Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

riefen sie hinein, wenn sie mich kommen sahen.
Sie hatten bei meiner Mutter mehrmals Klage
über mich geführt, da sie aber kein Recht fanden,
sondern mit dem Bescheid vorwillen nehmen muß-
ten, daß ihre Kinder das, was der junge Herr thät,
nicht so übel nehmen müßten, so wollten sie sich
nicht mit der Herrschaft veruneinigen, und er-
wählten den Weg, ihre Kinder mir aus den Au-
gen zu bringen.

Da ich nun auch nicht in die Häuser gelassen
ward, wie sehr ich auch pochte und es der Mamma
zu sagen drohte, vielmehr einmal gar den Bescheid
erhielt, daß ich mich packen, oder einer Tracht Prü-
gel gewärtig sein möchte, was auch daraus entste-
hen könnte, so beschloß ich, mich diesem neuen Un-
gemach nicht auszusetzen, und ließ den Muthwillen
an den Hühnern, Enten, Gänsen, Schweinen und
Schaafen der Bauern aus. Jch hatte eine kleine
Flinte von meiner Mutter erpocht, Pulver und
Schrot ließ ich mir selbst holen, und so schoß ich
zuweilen eins der benannten Thiere todt. Der
Schaden mußte immer ersetzt werden, dazu verstand
sich meine Mutter, aber nicht eben so bewilligte sie
die Forderung, mir die Flinte wegzunehmen, in-
dem sie sagte: es komme solchem Gesindel nicht zu,
ihrer Herrschaft Regeln vorzuschreiben; indessen bat

sie

riefen ſie hinein, wenn ſie mich kommen ſahen.
Sie hatten bei meiner Mutter mehrmals Klage
uͤber mich gefuͤhrt, da ſie aber kein Recht fanden,
ſondern mit dem Beſcheid vorwillen nehmen muß-
ten, daß ihre Kinder das, was der junge Herr thaͤt,
nicht ſo uͤbel nehmen muͤßten, ſo wollten ſie ſich
nicht mit der Herrſchaft veruneinigen, und er-
waͤhlten den Weg, ihre Kinder mir aus den Au-
gen zu bringen.

Da ich nun auch nicht in die Haͤuſer gelaſſen
ward, wie ſehr ich auch pochte und es der Mamma
zu ſagen drohte, vielmehr einmal gar den Beſcheid
erhielt, daß ich mich packen, oder einer Tracht Pruͤ-
gel gewaͤrtig ſein moͤchte, was auch daraus entſte-
hen koͤnnte, ſo beſchloß ich, mich dieſem neuen Un-
gemach nicht auszuſetzen, und ließ den Muthwillen
an den Huͤhnern, Enten, Gaͤnſen, Schweinen und
Schaafen der Bauern aus. Jch hatte eine kleine
Flinte von meiner Mutter erpocht, Pulver und
Schrot ließ ich mir ſelbſt holen, und ſo ſchoß ich
zuweilen eins der benannten Thiere todt. Der
Schaden mußte immer erſetzt werden, dazu verſtand
ſich meine Mutter, aber nicht eben ſo bewilligte ſie
die Forderung, mir die Flinte wegzunehmen, in-
dem ſie ſagte: es komme ſolchem Geſindel nicht zu,
ihrer Herrſchaft Regeln vorzuſchreiben; indeſſen bat

