Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht dazu kommen konnte, etwas bei Seite zu
legen.

Nun aber trat ein Umstand ein, der es haupt-
sächlich nöthig machte, daß er auf eine ansehnliche
Summe Geld dachte. Wider seinen Willen war
ein Mädchen im Dorfe durch ihn dem Mutter-
stande nahe gekommen, und wußte auf keinen an-
dern zu bekennen. Seine Angst, seit sie ihm die-
sen fatalen Umstand bekannt gemacht hatte, war
unaussprechlich, er bath sie himmelhoch, es zu ver-
schweigen, und lieber das Dorf zu meiden. Dazu
war sie bereit, nur mußte Geld sein, die Wochen
zu halten und das Kind unterzubringen. Pelz hatte
mich zu seinem Vertrauten in der Sache gemacht,
und mir den Jammer, wenn er die Forderungen
des Mädchens nicht erfüllen könnte, aufs lebhafteste
geschildert. Nach meiner Denkungsart, wo nichts,
was andere betraf, mich rührte, hätte mir sein
Kummer eigentlich gleichgültig sein, ja ich hätte
mich vielmehr darüber freuen und der erste sein
sollen, der es ausgebreitet hätte. Allein Pelz besaß
nun einmal meine Gunst, ich wollte ihn nicht gern
entbehren, welches, wie er versicherte, doch erfol-
gen würde, weil er sich auf und davon machte,
wenn es an den Tag käme. Dadurch nun wäre ich
um meinen Gehülfen geheimer Freuden gekommen,

welche

nicht dazu kommen konnte, etwas bei Seite zu
legen.

Nun aber trat ein Umſtand ein, der es haupt-
ſaͤchlich noͤthig machte, daß er auf eine anſehnliche
Summe Geld dachte. Wider ſeinen Willen war
ein Maͤdchen im Dorfe durch ihn dem Mutter-
ſtande nahe gekommen, und wußte auf keinen an-
dern zu bekennen. Seine Angſt, ſeit ſie ihm die-
ſen fatalen Umſtand bekannt gemacht hatte, war
unausſprechlich, er bath ſie himmelhoch, es zu ver-
ſchweigen, und lieber das Dorf zu meiden. Dazu
war ſie bereit, nur mußte Geld ſein, die Wochen
zu halten und das Kind unterzubringen. Pelz hatte
mich zu ſeinem Vertrauten in der Sache gemacht,
und mir den Jammer, wenn er die Forderungen
des Maͤdchens nicht erfuͤllen koͤnnte, aufs lebhafteſte
geſchildert. Nach meiner Denkungsart, wo nichts,
was andere betraf, mich ruͤhrte, haͤtte mir ſein
Kummer eigentlich gleichguͤltig ſein, ja ich haͤtte
mich vielmehr daruͤber freuen und der erſte ſein
ſollen, der es ausgebreitet haͤtte. Allein Pelz beſaß
nun einmal meine Gunſt, ich wollte ihn nicht gern
entbehren, welches, wie er verſicherte, doch erfol-
gen wuͤrde, weil er ſich auf und davon machte,
wenn es an den Tag kaͤme. Dadurch nun waͤre ich
um meinen Gehuͤlfen geheimer Freuden gekommen,

welche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0175" n="171"/>
nicht dazu kommen konnte, etwas bei Seite zu<lb/>
legen.</p><lb/>
        <p>Nun aber trat ein Um&#x017F;tand ein, der es haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich no&#x0364;thig machte, daß er auf eine an&#x017F;ehnliche<lb/>
Summe Geld dachte. Wider &#x017F;einen Willen war<lb/>
ein Ma&#x0364;dchen im Dorfe durch ihn dem Mutter-<lb/>
&#x017F;tande nahe gekommen, und wußte auf keinen an-<lb/>
dern zu bekennen. Seine Ang&#x017F;t, &#x017F;eit &#x017F;ie ihm die-<lb/>
&#x017F;en fatalen Um&#x017F;tand bekannt gemacht hatte, war<lb/>
unaus&#x017F;prechlich, er bath &#x017F;ie himmelhoch, es zu ver-<lb/>
&#x017F;chweigen, und lieber das Dorf zu meiden. Dazu<lb/>
war &#x017F;ie bereit, nur mußte Geld &#x017F;ein, die Wochen<lb/>
zu halten und das Kind unterzubringen. Pelz hatte<lb/>
mich zu &#x017F;einem Vertrauten in der Sache gemacht,<lb/>
und mir den Jammer, wenn er die Forderungen<lb/>
des Ma&#x0364;dchens nicht erfu&#x0364;llen ko&#x0364;nnte, aufs lebhafte&#x017F;te<lb/>
ge&#x017F;childert. Nach meiner Denkungsart, wo nichts,<lb/>
was andere betraf, mich ru&#x0364;hrte, ha&#x0364;tte mir &#x017F;ein<lb/>
Kummer eigentlich gleichgu&#x0364;ltig &#x017F;ein, ja ich ha&#x0364;tte<lb/>
mich vielmehr daru&#x0364;ber freuen und der er&#x017F;te &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;ollen, der es ausgebreitet ha&#x0364;tte. Allein Pelz be&#x017F;<lb/>
nun einmal meine Gun&#x017F;t, ich wollte ihn nicht gern<lb/>
entbehren, welches, wie er ver&#x017F;icherte, doch erfol-<lb/>
gen wu&#x0364;rde, weil er &#x017F;ich auf und davon machte,<lb/>
wenn es an den Tag ka&#x0364;me. Dadurch nun wa&#x0364;re ich<lb/>
um meinen Gehu&#x0364;lfen geheimer Freuden gekommen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">welche</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0175] nicht dazu kommen konnte, etwas bei Seite zu legen. Nun aber trat ein Umſtand ein, der es haupt- ſaͤchlich noͤthig machte, daß er auf eine anſehnliche Summe Geld dachte. Wider ſeinen Willen war ein Maͤdchen im Dorfe durch ihn dem Mutter- ſtande nahe gekommen, und wußte auf keinen an- dern zu bekennen. Seine Angſt, ſeit ſie ihm die- ſen fatalen Umſtand bekannt gemacht hatte, war unausſprechlich, er bath ſie himmelhoch, es zu ver- ſchweigen, und lieber das Dorf zu meiden. Dazu war ſie bereit, nur mußte Geld ſein, die Wochen zu halten und das Kind unterzubringen. Pelz hatte mich zu ſeinem Vertrauten in der Sache gemacht, und mir den Jammer, wenn er die Forderungen des Maͤdchens nicht erfuͤllen koͤnnte, aufs lebhafteſte geſchildert. Nach meiner Denkungsart, wo nichts, was andere betraf, mich ruͤhrte, haͤtte mir ſein Kummer eigentlich gleichguͤltig ſein, ja ich haͤtte mich vielmehr daruͤber freuen und der erſte ſein ſollen, der es ausgebreitet haͤtte. Allein Pelz beſaß nun einmal meine Gunſt, ich wollte ihn nicht gern entbehren, welches, wie er verſicherte, doch erfol- gen wuͤrde, weil er ſich auf und davon machte, wenn es an den Tag kaͤme. Dadurch nun waͤre ich um meinen Gehuͤlfen geheimer Freuden gekommen, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/175
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/175>, abgerufen am 16.05.2024.