Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

sie an geschwind zu sein, und stellte mich, als zit-
terte ich vor der gewaltigen Rüge des Hofmeisters,
wenn ich zu lange außen bliebe. Jch will doch se-
hen, sagte dann meine Mutter, was er dir thun
soll, wenn du bei mir gewesen bist? Der Kerl bil-
det sich wohl gar ein mehr zu gelten als ich.

Herr Lebrecht schalt anfangs nur über mein
langes Wegbleiben, ich hatte nicht das Herz mich
zu verantworten, dagegen aber klagte ichs meiner
Mutter, sobald ich sie allein sprechen konnte, be-
schrieb den Zorn des Hofmeister sehr groß, und setzte
hinzu, er habe auf sie gestichelt.

Einige Tage trieb ich das so fort, nur daß ich
immer zusetzte; die Mutter ward also auf Lebrech-
ten immer ergrimmter, sprach bei Tische kein Wort
mit ihm, sah ihn aber sehr sauer an, und that desto
schöner mit mir. Lebrecht sagte zu alle dem nichts,
ja sogar hatte er nicht die geringste Einwendung,
als meine Mutter eines Nachmittags sagen ließ,
sie befehle, daß ich sogleich mich anders anziehen
und mit ihr ausfahren sollte, wodurch die Lehrstun-
de, in der wir eben begriffen waren, unterbrochen
ward. Jn eben dieser Lehrstunde hatte er mir ge-
droht, daß, wenn ich mich nicht wieder zusammen
nehmen, sondern fortfahren würde in den Schul-
stunden faul zu sein, so wollte er mich während der

Stunde

ſie an geſchwind zu ſein, und ſtellte mich, als zit-
terte ich vor der gewaltigen Ruͤge des Hofmeiſters,
wenn ich zu lange außen bliebe. Jch will doch ſe-
hen, ſagte dann meine Mutter, was er dir thun
ſoll, wenn du bei mir geweſen biſt? Der Kerl bil-
det ſich wohl gar ein mehr zu gelten als ich.

Herr Lebrecht ſchalt anfangs nur uͤber mein
langes Wegbleiben, ich hatte nicht das Herz mich
zu verantworten, dagegen aber klagte ichs meiner
Mutter, ſobald ich ſie allein ſprechen konnte, be-
ſchrieb den Zorn des Hofmeiſter ſehr groß, und ſetzte
hinzu, er habe auf ſie geſtichelt.

Einige Tage trieb ich das ſo fort, nur daß ich
immer zuſetzte; die Mutter ward alſo auf Lebrech-
ten immer ergrimmter, ſprach bei Tiſche kein Wort
mit ihm, ſah ihn aber ſehr ſauer an, und that deſto
ſchoͤner mit mir. Lebrecht ſagte zu alle dem nichts,
ja ſogar hatte er nicht die geringſte Einwendung,
als meine Mutter eines Nachmittags ſagen ließ,
ſie befehle, daß ich ſogleich mich anders anziehen
und mit ihr ausfahren ſollte, wodurch die Lehrſtun-
de, in der wir eben begriffen waren, unterbrochen
ward. Jn eben dieſer Lehrſtunde hatte er mir ge-
droht, daß, wenn ich mich nicht wieder zuſammen
nehmen, ſondern fortfahren wuͤrde in den Schul-
ſtunden faul zu ſein, ſo wollte er mich waͤhrend der

