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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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chens Vater in Garnison gestanden hatte, wo ihre
Mutter noch lebte, und sich nebst ihren Knaben,
bis diese ins Regiment traten, von Waschen und
andern Arbeit in den großen Häufern ernährte. Die-
ser Diener kannte sie persönlich, er hatte sie, das
Glück ihrer Tochter und ihre Kindesliebe, indem
sie ihr Zulage gäbe, rühmen, aber auch das Ver-
both, sie nie zu besuchen, bekennen hören, welches
die arme Frau doch ein wenig kränkte.

Schon da Albrecht Busch mit meiner Mutter
in jener Freundschaft lebte, deren der erste Theil
meines Lebens gedenkt, war dieser Mensch in seine
Handlung gekommen, und hatte ihn von alle dem
unterrichtet. Busch wollte daher schon damals et-
was zu Suschens Demüthigung verfügen, es blieb
aber immer von einer Zeit zur andern, jetzt aber
that er zur Sache.

Die Soldatenwittwe kannte die Hand seines
Handlungsdieners nicht, also konnte dieser immer
den Brief schreiben, durch den sie hergelockt wer-
den sollte. Dieser Brief war unter Nulls, meines
Hofmeisters Namen geschrieben, und lautet also:

Liebe Mutter,

"Da ich eben nicht selbst Zeit zum Schreiben
habe, bitte ich Sie durch die Hand des Herrn Hof-

meisters

chens Vater in Garniſon geſtanden hatte, wo ihre
Mutter noch lebte, und ſich nebſt ihren Knaben,
bis dieſe ins Regiment traten, von Waſchen und
andern Arbeit in den großen Haͤufern ernaͤhrte. Die-
ſer Diener kannte ſie perſoͤnlich, er hatte ſie, das
Gluͤck ihrer Tochter und ihre Kindesliebe, indem
ſie ihr Zulage gaͤbe, ruͤhmen, aber auch das Ver-
both, ſie nie zu beſuchen, bekennen hoͤren, welches
die arme Frau doch ein wenig kraͤnkte.

Schon da Albrecht Buſch mit meiner Mutter
in jener Freundſchaft lebte, deren der erſte Theil
meines Lebens gedenkt, war dieſer Menſch in ſeine
Handlung gekommen, und hatte ihn von alle dem
unterrichtet. Buſch wollte daher ſchon damals et-
was zu Suschens Demuͤthigung verfuͤgen, es blieb
aber immer von einer Zeit zur andern, jetzt aber
that er zur Sache.

Die Soldatenwittwe kannte die Hand ſeines
Handlungsdieners nicht, alſo konnte dieſer immer
den Brief ſchreiben, durch den ſie hergelockt wer-
den ſollte. Dieſer Brief war unter Nulls, meines
Hofmeiſters Namen geſchrieben, und lautet alſo:

Liebe Mutter,

„Da ich eben nicht ſelbſt Zeit zum Schreiben
habe, bitte ich Sie durch die Hand des Herrn Hof-

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[112/0116] chens Vater in Garniſon geſtanden hatte, wo ihre Mutter noch lebte, und ſich nebſt ihren Knaben, bis dieſe ins Regiment traten, von Waſchen und andern Arbeit in den großen Haͤufern ernaͤhrte. Die- ſer Diener kannte ſie perſoͤnlich, er hatte ſie, das Gluͤck ihrer Tochter und ihre Kindesliebe, indem ſie ihr Zulage gaͤbe, ruͤhmen, aber auch das Ver- both, ſie nie zu beſuchen, bekennen hoͤren, welches die arme Frau doch ein wenig kraͤnkte. Schon da Albrecht Buſch mit meiner Mutter in jener Freundſchaft lebte, deren der erſte Theil meines Lebens gedenkt, war dieſer Menſch in ſeine Handlung gekommen, und hatte ihn von alle dem unterrichtet. Buſch wollte daher ſchon damals et- was zu Suschens Demuͤthigung verfuͤgen, es blieb aber immer von einer Zeit zur andern, jetzt aber that er zur Sache. Die Soldatenwittwe kannte die Hand ſeines Handlungsdieners nicht, alſo konnte dieſer immer den Brief ſchreiben, durch den ſie hergelockt wer- den ſollte. Dieſer Brief war unter Nulls, meines Hofmeiſters Namen geſchrieben, und lautet alſo: Liebe Mutter, „Da ich eben nicht ſelbſt Zeit zum Schreiben habe, bitte ich Sie durch die Hand des Herrn Hof- meiſters

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/116>, abgerufen am 21.11.2024.