ren, wo das Kind den niedlichen Mützchens und den garnirten Kissen zu gefallen, die für dasselbe besorgt waren, schon in der Wochenstube bleiben mußte.
Sie konnte dies arme Mädchen von dem Au- genblick an nicht leiden, wo sie hörte, daß ihm der Prediger die Namen deutsch beigelegt hatte; um den kleinen Palg, wie sie dasselbe nannte, nur einigermaßen erträglich zu finden, beschloß sie, es Madelon zu rufen, weil sie die Aussprache dieses Namens am meisten französisch und am ungewöhn- lichsten fand.
Nachdem die von der gehabten Aergerniß ver- ursachte Unpäßlichkeit vorbei war, stellte sich wie- der ein recht festes Wohlsein bei Frau Suschen ein, demohngeachtet hatte sie beschlossen, ihre Wochen völlig auszuhalten, um desto blühender hervorzu- treten. Allein unsre Entschlüsse ändern sich oft, wenn die Umstände es erfordern und so hatte sich auch hier eine Nachricht eingefunden, welche Ma- dam Schnitzer sogleich auszugehn vermochte. Sie erhielt, als das angenehmste Geschenk ins Wochen- bett einen Brief vom Baron Treff; die Sache, um die er schrieb, betraf zwar nur eine Kommission, allein sie hielt den Auftrag für ein sichres Zeichen, daß er zu ihr zurückkommen würde und schätzte
sich
ren, wo das Kind den niedlichen Muͤtzchens und den garnirten Kiſſen zu gefallen, die fuͤr daſſelbe beſorgt waren, ſchon in der Wochenſtube bleiben mußte.
Sie konnte dies arme Maͤdchen von dem Au- genblick an nicht leiden, wo ſie hoͤrte, daß ihm der Prediger die Namen deutſch beigelegt hatte; um den kleinen Palg, wie ſie daſſelbe nannte, nur einigermaßen ertraͤglich zu finden, beſchloß ſie, es Madelon zu rufen, weil ſie die Ausſprache dieſes Namens am meiſten franzoͤſiſch und am ungewoͤhn- lichſten fand.
Nachdem die von der gehabten Aergerniß ver- urſachte Unpaͤßlichkeit vorbei war, ſtellte ſich wie- der ein recht feſtes Wohlſein bei Frau Suschen ein, demohngeachtet hatte ſie beſchloſſen, ihre Wochen voͤllig auszuhalten, um deſto bluͤhender hervorzu- treten. Allein unſre Entſchluͤſſe aͤndern ſich oft, wenn die Umſtaͤnde es erfordern und ſo hatte ſich auch hier eine Nachricht eingefunden, welche Ma- dam Schnitzer ſogleich auszugehn vermochte. Sie erhielt, als das angenehmſte Geſchenk ins Wochen- bett einen Brief vom Baron Treff; die Sache, um die er ſchrieb, betraf zwar nur eine Kommiſſion, allein ſie hielt den Auftrag fuͤr ein ſichres Zeichen, daß er zu ihr zuruͤckkommen wuͤrde und ſchaͤtzte
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0369"n="363"/>
ren, wo das Kind den niedlichen Muͤtzchens und<lb/>
den garnirten Kiſſen zu gefallen, die fuͤr daſſelbe<lb/>
beſorgt waren, ſchon in der Wochenſtube bleiben<lb/>
mußte.</p><lb/><p>Sie konnte dies arme Maͤdchen von dem Au-<lb/>
genblick an nicht leiden, wo ſie hoͤrte, daß ihm der<lb/>
Prediger die Namen deutſch beigelegt hatte; um<lb/>
den kleinen Palg, wie ſie daſſelbe nannte, nur<lb/>
einigermaßen ertraͤglich zu finden, beſchloß ſie, es<lb/>
Madelon zu rufen, weil ſie die Ausſprache dieſes<lb/>
Namens am meiſten franzoͤſiſch und am ungewoͤhn-<lb/>
lichſten fand.</p><lb/><p>Nachdem die von der gehabten Aergerniß ver-<lb/>
urſachte Unpaͤßlichkeit vorbei war, ſtellte ſich wie-<lb/>
der ein recht feſtes Wohlſein bei Frau Suschen ein,<lb/>
demohngeachtet hatte ſie beſchloſſen, ihre Wochen<lb/>
voͤllig auszuhalten, um deſto bluͤhender hervorzu-<lb/>
treten. Allein unſre Entſchluͤſſe aͤndern ſich oft,<lb/>
wenn die Umſtaͤnde es erfordern und ſo hatte ſich<lb/>
auch hier eine Nachricht eingefunden, welche Ma-<lb/>
dam Schnitzer ſogleich auszugehn vermochte. Sie<lb/>
erhielt, als das angenehmſte Geſchenk ins Wochen-<lb/>
bett einen Brief vom Baron Treff; die Sache, um<lb/>
die er ſchrieb, betraf zwar nur eine Kommiſſion,<lb/>
allein ſie hielt den Auftrag fuͤr ein ſichres Zeichen,<lb/>
daß er zu ihr zuruͤckkommen wuͤrde und ſchaͤtzte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[363/0369]
ren, wo das Kind den niedlichen Muͤtzchens und
den garnirten Kiſſen zu gefallen, die fuͤr daſſelbe
beſorgt waren, ſchon in der Wochenſtube bleiben
mußte.
Sie konnte dies arme Maͤdchen von dem Au-
genblick an nicht leiden, wo ſie hoͤrte, daß ihm der
Prediger die Namen deutſch beigelegt hatte; um
den kleinen Palg, wie ſie daſſelbe nannte, nur
einigermaßen ertraͤglich zu finden, beſchloß ſie, es
Madelon zu rufen, weil ſie die Ausſprache dieſes
Namens am meiſten franzoͤſiſch und am ungewoͤhn-
lichſten fand.
Nachdem die von der gehabten Aergerniß ver-
urſachte Unpaͤßlichkeit vorbei war, ſtellte ſich wie-
der ein recht feſtes Wohlſein bei Frau Suschen ein,
demohngeachtet hatte ſie beſchloſſen, ihre Wochen
voͤllig auszuhalten, um deſto bluͤhender hervorzu-
treten. Allein unſre Entſchluͤſſe aͤndern ſich oft,
wenn die Umſtaͤnde es erfordern und ſo hatte ſich
auch hier eine Nachricht eingefunden, welche Ma-
dam Schnitzer ſogleich auszugehn vermochte. Sie
erhielt, als das angenehmſte Geſchenk ins Wochen-
bett einen Brief vom Baron Treff; die Sache, um
die er ſchrieb, betraf zwar nur eine Kommiſſion,
allein ſie hielt den Auftrag fuͤr ein ſichres Zeichen,
daß er zu ihr zuruͤckkommen wuͤrde und ſchaͤtzte
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/369>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.