Thatsachen zu erzählen, welche das eigne Gesinde der jungen Madam Busch überall herumtrüge, und brachte alle Morgen die Nachrichten, womit sie den Abend vorher von der Schnitzern war versehn worden. Vater und Mutter Busch hielten Rath, wie sie sich bei dieser ärgerlichen Geschichte beneh- men wollten, der Vater wollte nicht sogleich daran glauben, hielt es aber für billig, seine Schwieger- tochter zu erinnern, daß sie ihren Umgang mit Wilhelm Robert doch, wenigstens bis zur Zurück- kunft ihres Mannes, einschränken möchte, weil, wenn dieser zugegen wäre, niemand was dagegen haben könnte, wenn Wilhelm den ganzen Tag bei ihnen wär, und sie alle Freuden gemeinschaftlich genössen.
Um Sophien diese Vorstellung zu thun, gieng er eines Vormittags hin, und fand sie, da er die Thür öfnete, mit Roberten am Clavier; sie saßen beide auf einem und demselben Stuhle, er hatte den einen Arm um sie geschlungen, um sie zu hal- ten und half ihr bei dem Vortrage einer Stelle des Stücks, das sie vor sich hatte, zurechte, wobei Sophie aus Muthwillen unter lautem Gelächter die Stelle immer anders spielte, als Wilhelm ihr zeigte. Eben bestrafte er sie mit einem Kusse, als der Schwiegervater eintrat, sie sprangen beide
ziem-
Thatſachen zu erzaͤhlen, welche das eigne Geſinde der jungen Madam Buſch uͤberall herumtruͤge, und brachte alle Morgen die Nachrichten, womit ſie den Abend vorher von der Schnitzern war verſehn worden. Vater und Mutter Buſch hielten Rath, wie ſie ſich bei dieſer aͤrgerlichen Geſchichte beneh- men wollten, der Vater wollte nicht ſogleich daran glauben, hielt es aber fuͤr billig, ſeine Schwieger- tochter zu erinnern, daß ſie ihren Umgang mit Wilhelm Robert doch, wenigſtens bis zur Zuruͤck- kunft ihres Mannes, einſchraͤnken moͤchte, weil, wenn dieſer zugegen waͤre, niemand was dagegen haben koͤnnte, wenn Wilhelm den ganzen Tag bei ihnen waͤr, und ſie alle Freuden gemeinſchaftlich genoͤſſen.
Um Sophien dieſe Vorſtellung zu thun, gieng er eines Vormittags hin, und fand ſie, da er die Thuͤr oͤfnete, mit Roberten am Clavier; ſie ſaßen beide auf einem und demſelben Stuhle, er hatte den einen Arm um ſie geſchlungen, um ſie zu hal- ten und half ihr bei dem Vortrage einer Stelle des Stuͤcks, das ſie vor ſich hatte, zurechte, wobei Sophie aus Muthwillen unter lautem Gelaͤchter die Stelle immer anders ſpielte, als Wilhelm ihr zeigte. Eben beſtrafte er ſie mit einem Kuſſe, als der Schwiegervater eintrat, ſie ſprangen beide
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Thatſachen zu erzaͤhlen, welche das eigne Geſinde
der jungen Madam Buſch uͤberall herumtruͤge, und
brachte alle Morgen die Nachrichten, womit ſie
den Abend vorher von der Schnitzern war verſehn
worden. Vater und Mutter Buſch hielten Rath,
wie ſie ſich bei dieſer aͤrgerlichen Geſchichte beneh-
men wollten, der Vater wollte nicht ſogleich daran
glauben, hielt es aber fuͤr billig, ſeine Schwieger-
tochter zu erinnern, daß ſie ihren Umgang mit
Wilhelm Robert doch, wenigſtens bis zur Zuruͤck-
kunft ihres Mannes, einſchraͤnken moͤchte, weil,
wenn dieſer zugegen waͤre, niemand was dagegen
haben koͤnnte, wenn Wilhelm den ganzen Tag bei
ihnen waͤr, und ſie alle Freuden gemeinſchaftlich
genoͤſſen.
Um Sophien dieſe Vorſtellung zu thun, gieng
er eines Vormittags hin, und fand ſie, da er die
Thuͤr oͤfnete, mit Roberten am Clavier; ſie ſaßen
beide auf einem und demſelben Stuhle, er hatte
den einen Arm um ſie geſchlungen, um ſie zu hal-
ten und half ihr bei dem Vortrage einer Stelle des
Stuͤcks, das ſie vor ſich hatte, zurechte, wobei
Sophie aus Muthwillen unter lautem Gelaͤchter
die Stelle immer anders ſpielte, als Wilhelm ihr
zeigte. Eben beſtrafte er ſie mit einem Kuſſe, als
der Schwiegervater eintrat, ſie ſprangen beide
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/353>, abgerufen am 22.11.2024.
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