Prozesses nicht mit Wilhelm Robert zusammen- treffen und den Argwohn vermehren möchte.
Wilhelm war untröstlich, die Entzweiung die- ser liebenden Eheleute veranlaßt und Sophien in den Ruf einer treulosen Creatur gebracht zu haben, und doch konnte eben er mit allem Bewußtsein des Jrrthums, in welchem Albrecht war, nichts zu sei- ner besseru Ueberzeugung, zu Minderung des Lei- dens dieser Eheleute, welche durch die guten An- stalten meiner Mutter getrennt waren, beitragen. Dennoch schrieb er an Albrechteu und suchte ihn durch die aufrichtige Wiederholung der unschuldi- gen Freuden, welche er während seiner Zurückkunft mit ihr genossen, nur wenigstens zu der Ueberle- gung zu bringen, daß man wohl auch zu viel gesagt haben könnte, weil er denn mit sich räsonniren und von seinem gefaßten Argwohn zurückkommen würde. Allein Albrecht schickte den Brief unentsiegelt zu- rück, und schrieb ihm, daß er sich über die Dreu- stigkeit wunderte, mit der es Wilhelm zu unter- nehmen wagte, einen Ehemann, dessen Ehre er ohne Rücksicht auf die Rache, welche dieser nehmen könnte, beleidigt hätte, noch durch einen Brief von seiner Hand entweder reizen oder äffen zu wol- len! Sophiens Unverschämtheit wäre nur mit der seinigen zu vergleichen, beide verdienten aber Ver-
ach-
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Prozeſſes nicht mit Wilhelm Robert zuſammen- treffen und den Argwohn vermehren moͤchte.
Wilhelm war untroͤſtlich, die Entzweiung die- ſer liebenden Eheleute veranlaßt und Sophien in den Ruf einer treuloſen Creatur gebracht zu haben, und doch konnte eben er mit allem Bewußtſein des Jrrthums, in welchem Albrecht war, nichts zu ſei- ner beſſeru Ueberzeugung, zu Minderung des Lei- dens dieſer Eheleute, welche durch die guten An- ſtalten meiner Mutter getrennt waren, beitragen. Dennoch ſchrieb er an Albrechteu und ſuchte ihn durch die aufrichtige Wiederholung der unſchuldi- gen Freuden, welche er waͤhrend ſeiner Zuruͤckkunft mit ihr genoſſen, nur wenigſtens zu der Ueberle- gung zu bringen, daß man wohl auch zu viel geſagt haben koͤnnte, weil er denn mit ſich raͤſonniren und von ſeinem gefaßten Argwohn zuruͤckkommen wuͤrde. Allein Albrecht ſchickte den Brief unentſiegelt zu- ruͤck, und ſchrieb ihm, daß er ſich uͤber die Dreu- ſtigkeit wunderte, mit der es Wilhelm zu unter- nehmen wagte, einen Ehemann, deſſen Ehre er ohne Ruͤckſicht auf die Rache, welche dieſer nehmen koͤnnte, beleidigt haͤtte, noch durch einen Brief von ſeiner Hand entweder reizen oder aͤffen zu wol- len! Sophiens Unverſchaͤmtheit waͤre nur mit der ſeinigen zu vergleichen, beide verdienten aber Ver-
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Prozeſſes nicht mit Wilhelm Robert zuſammen-
treffen und den Argwohn vermehren moͤchte.
Wilhelm war untroͤſtlich, die Entzweiung die-
ſer liebenden Eheleute veranlaßt und Sophien in
den Ruf einer treuloſen Creatur gebracht zu haben,
und doch konnte eben er mit allem Bewußtſein des
Jrrthums, in welchem Albrecht war, nichts zu ſei-
ner beſſeru Ueberzeugung, zu Minderung des Lei-
dens dieſer Eheleute, welche durch die guten An-
ſtalten meiner Mutter getrennt waren, beitragen.
Dennoch ſchrieb er an Albrechteu und ſuchte ihn
durch die aufrichtige Wiederholung der unſchuldi-
gen Freuden, welche er waͤhrend ſeiner Zuruͤckkunft
mit ihr genoſſen, nur wenigſtens zu der Ueberle-
gung zu bringen, daß man wohl auch zu viel geſagt
haben koͤnnte, weil er denn mit ſich raͤſonniren und
von ſeinem gefaßten Argwohn zuruͤckkommen wuͤrde.
Allein Albrecht ſchickte den Brief unentſiegelt zu-
ruͤck, und ſchrieb ihm, daß er ſich uͤber die Dreu-
ſtigkeit wunderte, mit der es Wilhelm zu unter-
nehmen wagte, einen Ehemann, deſſen Ehre er ohne
Ruͤckſicht auf die Rache, welche dieſer nehmen
koͤnnte, beleidigt haͤtte, noch durch einen Brief
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/363>, abgerufen am 27.11.2024.
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