Die Fanchon rief um Huͤlfe,
legte dann ſelbſt Hand an, ſie aufs Bette zu brin-
gen und ſchlich ſich davon, indem Schnitzer mit
Albrechten in die Stube trat. Schnitzer erſchrak,
eilte ſeinem lieben Suschen zu Huͤlfe und ſchickte
nach dem Arzt. Mehr als der vorgehaltene Spi-
ritus erweckte ein heftiger Schmerz die Kranke,
ſie oͤffnete die Augen, ſah Albrechten, und ohne
auf ihren Schmerz zu achten, riß ſie ſich auf, ſprang
wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#POST">
          <p><pb facs="#f0335" n="329"/>
einem Wolkenbruch beigewohnt haben, &#x017F;ollten &#x017F;ie<lb/>
aber auch zuweilen von einer die&#x017F;er Naturer&#x017F;chei-<lb/>
nungen Zeugen gewe&#x017F;en &#x017F;ein, &#x017F;o wird &#x017F;ich doch<lb/>
keiner unter ihnen, &#x017F;o wie Johann Jarob Schni-<lb/>
tzer, Albrecht Bu&#x017F;ch und alles was eben im Ga&#x017F;t-<lb/>
hof war und kam, ru&#x0364;hmen ko&#x0364;nnen, dies alles auf<lb/>
einmal mit ange&#x017F;ehn zu haben. Weg war Sanft-<lb/>
muth und Leut&#x017F;eligkeit und an der&#x017F;elben Statt fuh-<lb/>
ren mehr Furien in Suschen, als die heidni&#x017F;chen<lb/>
Go&#x0364;tterlehrer und un&#x017F;re Dichter jemals gekannt<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Sie riß &#x017F;ich einen guten Theil Haare aus,<lb/>
rannte mit dem Kopfe an die Wand, lief wu&#x0364;thend<lb/>
auf und ab, &#x017F;ah ein Buch von Albrechten, warfs<lb/>
auf die Erde, rannte wieder, kam zuru&#x0364;ck, hob das<lb/>
Buch auf, zerriß es und fuhr in die&#x017F;er &#x017F;tillen Wuth<lb/>
&#x017F;o lange fort, bis &#x017F;ie wu&#x0364;rklich zum Hin&#x017F;cheiden<lb/>
war und um&#x017F;ank. Die Fanchon rief um Hu&#x0364;lfe,<lb/>
legte dann &#x017F;elb&#x017F;t Hand an, &#x017F;ie aufs Bette zu brin-<lb/>
gen und &#x017F;chlich &#x017F;ich davon, indem Schnitzer mit<lb/>
Albrechten in die Stube trat. Schnitzer er&#x017F;chrak,<lb/>
eilte &#x017F;einem lieben Suschen zu Hu&#x0364;lfe und &#x017F;chickte<lb/>
nach dem Arzt. Mehr als der vorgehaltene Spi-<lb/>
ritus erweckte ein heftiger Schmerz die Kranke,<lb/>
&#x017F;ie o&#x0364;ffnete die Augen, &#x017F;ah Albrechten, und ohne<lb/>
auf ihren Schmerz zu achten, riß &#x017F;ie &#x017F;ich auf, &#x017F;prang<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0335] einem Wolkenbruch beigewohnt haben, ſollten ſie aber auch zuweilen von einer dieſer Naturerſchei- nungen Zeugen geweſen ſein, ſo wird ſich doch keiner unter ihnen, ſo wie Johann Jarob Schni- tzer, Albrecht Buſch und alles was eben im Gaſt- hof war und kam, ruͤhmen koͤnnen, dies alles auf einmal mit angeſehn zu haben. Weg war Sanft- muth und Leutſeligkeit und an derſelben Statt fuh- ren mehr Furien in Suschen, als die heidniſchen Goͤtterlehrer und unſre Dichter jemals gekannt haben. Sie riß ſich einen guten Theil Haare aus, rannte mit dem Kopfe an die Wand, lief wuͤthend auf und ab, ſah ein Buch von Albrechten, warfs auf die Erde, rannte wieder, kam zuruͤck, hob das Buch auf, zerriß es und fuhr in dieſer ſtillen Wuth ſo lange fort, bis ſie wuͤrklich zum Hinſcheiden war und umſank. Die Fanchon rief um Huͤlfe, legte dann ſelbſt Hand an, ſie aufs Bette zu brin- gen und ſchlich ſich davon, indem Schnitzer mit Albrechten in die Stube trat. Schnitzer erſchrak, eilte ſeinem lieben Suschen zu Huͤlfe und ſchickte nach dem Arzt. Mehr als der vorgehaltene Spi- ritus erweckte ein heftiger Schmerz die Kranke, ſie oͤffnete die Augen, ſah Albrechten, und ohne auf ihren Schmerz zu achten, riß ſie ſich auf, ſprang wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/335
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/335>, abgerufen am 22.11.2024.