Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

That braucht man sich mit Kampf, Sieg, Tu-
gend und all dem Klingklang nicht abzugeben. Wir
sind nicht so unverträglich, daß wir uns mit unsern
Wünschen und Begierden beständig herum zanken
sollten, es nimmt auch zuviel Zeit weg und mag
mühsam sein, besser also wir thun, was sie verlangen,
damit wir Ruhe haben und an was anders denken
können. Wenn nun auch Sophie der Liebe zu ih-
rem Vetter Robert widerstand, sich marterte und
besiegte, indem sie ihn von sich verbannte, um
Albrechten treu zu bleiben und nicht in übeln Ruf
zu kommen, was half es ihr? Nichts, da Sus-
chen eine Cabale spielte, durch welche sie eben in
diesen Ruf kam, und eben den Verdruß davon
hatte, als wenn sie wirklich gesündigt hätte; im
letztern Fall konnte sie ja auch leugnen und mit
Albrechten wieder ausgesöhnt werden.

So hatte Sophie doch das Bewußtsein ihrer
Unschuld, versetzte Celestin. Hm! antwortete ich,
das Bewußtsein! Gehn Sie mir doch mit solchen
Chimären, ich meines Orts will lieber, wenn ich
leiden muß das Bewußtsein haben, daß ich bei
dem, was an mir bestraft wird oder wofür ich
leiden muß, doch an vorhergegangenen Genuß
denken kann. --

O,
Y 3

That braucht man ſich mit Kampf, Sieg, Tu-
gend und all dem Klingklang nicht abzugeben. Wir
ſind nicht ſo unvertraͤglich, daß wir uns mit unſern
Wuͤnſchen und Begierden beſtaͤndig herum zanken
ſollten, es nimmt auch zuviel Zeit weg und mag
muͤhſam ſein, beſſer alſo wir thun, was ſie verlangen,
damit wir Ruhe haben und an was anders denken
koͤnnen. Wenn nun auch Sophie der Liebe zu ih-
rem Vetter Robert widerſtand, ſich marterte und
beſiegte, indem ſie ihn von ſich verbannte, um
Albrechten treu zu bleiben und nicht in uͤbeln Ruf
zu kommen, was half es ihr? Nichts, da Sus-
chen eine Cabale ſpielte, durch welche ſie eben in
dieſen Ruf kam, und eben den Verdruß davon
hatte, als wenn ſie wirklich geſuͤndigt haͤtte; im
letztern Fall konnte ſie ja auch leugnen und mit
Albrechten wieder ausgeſoͤhnt werden.

So hatte Sophie doch das Bewußtſein ihrer
Unſchuld, verſetzte Celeſtin. Hm! antwortete ich,
das Bewußtſein! Gehn Sie mir doch mit ſolchen
Chimaͤren, ich meines Orts will lieber, wenn ich
leiden muß das Bewußtſein haben, daß ich bei
dem, was an mir beſtraft wird oder wofuͤr ich
leiden muß, doch an vorhergegangenen Genuß
denken kann. —

O,
Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0347" n="341"/>
That braucht man &#x017F;ich mit Kampf, Sieg, Tu-<lb/>
gend und all dem Klingklang nicht abzugeben. Wir<lb/>
&#x017F;ind nicht &#x017F;o unvertra&#x0364;glich, daß wir uns mit un&#x017F;ern<lb/>
Wu&#x0364;n&#x017F;chen und Begierden be&#x017F;ta&#x0364;ndig herum zanken<lb/>
&#x017F;ollten, es nimmt auch zuviel Zeit weg und mag<lb/>
mu&#x0364;h&#x017F;am &#x017F;ein, be&#x017F;&#x017F;er al&#x017F;o wir thun, was &#x017F;ie verlangen,<lb/>
damit wir Ruhe haben und an was anders denken<lb/>
ko&#x0364;nnen. Wenn nun auch Sophie der Liebe zu ih-<lb/>
rem Vetter Robert wider&#x017F;tand, &#x017F;ich marterte und<lb/>
be&#x017F;iegte, indem &#x017F;ie ihn von &#x017F;ich verbannte, um<lb/>
Albrechten treu zu bleiben und nicht in u&#x0364;beln Ruf<lb/>
zu kommen, was half es ihr? Nichts, da Sus-<lb/>
chen eine Cabale &#x017F;pielte, durch welche &#x017F;ie eben in<lb/>
die&#x017F;en Ruf kam, und eben den Verdruß davon<lb/>
hatte, als wenn &#x017F;ie wirklich ge&#x017F;u&#x0364;ndigt ha&#x0364;tte; im<lb/>
letztern Fall konnte &#x017F;ie ja auch leugnen und mit<lb/>
Albrechten wieder ausge&#x017F;o&#x0364;hnt werden.</p><lb/>
        <p>So hatte Sophie doch das Bewußt&#x017F;ein ihrer<lb/>
Un&#x017F;chuld, ver&#x017F;etzte Cele&#x017F;tin. Hm! antwortete ich,<lb/>
das Bewußt&#x017F;ein! Gehn Sie mir doch mit &#x017F;olchen<lb/>
Chima&#x0364;ren, ich meines Orts will lieber, wenn ich<lb/>
leiden muß das Bewußt&#x017F;ein haben, daß ich bei<lb/>
dem, was an mir be&#x017F;traft wird oder wofu&#x0364;r ich<lb/>
leiden muß, doch an vorhergegangenen Genuß<lb/>
denken kann. &#x2014;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">O,</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0347] That braucht man ſich mit Kampf, Sieg, Tu- gend und all dem Klingklang nicht abzugeben. Wir ſind nicht ſo unvertraͤglich, daß wir uns mit unſern Wuͤnſchen und Begierden beſtaͤndig herum zanken ſollten, es nimmt auch zuviel Zeit weg und mag muͤhſam ſein, beſſer alſo wir thun, was ſie verlangen, damit wir Ruhe haben und an was anders denken koͤnnen. Wenn nun auch Sophie der Liebe zu ih- rem Vetter Robert widerſtand, ſich marterte und beſiegte, indem ſie ihn von ſich verbannte, um Albrechten treu zu bleiben und nicht in uͤbeln Ruf zu kommen, was half es ihr? Nichts, da Sus- chen eine Cabale ſpielte, durch welche ſie eben in dieſen Ruf kam, und eben den Verdruß davon hatte, als wenn ſie wirklich geſuͤndigt haͤtte; im letztern Fall konnte ſie ja auch leugnen und mit Albrechten wieder ausgeſoͤhnt werden. So hatte Sophie doch das Bewußtſein ihrer Unſchuld, verſetzte Celeſtin. Hm! antwortete ich, das Bewußtſein! Gehn Sie mir doch mit ſolchen Chimaͤren, ich meines Orts will lieber, wenn ich leiden muß das Bewußtſein haben, daß ich bei dem, was an mir beſtraft wird oder wofuͤr ich leiden muß, doch an vorhergegangenen Genuß denken kann. — O, Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/347
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/347>, abgerufen am 22.11.2024.