geschah denn auch, doch er tanzte vielmehr nach meiner Pfeife, denn alles, was ich wollte, war auch sein Wille, ja er machte mir abwechselnde und noch nicht gekannte Freuden. So z. B. nahm er mich oft des Abends unter dem Vorwand, daß wir noch ein wenig frische Luft genießen wollten, mit zu Bauermägden, mit denen er in meinem Beisein ganz frei und ungezwungen scherzte. Jch war nun schon im eilften Jahre, folglich konnte mir, was ich sah und hörte, schon ganz zum Unterricht die- nen, den ich auch mit Begierde aufnahm. Pelz war so gefällig, für ein Mädchen ohngefähr in meinen Jahren zu sorgen, die immer bei unsern Abendgesellschaften war, und ich lernte den Genuß gerborgener Freuden bei ihr, so wie sie bei mir die nehmliche Lection empfing. Pelz und seine Schö- nen dienten uns zur Norm, wir ließen uns ge- genseitig ungestört.
Unsere Lehrstunden wurden nach dem Glauben meiner Mutter sehr genau gehalten, eigentlich aber dachten wir mit keinem Worte an den Unterricht. Pelz fand, da er aufangs mit einigem Ernst angrei- fen wollte, daß ich über das, was er mit mir vor- nehmen wollte, weg war, und konnte nun nicht weiter. Jch ward seine Unwissenheit gewahr, und schraubte ihn darüber nicht schlecht; um Friede mit
mir
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geſchah denn auch, doch er tanzte vielmehr nach meiner Pfeife, denn alles, was ich wollte, war auch ſein Wille, ja er machte mir abwechſelnde und noch nicht gekannte Freuden. So z. B. nahm er mich oft des Abends unter dem Vorwand, daß wir noch ein wenig friſche Luft genießen wollten, mit zu Bauermaͤgden, mit denen er in meinem Beiſein ganz frei und ungezwungen ſcherzte. Jch war nun ſchon im eilften Jahre, folglich konnte mir, was ich ſah und hoͤrte, ſchon ganz zum Unterricht die- nen, den ich auch mit Begierde aufnahm. Pelz war ſo gefaͤllig, fuͤr ein Maͤdchen ohngefaͤhr in meinen Jahren zu ſorgen, die immer bei unſern Abendgeſellſchaften war, und ich lernte den Genuß gerborgener Freuden bei ihr, ſo wie ſie bei mir die nehmliche Lection empfing. Pelz und ſeine Schoͤ- nen dienten uns zur Norm, wir ließen uns ge- genſeitig ungeſtoͤrt.
Unſere Lehrſtunden wurden nach dem Glauben meiner Mutter ſehr genau gehalten, eigentlich aber dachten wir mit keinem Worte an den Unterricht. Pelz fand, da er aufangs mit einigem Ernſt angrei- fen wollte, daß ich uͤber das, was er mit mir vor- nehmen wollte, weg war, und konnte nun nicht weiter. Jch ward ſeine Unwiſſenheit gewahr, und ſchraubte ihn daruͤber nicht ſchlecht; um Friede mit
mir
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geſchah denn auch, doch er tanzte vielmehr nach
meiner Pfeife, denn alles, was ich wollte, war
auch ſein Wille, ja er machte mir abwechſelnde und
noch nicht gekannte Freuden. So z. B. nahm er
mich oft des Abends unter dem Vorwand, daß wir
noch ein wenig friſche Luft genießen wollten, mit
zu Bauermaͤgden, mit denen er in meinem Beiſein
ganz frei und ungezwungen ſcherzte. Jch war nun
ſchon im eilften Jahre, folglich konnte mir, was
ich ſah und hoͤrte, ſchon ganz zum Unterricht die-
nen, den ich auch mit Begierde aufnahm. Pelz
war ſo gefaͤllig, fuͤr ein Maͤdchen ohngefaͤhr in
meinen Jahren zu ſorgen, die immer bei unſern
Abendgeſellſchaften war, und ich lernte den Genuß
gerborgener Freuden bei ihr, ſo wie ſie bei mir die
nehmliche Lection empfing. Pelz und ſeine Schoͤ-
nen dienten uns zur Norm, wir ließen uns ge-
genſeitig ungeſtoͤrt.
Unſere Lehrſtunden wurden nach dem Glauben
meiner Mutter ſehr genau gehalten, eigentlich aber
dachten wir mit keinem Worte an den Unterricht.
Pelz fand, da er aufangs mit einigem Ernſt angrei-
fen wollte, daß ich uͤber das, was er mit mir vor-
nehmen wollte, weg war, und konnte nun nicht
weiter. Jch ward ſeine Unwiſſenheit gewahr, und
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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