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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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meisters von meinem allerliebsten Goldfritzel, sich
sobald als möglich auf die Reise zu machen, und
zu mir hieher nach *** zu kommen. Mein Herz
hat sich der kindlichen Pflichten erinnert, ich sehne
mich nach dem Anblick meiner lieben Mutter, und
kann den Augenblick gar nicht erwarten, wo ich
Sie in meinem Hause sehen werde. Jch will Sie
nun bei mir behalten und Zeitlebens pflegen, da ich
nicht zugeben kann, daß sich meine Mutter von
Waschen ernährt, indem ich eine große Frau bin.

Hier folgt Reisegeld, um mit der Post zu kom-
men, mache Sie also Jhr Paquetchen zusammen
und komm Sie bald. Meine lieben Brüder grüße
ich vielmal, wenn sie sich in ihrem Dienst gut auf-
führen, so will ich ihnen zuweilen ein Geschenk
schicken."

* *.

Busch legte das nöthige Reisegeld gern in die-
sen Brief, und schickte ihn ungesäumt ab. Wohl
ward es ihm weich ums Herz, wenn er an die Freu-
de dachte, welche die Alte bei dieser Einladung em-
pfinden würde, und denn überlegte, wie es ihr dop-
pelt schmerzen werde, sich hernach getäuscht zu sehen;
er konnte es aber nicht über sich erhalten, auf diese
Demüthigung für meine Mutter Verzicht zu thun,

und
2 r Theil. H

meiſters von meinem allerliebſten Goldfritzel, ſich
ſobald als moͤglich auf die Reiſe zu machen, und
zu mir hieher nach *** zu kommen. Mein Herz
hat ſich der kindlichen Pflichten erinnert, ich ſehne
mich nach dem Anblick meiner lieben Mutter, und
kann den Augenblick gar nicht erwarten, wo ich
Sie in meinem Hauſe ſehen werde. Jch will Sie
nun bei mir behalten und Zeitlebens pflegen, da ich
nicht zugeben kann, daß ſich meine Mutter von
Waſchen ernaͤhrt, indem ich eine große Frau bin.

Hier folgt Reiſegeld, um mit der Poſt zu kom-
men, mache Sie alſo Jhr Paquetchen zuſammen
und komm Sie bald. Meine lieben Bruͤder gruͤße
ich vielmal, wenn ſie ſich in ihrem Dienſt gut auf-
fuͤhren, ſo will ich ihnen zuweilen ein Geſchenk
ſchicken.“

* *.

Buſch legte das noͤthige Reiſegeld gern in die-
ſen Brief, und ſchickte ihn ungeſaͤumt ab. Wohl
ward es ihm weich ums Herz, wenn er an die Freu-
de dachte, welche die Alte bei dieſer Einladung em-
pfinden wuͤrde, und denn uͤberlegte, wie es ihr dop-
pelt ſchmerzen werde, ſich hernach getaͤuſcht zu ſehen;
er konnte es aber nicht uͤber ſich erhalten, auf dieſe
Demuͤthigung fuͤr meine Mutter Verzicht zu thun,

und
2 r Theil. H
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[113/0117] meiſters von meinem allerliebſten Goldfritzel, ſich ſobald als moͤglich auf die Reiſe zu machen, und zu mir hieher nach *** zu kommen. Mein Herz hat ſich der kindlichen Pflichten erinnert, ich ſehne mich nach dem Anblick meiner lieben Mutter, und kann den Augenblick gar nicht erwarten, wo ich Sie in meinem Hauſe ſehen werde. Jch will Sie nun bei mir behalten und Zeitlebens pflegen, da ich nicht zugeben kann, daß ſich meine Mutter von Waſchen ernaͤhrt, indem ich eine große Frau bin. Hier folgt Reiſegeld, um mit der Poſt zu kom- men, mache Sie alſo Jhr Paquetchen zuſammen und komm Sie bald. Meine lieben Bruͤder gruͤße ich vielmal, wenn ſie ſich in ihrem Dienſt gut auf- fuͤhren, ſo will ich ihnen zuweilen ein Geſchenk ſchicken.“ * *. Buſch legte das noͤthige Reiſegeld gern in die- ſen Brief, und ſchickte ihn ungeſaͤumt ab. Wohl ward es ihm weich ums Herz, wenn er an die Freu- de dachte, welche die Alte bei dieſer Einladung em- pfinden wuͤrde, und denn uͤberlegte, wie es ihr dop- pelt ſchmerzen werde, ſich hernach getaͤuſcht zu ſehen; er konnte es aber nicht uͤber ſich erhalten, auf dieſe Demuͤthigung fuͤr meine Mutter Verzicht zu thun, und 2 r Theil. H

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/117>, abgerufen am 21.11.2024.