Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Dieß äußerte sich besonders bei den Anstalten
zu meiner Taufe. Mein Vater hätte gern dießmal
seine guten Freunde, alles Leute, die er seines
Gleichen nannte, zu Gevattern gebeten, aber er
bekam darüber den ersten Ausputzer von meiner
Mutter, seit dem Actu der gegenseitigen Testa-
mente. Wenn du, sagte sie, Barbirer, Brand-
weinbrenner und dergleichen Volk deines Gleichen
nennst, so halt ich mich doch zu gut dazu und
mein Kind ebenfalls. Mein Oncle, auf dessen
Landgütchen ich jetzt vom Plack und Gedräng der
großen Welt ausruhe, war einen Tag vor Madam
Schnitzers Niederkunft angelangt, und bei dieser
Replik gegenwärtig, es war so ganz nach dem
Wortverstand ein Mann von deutscher Treue, wie
gewisse Leute diesen Ruhm von sich allezeit voraus-
schicken, wenn sie jemand was unangenehmes sa-
gen wollen. Er machte sich nichts daraus, daß
seine Frau Schwägerinn im Wochenbette lag, sich
über seine Aufrichtigkeit erschrecklich ärgern, und
sich schaden könnte, sondern sagte: Was? sind Sie
denn mehr als ihr Mann und der Junge dazu?
Der wird doch noch nicht vornehmer sein als der
Vater? Also ein Gastwirths Sohn, wenn er dein
Sohn ist, Jacob! He, was meinst du?

Johann

Dieß aͤußerte ſich beſonders bei den Anſtalten
zu meiner Taufe. Mein Vater haͤtte gern dießmal
ſeine guten Freunde, alles Leute, die er ſeines
Gleichen nannte, zu Gevattern gebeten, aber er
bekam daruͤber den erſten Ausputzer von meiner
Mutter, ſeit dem Actu der gegenſeitigen Teſta-
mente. Wenn du, ſagte ſie, Barbirer, Brand-
weinbrenner und dergleichen Volk deines Gleichen
nennſt, ſo halt ich mich doch zu gut dazu und
mein Kind ebenfalls. Mein Oncle, auf deſſen
Landguͤtchen ich jetzt vom Plack und Gedraͤng der
großen Welt ausruhe, war einen Tag vor Madam
Schnitzers Niederkunft angelangt, und bei dieſer
Replik gegenwaͤrtig, es war ſo ganz nach dem
Wortverſtand ein Mann von deutſcher Treue, wie
gewiſſe Leute dieſen Ruhm von ſich allezeit voraus-
ſchicken, wenn ſie jemand was unangenehmes ſa-
gen wollen. Er machte ſich nichts daraus, daß
ſeine Frau Schwaͤgerinn im Wochenbette lag, ſich
uͤber ſeine Aufrichtigkeit erſchrecklich aͤrgern, und
ſich ſchaden koͤnnte, ſondern ſagte: Was? ſind Sie
denn mehr als ihr Mann und der Junge dazu?
Der wird doch noch nicht vornehmer ſein als der
Vater? Alſo ein Gaſtwirths Sohn, wenn er dein
Sohn iſt, Jacob! He, was meinſt du?

Johann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0010" n="6"/>
        <p>Dieß a&#x0364;ußerte &#x017F;ich be&#x017F;onders bei den An&#x017F;talten<lb/>
zu meiner Taufe. Mein Vater ha&#x0364;tte gern dießmal<lb/>
&#x017F;eine guten Freunde, alles Leute, die er &#x017F;eines<lb/>
Gleichen nannte, zu Gevattern gebeten, aber er<lb/>
bekam daru&#x0364;ber den er&#x017F;ten Ausputzer von meiner<lb/>
Mutter, &#x017F;eit dem Actu der gegen&#x017F;eitigen Te&#x017F;ta-<lb/>
mente. Wenn du, &#x017F;agte &#x017F;ie, Barbirer, Brand-<lb/>
weinbrenner und dergleichen Volk deines Gleichen<lb/>
nenn&#x017F;t, &#x017F;o halt ich mich doch zu gut dazu und<lb/>
mein Kind ebenfalls. Mein Oncle, auf de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Landgu&#x0364;tchen ich jetzt vom Plack und Gedra&#x0364;ng der<lb/>
großen Welt ausruhe, war einen Tag vor Madam<lb/>
Schnitzers Niederkunft angelangt, und bei die&#x017F;er<lb/>
Replik gegenwa&#x0364;rtig, es war &#x017F;o ganz nach dem<lb/>
Wortver&#x017F;tand ein Mann von deut&#x017F;cher Treue, wie<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Leute die&#x017F;en Ruhm von &#x017F;ich allezeit voraus-<lb/>
&#x017F;chicken, wenn &#x017F;ie jemand was unangenehmes &#x017F;a-<lb/>
gen wollen. Er machte &#x017F;ich nichts daraus, daß<lb/>
&#x017F;eine Frau Schwa&#x0364;gerinn im Wochenbette lag, &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;eine Aufrichtigkeit er&#x017F;chrecklich a&#x0364;rgern, und<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chaden ko&#x0364;nnte, &#x017F;ondern &#x017F;agte: Was? &#x017F;ind Sie<lb/>
denn mehr als ihr Mann und der Junge dazu?<lb/>
Der wird doch noch nicht vornehmer &#x017F;ein als der<lb/>
Vater? Al&#x017F;o ein Ga&#x017F;twirths Sohn, wenn er dein<lb/>
Sohn i&#x017F;t, Jacob! He, was mein&#x017F;t du?</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Johann</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0010] Dieß aͤußerte ſich beſonders bei den Anſtalten zu meiner Taufe. Mein Vater haͤtte gern dießmal ſeine guten Freunde, alles Leute, die er ſeines Gleichen nannte, zu Gevattern gebeten, aber er bekam daruͤber den erſten Ausputzer von meiner Mutter, ſeit dem Actu der gegenſeitigen Teſta- mente. Wenn du, ſagte ſie, Barbirer, Brand- weinbrenner und dergleichen Volk deines Gleichen nennſt, ſo halt ich mich doch zu gut dazu und mein Kind ebenfalls. Mein Oncle, auf deſſen Landguͤtchen ich jetzt vom Plack und Gedraͤng der großen Welt ausruhe, war einen Tag vor Madam Schnitzers Niederkunft angelangt, und bei dieſer Replik gegenwaͤrtig, es war ſo ganz nach dem Wortverſtand ein Mann von deutſcher Treue, wie gewiſſe Leute dieſen Ruhm von ſich allezeit voraus- ſchicken, wenn ſie jemand was unangenehmes ſa- gen wollen. Er machte ſich nichts daraus, daß ſeine Frau Schwaͤgerinn im Wochenbette lag, ſich uͤber ſeine Aufrichtigkeit erſchrecklich aͤrgern, und ſich ſchaden koͤnnte, ſondern ſagte: Was? ſind Sie denn mehr als ihr Mann und der Junge dazu? Der wird doch noch nicht vornehmer ſein als der Vater? Alſo ein Gaſtwirths Sohn, wenn er dein Sohn iſt, Jacob! He, was meinſt du? Johann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/10
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/10>, abgerufen am 29.04.2024.