Stunde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="150"/>
&#x017F;ie an ge&#x017F;chwind zu &#x017F;ein, und &#x017F;tellte mich, als zit-<lb/>
terte ich vor der gewaltigen Ru&#x0364;ge des Hofmei&#x017F;ters,<lb/>
wenn ich zu lange außen bliebe. Jch will doch &#x017F;e-<lb/>
hen, &#x017F;agte dann meine Mutter, was er dir thun<lb/>
&#x017F;oll, wenn du bei mir gewe&#x017F;en bi&#x017F;t? Der Kerl bil-<lb/>
det &#x017F;ich wohl gar ein mehr zu gelten als ich.</p><lb/>
        <p>Herr Lebrecht &#x017F;chalt anfangs nur u&#x0364;ber mein<lb/>
langes Wegbleiben, ich hatte nicht das Herz mich<lb/>
zu verantworten, dagegen aber klagte ichs meiner<lb/>
Mutter, &#x017F;obald ich &#x017F;ie allein &#x017F;prechen konnte, be-<lb/>
&#x017F;chrieb den Zorn des Hofmei&#x017F;ter &#x017F;ehr groß, und &#x017F;etzte<lb/>
hinzu, er habe auf &#x017F;ie ge&#x017F;tichelt.</p><lb/>
        <p>Einige Tage trieb ich das &#x017F;o fort, nur daß ich<lb/>
immer zu&#x017F;etzte; die Mutter ward al&#x017F;o auf Lebrech-<lb/>
ten immer ergrimmter, &#x017F;prach bei Ti&#x017F;che kein Wort<lb/>
mit ihm, &#x017F;ah ihn aber &#x017F;ehr &#x017F;auer an, und that de&#x017F;to<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ner mit mir. Lebrecht &#x017F;agte zu alle dem nichts,<lb/>
ja &#x017F;ogar hatte er nicht die gering&#x017F;te Einwendung,<lb/>
als meine Mutter eines Nachmittags &#x017F;agen ließ,<lb/>
&#x017F;ie befehle, daß ich &#x017F;ogleich mich anders anziehen<lb/>
und mit ihr ausfahren &#x017F;ollte, wodurch die Lehr&#x017F;tun-<lb/>
de, in der wir eben begriffen waren, unterbrochen<lb/>
ward. Jn eben die&#x017F;er Lehr&#x017F;tunde hatte er mir ge-<lb/>
droht, daß, wenn ich mich nicht wieder zu&#x017F;ammen<lb/>
nehmen, &#x017F;ondern fortfahren wu&#x0364;rde in den Schul-<lb/>
&#x017F;tunden faul zu &#x017F;ein, &#x017F;o wollte er mich wa&#x0364;hrend der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stunde</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0154] ſie an geſchwind zu ſein, und ſtellte mich, als zit- terte ich vor der gewaltigen Ruͤge des Hofmeiſters, wenn ich zu lange außen bliebe. Jch will doch ſe- hen, ſagte dann meine Mutter, was er dir thun ſoll, wenn du bei mir geweſen biſt? Der Kerl bil- det ſich wohl gar ein mehr zu gelten als ich. Herr Lebrecht ſchalt anfangs nur uͤber mein langes Wegbleiben, ich hatte nicht das Herz mich zu verantworten, dagegen aber klagte ichs meiner Mutter, ſobald ich ſie allein ſprechen konnte, be- ſchrieb den Zorn des Hofmeiſter ſehr groß, und ſetzte hinzu, er habe auf ſie geſtichelt. Einige Tage trieb ich das ſo fort, nur daß ich immer zuſetzte; die Mutter ward alſo auf Lebrech- ten immer ergrimmter, ſprach bei Tiſche kein Wort mit ihm, ſah ihn aber ſehr ſauer an, und that deſto ſchoͤner mit mir. Lebrecht ſagte zu alle dem nichts, ja ſogar hatte er nicht die geringſte Einwendung, als meine Mutter eines Nachmittags ſagen ließ, ſie befehle, daß ich ſogleich mich anders anziehen und mit ihr ausfahren ſollte, wodurch die Lehrſtun- de, in der wir eben begriffen waren, unterbrochen ward. Jn eben dieſer Lehrſtunde hatte er mir ge- droht, daß, wenn ich mich nicht wieder zuſammen nehmen, ſondern fortfahren wuͤrde in den Schul- ſtunden faul zu ſein, ſo wollte er mich waͤhrend der Stunde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/154
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/154>, abgerufen am 15.05.2024.