Die Ursache, welche Suschen bewog, dem Jnteresse der Liebe das Jnteresse der Kasse so ent- schlossen vorzuziehn, lag in dem Vergnügen, das sie fand, als eine Frau von solchem Stande ange- sehn zu sein, die in den besten Gesellschaften und unter dem Adel auftreten konnte. Sie nahm sich vor, wie es auch werden sollte, nicht immer Gast- wirthinn zu bleiben, Schnitzer möchte leben oder sterben. Wenn das letzte nicht bald geschähe, so wollte sie, um doch in der Ehe mit einem vorneh- mern Mann wenigstens ruhigen Gewissens zu sein, und sich nicht vor Schnitzers Geist fürchten zu dürfen, wenn sie ihn heim beförderte, durch Gelegenheit geben und Gelegenheit machen, wie auch durch das Spiel ein heimliches Kapital zusammen zu bringen suchen. Jn diesem letzten Theil ihrer Jndustrie hoffte sie mit Grunde etwas vor sich zu bringen, denn sie war nicht unglücklich, und hatte die Sache recht gut begriffen. So gar war sie vollkommen ge- schickt, den Banquier zu machen, wenn Baron Treff etwa eine Verhinderung hatte, oder mitten im Spiel weggieng, um sich bei einer bestellten partie fine einzufinden. Er hatte ihr einst in einer vertrauten Stunde gewisse Entdeckungen ge- macht, seitdem schonte sie ihre Hände und Finger beständig um sie weich und zart zu machen.
Die
Die Urſache, welche Suschen bewog, dem Jntereſſe der Liebe das Jntereſſe der Kaſſe ſo ent- ſchloſſen vorzuziehn, lag in dem Vergnuͤgen, das ſie fand, als eine Frau von ſolchem Stande ange- ſehn zu ſein, die in den beſten Geſellſchaften und unter dem Adel auftreten konnte. Sie nahm ſich vor, wie es auch werden ſollte, nicht immer Gaſt- wirthinn zu bleiben, Schnitzer moͤchte leben oder ſterben. Wenn das letzte nicht bald geſchaͤhe, ſo wollte ſie, um doch in der Ehe mit einem vorneh- mern Mann wenigſtens ruhigen Gewiſſens zu ſein, und ſich nicht vor Schnitzers Geiſt fuͤrchten zu duͤrfen, wenn ſie ihn heim befoͤrderte, durch Gelegenheit geben und Gelegenheit machen, wie auch durch das Spiel ein heimliches Kapital zuſammen zu bringen ſuchen. Jn dieſem letzten Theil ihrer Jnduſtrie hoffte ſie mit Grunde etwas vor ſich zu bringen, denn ſie war nicht ungluͤcklich, und hatte die Sache recht gut begriffen. So gar war ſie vollkommen ge- ſchickt, den Banquier zu machen, wenn Baron Treff etwa eine Verhinderung hatte, oder mitten im Spiel weggieng, um ſich bei einer beſtellten partie fine einzufinden. Er hatte ihr einſt in einer vertrauten Stunde gewiſſe Entdeckungen ge- macht, ſeitdem ſchonte ſie ihre Haͤnde und Finger beſtaͤndig um ſie weich und zart zu machen.
Die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0378"n="372"/><p>Die Urſache, welche Suschen bewog, dem<lb/>
Jntereſſe der Liebe das Jntereſſe der Kaſſe ſo ent-<lb/>ſchloſſen vorzuziehn, lag in dem Vergnuͤgen, das<lb/>ſie fand, als eine Frau von ſolchem Stande ange-<lb/>ſehn zu ſein, die in den beſten Geſellſchaften und<lb/>
unter dem Adel auftreten konnte. Sie nahm ſich<lb/>
vor, wie es auch werden ſollte, nicht immer Gaſt-<lb/>
wirthinn zu bleiben, Schnitzer moͤchte leben oder<lb/>ſterben. Wenn das letzte nicht bald geſchaͤhe, ſo<lb/>
wollte ſie, um doch in der Ehe mit einem vorneh-<lb/>
mern Mann wenigſtens ruhigen Gewiſſens zu ſein,<lb/>
und ſich nicht vor Schnitzers Geiſt fuͤrchten zu duͤrfen,<lb/>
wenn ſie ihn heim befoͤrderte, durch Gelegenheit geben<lb/>
und Gelegenheit machen, wie auch durch das Spiel<lb/>
ein heimliches Kapital zuſammen zu bringen ſuchen.<lb/>
Jn dieſem letzten Theil ihrer Jnduſtrie hoffte ſie<lb/>
mit Grunde etwas vor ſich zu bringen, denn ſie<lb/>
war nicht ungluͤcklich, und hatte die Sache recht<lb/>
gut begriffen. So gar war ſie vollkommen ge-<lb/>ſchickt, den Banquier zu machen, wenn Baron<lb/>
Treff etwa eine Verhinderung hatte, oder mitten<lb/>
im Spiel weggieng, um ſich bei einer beſtellten<lb/><hirendition="#aq">partie fine</hi> einzufinden. Er hatte ihr einſt in<lb/>
einer vertrauten Stunde gewiſſe Entdeckungen ge-<lb/>
macht, ſeitdem ſchonte ſie ihre Haͤnde und Finger<lb/>
beſtaͤndig um ſie weich und zart zu machen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[372/0378]
Die Urſache, welche Suschen bewog, dem
Jntereſſe der Liebe das Jntereſſe der Kaſſe ſo ent-
ſchloſſen vorzuziehn, lag in dem Vergnuͤgen, das
ſie fand, als eine Frau von ſolchem Stande ange-
ſehn zu ſein, die in den beſten Geſellſchaften und
unter dem Adel auftreten konnte. Sie nahm ſich
vor, wie es auch werden ſollte, nicht immer Gaſt-
wirthinn zu bleiben, Schnitzer moͤchte leben oder
ſterben. Wenn das letzte nicht bald geſchaͤhe, ſo
wollte ſie, um doch in der Ehe mit einem vorneh-
mern Mann wenigſtens ruhigen Gewiſſens zu ſein,
und ſich nicht vor Schnitzers Geiſt fuͤrchten zu duͤrfen,
wenn ſie ihn heim befoͤrderte, durch Gelegenheit geben
und Gelegenheit machen, wie auch durch das Spiel
ein heimliches Kapital zuſammen zu bringen ſuchen.
Jn dieſem letzten Theil ihrer Jnduſtrie hoffte ſie
mit Grunde etwas vor ſich zu bringen, denn ſie
war nicht ungluͤcklich, und hatte die Sache recht
gut begriffen. So gar war ſie vollkommen ge-
ſchickt, den Banquier zu machen, wenn Baron
Treff etwa eine Verhinderung hatte, oder mitten
im Spiel weggieng, um ſich bei einer beſtellten
partie fine einzufinden. Er hatte ihr einſt in
einer vertrauten Stunde gewiſſe Entdeckungen ge-
macht, ſeitdem ſchonte ſie ihre Haͤnde und Finger
beſtaͤndig um ſie weich und zart zu machen.
Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/378>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.