Frau und Mamsell Gevattern nicht mit der ein- studierten Artigkeit und den französischen langui- santen Facons charmiren konnte, die sie sich von der Fanchon als zur Sache gehörig hatte aufheften lassen. Sie mußte im Ernst die Krankenrolle spielen, wobei sie in ein ziemlich unsanftes Be- tragen fiel, ihren Mann, da er sich dem Bette nahte, erbittert von sich stieß, indem sie ihn einen Michel allemand nannte; sie glaubte nemlich, daß er den Prediger hinterlistiger Weise gebeten hätte, die Namen des Kindes deutsch auszuspre- chen. Der letzte, welcher auch zum Kindtaufen gebeten war, erhielt nur sehr unfreundliche Gesich- ter und sie schwur in ihrem Herzen, bei ihm nicht mehr zur Beichte zu gehn, auch kein Kind mehr taufen zu lassen, es möchte auch kommen, wie es wolle.
Bei dieser heftigen Alternation war es ein Glück für meine Schwester, daß Suschens Hoch- muth ihr nicht erlaubt hatte, sie selbst zu stillen, welches ihr überhaupt beständig zu statten kam, denn nun mochten die Leidenschaften in der Frau Mutter abwechseln und wüthen wie sie wollten, so bekam doch die Kleine nichts davon zu genießen, welche mit ihrer Amme in ein Dachstübchen ver- bannt ward, so bald die Wochenvisiten vorbei wa-
ren,
Frau und Mamſell Gevattern nicht mit der ein- ſtudierten Artigkeit und den franzoͤſiſchen langui- ſanten Facons charmiren konnte, die ſie ſich von der Fanchon als zur Sache gehoͤrig hatte aufheften laſſen. Sie mußte im Ernſt die Krankenrolle ſpielen, wobei ſie in ein ziemlich unſanftes Be- tragen fiel, ihren Mann, da er ſich dem Bette nahte, erbittert von ſich ſtieß, indem ſie ihn einen Michel allemand nannte; ſie glaubte nemlich, daß er den Prediger hinterliſtiger Weiſe gebeten haͤtte, die Namen des Kindes deutſch auszuſpre- chen. Der letzte, welcher auch zum Kindtaufen gebeten war, erhielt nur ſehr unfreundliche Geſich- ter und ſie ſchwur in ihrem Herzen, bei ihm nicht mehr zur Beichte zu gehn, auch kein Kind mehr taufen zu laſſen, es moͤchte auch kommen, wie es wolle.
Bei dieſer heftigen Alternation war es ein Gluͤck fuͤr meine Schweſter, daß Suschens Hoch- muth ihr nicht erlaubt hatte, ſie ſelbſt zu ſtillen, welches ihr uͤberhaupt beſtaͤndig zu ſtatten kam, denn nun mochten die Leidenſchaften in der Frau Mutter abwechſeln und wuͤthen wie ſie wollten, ſo bekam doch die Kleine nichts davon zu genießen, welche mit ihrer Amme in ein Dachſtuͤbchen ver- bannt ward, ſo bald die Wochenviſiten vorbei wa-
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Frau und Mamſell Gevattern nicht mit der ein-
ſtudierten Artigkeit und den franzoͤſiſchen langui-
ſanten Facons charmiren konnte, die ſie ſich von
der Fanchon als zur Sache gehoͤrig hatte aufheften
laſſen. Sie mußte im Ernſt die Krankenrolle
ſpielen, wobei ſie in ein ziemlich unſanftes Be-
tragen fiel, ihren Mann, da er ſich dem Bette
nahte, erbittert von ſich ſtieß, indem ſie ihn einen
Michel allemand nannte; ſie glaubte nemlich,
daß er den Prediger hinterliſtiger Weiſe gebeten
haͤtte, die Namen des Kindes deutſch auszuſpre-
chen. Der letzte, welcher auch zum Kindtaufen
gebeten war, erhielt nur ſehr unfreundliche Geſich-
ter und ſie ſchwur in ihrem Herzen, bei ihm nicht
mehr zur Beichte zu gehn, auch kein Kind mehr
taufen zu laſſen, es moͤchte auch kommen, wie es
wolle.
Bei dieſer heftigen Alternation war es ein
Gluͤck fuͤr meine Schweſter, daß Suschens Hoch-
muth ihr nicht erlaubt hatte, ſie ſelbſt zu ſtillen,
welches ihr uͤberhaupt beſtaͤndig zu ſtatten kam,
denn nun mochten die Leidenſchaften in der Frau
Mutter abwechſeln und wuͤthen wie ſie wollten, ſo
bekam doch die Kleine nichts davon zu genießen,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/368>, abgerufen am 28.11.2024.
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