meiniglich hinzu, daß es ihr nur leid thäte, die gute Mutter nicht einmal bei sich sehen zu können, aber sie wäre mit Gichtzufällen geplagt, und könnte sich einer Reise nicht aussetzen, doch sie würde die gute Frau selbst einmal besuchen.
Es war in der Stadt fast allgemein bekannt, was Suschens Vater eigentlich gewesen, denn die Weiber, Mägde und Diener, welche sie mit ihrer Mutter ankommen sahen, und von der letzten ge- hört hatten, sie sei die Wittwe eines gemeinen Soldaten, lebten ja noch, und hatten es in allen Häusern, wo sie nachher gearbeitet, und hingezo- gen waren, erzählt, auch wiederholten sie es noch jedesmal, wenn von Madam Schnitzer die Rede war, und dies geschah nie anders, als weil man von ihrem Hochmuth, von ihrer Frechheit und an- dern Tugenden sprechen wollte. Da war es denn desto natürlicher, daß allezeit ihrer eigentlichen Herkunft erwähnt ward. Sie ahndete dies nicht, folglich dachte sie auch nicht daran, daß man ih- rer Nachrichten von den ansehnlichen Verwandten um so mehr spotten würde.
Von dieser Seite nun war es, wo Busch sie anzugreifen beschloß, und er hatte hierzu Gelegen- heit. Unter seinen Dienern befand sich einer, der aus der nehmlichen Stadt gebürtig war, wo Sus-
chens
meiniglich hinzu, daß es ihr nur leid thaͤte, die gute Mutter nicht einmal bei ſich ſehen zu koͤnnen, aber ſie waͤre mit Gichtzufaͤllen geplagt, und koͤnnte ſich einer Reiſe nicht ausſetzen, doch ſie wuͤrde die gute Frau ſelbſt einmal beſuchen.
Es war in der Stadt faſt allgemein bekannt, was Suschens Vater eigentlich geweſen, denn die Weiber, Maͤgde und Diener, welche ſie mit ihrer Mutter ankommen ſahen, und von der letzten ge- hoͤrt hatten, ſie ſei die Wittwe eines gemeinen Soldaten, lebten ja noch, und hatten es in allen Haͤuſern, wo ſie nachher gearbeitet, und hingezo- gen waren, erzaͤhlt, auch wiederholten ſie es noch jedesmal, wenn von Madam Schnitzer die Rede war, und dies geſchah nie anders, als weil man von ihrem Hochmuth, von ihrer Frechheit und an- dern Tugenden ſprechen wollte. Da war es denn deſto natuͤrlicher, daß allezeit ihrer eigentlichen Herkunft erwaͤhnt ward. Sie ahndete dies nicht, folglich dachte ſie auch nicht daran, daß man ih- rer Nachrichten von den anſehnlichen Verwandten um ſo mehr ſpotten wuͤrde.
Von dieſer Seite nun war es, wo Buſch ſie anzugreifen beſchloß, und er hatte hierzu Gelegen- heit. Unter ſeinen Dienern befand ſich einer, der aus der nehmlichen Stadt gebuͤrtig war, wo Sus-
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meiniglich hinzu, daß es ihr nur leid thaͤte, die
gute Mutter nicht einmal bei ſich ſehen zu
koͤnnen, aber ſie waͤre mit Gichtzufaͤllen geplagt,
und koͤnnte ſich einer Reiſe nicht ausſetzen, doch
ſie wuͤrde die gute Frau ſelbſt einmal beſuchen.
Es war in der Stadt faſt allgemein bekannt,
was Suschens Vater eigentlich geweſen, denn die
Weiber, Maͤgde und Diener, welche ſie mit ihrer
Mutter ankommen ſahen, und von der letzten ge-
hoͤrt hatten, ſie ſei die Wittwe eines gemeinen
Soldaten, lebten ja noch, und hatten es in allen
Haͤuſern, wo ſie nachher gearbeitet, und hingezo-
gen waren, erzaͤhlt, auch wiederholten ſie es noch
jedesmal, wenn von Madam Schnitzer die Rede
war, und dies geſchah nie anders, als weil man
von ihrem Hochmuth, von ihrer Frechheit und an-
dern Tugenden ſprechen wollte. Da war es denn
deſto natuͤrlicher, daß allezeit ihrer eigentlichen
Herkunft erwaͤhnt ward. Sie ahndete dies nicht,
folglich dachte ſie auch nicht daran, daß man ih-
rer Nachrichten von den anſehnlichen Verwandten
um ſo mehr ſpotten wuͤrde.
Von dieſer Seite nun war es, wo Buſch ſie
anzugreifen beſchloß, und er hatte hierzu Gelegen-
heit. Unter ſeinen Dienern befand ſich einer, der
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/115>, abgerufen am 24.11.2024.
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