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="162"/>
riefen &#x017F;ie hinein, wenn &#x017F;ie mich kommen &#x017F;ahen.<lb/>
Sie hatten bei meiner Mutter mehrmals Klage<lb/>
u&#x0364;ber mich gefu&#x0364;hrt, da &#x017F;ie aber kein Recht fanden,<lb/>
&#x017F;ondern mit dem Be&#x017F;cheid vorwillen nehmen muß-<lb/>
ten, daß ihre Kinder das, was der junge Herr tha&#x0364;t,<lb/>
nicht &#x017F;o u&#x0364;bel nehmen mu&#x0364;ßten, &#x017F;o wollten &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nicht mit der Herr&#x017F;chaft veruneinigen, und er-<lb/>
wa&#x0364;hlten den Weg, ihre Kinder mir aus den Au-<lb/>
gen zu bringen.</p><lb/>
        <p>Da ich nun auch nicht in die Ha&#x0364;u&#x017F;er gela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ward, wie &#x017F;ehr ich auch pochte und es der Mamma<lb/>
zu &#x017F;agen drohte, vielmehr einmal gar den Be&#x017F;cheid<lb/>
erhielt, daß ich mich packen, oder einer Tracht Pru&#x0364;-<lb/>
gel gewa&#x0364;rtig &#x017F;ein mo&#x0364;chte, was auch daraus ent&#x017F;te-<lb/>
hen ko&#x0364;nnte, &#x017F;o be&#x017F;chloß ich, mich die&#x017F;em neuen Un-<lb/>
gemach nicht auszu&#x017F;etzen, und ließ den Muthwillen<lb/>
an den Hu&#x0364;hnern, Enten, Ga&#x0364;n&#x017F;en, Schweinen und<lb/>
Schaafen der Bauern aus. Jch hatte eine kleine<lb/>
Flinte von meiner Mutter erpocht, Pulver und<lb/>
Schrot ließ ich mir &#x017F;elb&#x017F;t holen, und &#x017F;o &#x017F;choß ich<lb/>
zuweilen eins der benannten Thiere todt. Der<lb/>
Schaden mußte immer er&#x017F;etzt werden, dazu ver&#x017F;tand<lb/>
&#x017F;ich meine Mutter, aber nicht eben &#x017F;o bewilligte &#x017F;ie<lb/>
die Forderung, mir die Flinte wegzunehmen, in-<lb/>
dem &#x017F;ie &#x017F;agte: es komme &#x017F;olchem Ge&#x017F;indel nicht zu,<lb/>
ihrer Herr&#x017F;chaft Regeln vorzu&#x017F;chreiben; inde&#x017F;&#x017F;en bat<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0166] riefen ſie hinein, wenn ſie mich kommen ſahen. Sie hatten bei meiner Mutter mehrmals Klage uͤber mich gefuͤhrt, da ſie aber kein Recht fanden, ſondern mit dem Beſcheid vorwillen nehmen muß- ten, daß ihre Kinder das, was der junge Herr thaͤt, nicht ſo uͤbel nehmen muͤßten, ſo wollten ſie ſich nicht mit der Herrſchaft veruneinigen, und er- waͤhlten den Weg, ihre Kinder mir aus den Au- gen zu bringen. Da ich nun auch nicht in die Haͤuſer gelaſſen ward, wie ſehr ich auch pochte und es der Mamma zu ſagen drohte, vielmehr einmal gar den Beſcheid erhielt, daß ich mich packen, oder einer Tracht Pruͤ- gel gewaͤrtig ſein moͤchte, was auch daraus entſte- hen koͤnnte, ſo beſchloß ich, mich dieſem neuen Un- gemach nicht auszuſetzen, und ließ den Muthwillen an den Huͤhnern, Enten, Gaͤnſen, Schweinen und Schaafen der Bauern aus. Jch hatte eine kleine Flinte von meiner Mutter erpocht, Pulver und Schrot ließ ich mir ſelbſt holen, und ſo ſchoß ich zuweilen eins der benannten Thiere todt. Der Schaden mußte immer erſetzt werden, dazu verſtand ſich meine Mutter, aber nicht eben ſo bewilligte ſie die Forderung, mir die Flinte wegzunehmen, in- dem ſie ſagte: es komme ſolchem Geſindel nicht zu, ihrer Herrſchaft Regeln vorzuſchreiben; indeſſen bat ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/166
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/166>, abgerufen am 24.11.2024.