Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ihn auszuüben gewonnen hätte. Dies ließ sie denen,
die das Glück hatten ihre Unterthanen zu sein, mit
Nachdruck empfinden, gewiß hatten sie noch keine
Herrschaft gehabt, die ihnen so aufmerksam Respekt
gelehrt, und sie so von oben herab behandelt hätte.
Sie machte zugleich die strengste Gerichtsfrau, und
gab überhaupt in allen Stücken zu erkennen, daß
sie solches Volk der Milderung ihres Schicksals,
wo das etwa nöthig gewesen wäre, der Schonung
und Nachsicht nicht werth achtete. Der Gerichts-
halter hatte sonst für streng gegolten, jetzt aber war
er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun,
um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß diese
Leute auch Menschen wären und ihre Rechte
hätten.

Demnach kam es bald dahin, daß sie von allen
Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt
wurde, daß es beständig Streitigkeiten gab, und
es zuweilen zu Zänkereien zwischen ihnen und ihrer
Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Würde
vergaß, und sich wie weiland Frau Suschen, oder
vielmehr so betrug, wie sie es von dem lermendsten
Grenadierweibe in ihrer Jugend gehört hatte, sie
bewies dann, wie immer, daß sie sich die Stärke
der Ausdrücke einer solchen Frau bei Gelegenheit ei-
nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte.

Eben

ihn auszuuͤben gewonnen haͤtte. Dies ließ ſie denen,
die das Gluͤck hatten ihre Unterthanen zu ſein, mit
Nachdruck empfinden, gewiß hatten ſie noch keine
Herrſchaft gehabt, die ihnen ſo aufmerkſam Reſpekt
gelehrt, und ſie ſo von oben herab behandelt haͤtte.
Sie machte zugleich die ſtrengſte Gerichtsfrau, und
gab uͤberhaupt in allen Stuͤcken zu erkennen, daß
ſie ſolches Volk der Milderung ihres Schickſals,
wo das etwa noͤthig geweſen waͤre, der Schonung
und Nachſicht nicht werth achtete. Der Gerichts-
halter hatte ſonſt fuͤr ſtreng gegolten, jetzt aber war
er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun,
um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß dieſe
Leute auch Menſchen waͤren und ihre Rechte
haͤtten.

Demnach kam es bald dahin, daß ſie von allen
Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt
wurde, daß es beſtaͤndig Streitigkeiten gab, und
es zuweilen zu Zaͤnkereien zwiſchen ihnen und ihrer
Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Wuͤrde
vergaß, und ſich wie weiland Frau Suschen, oder
vielmehr ſo betrug, wie ſie es von dem lermendſten
Grenadierweibe in ihrer Jugend gehoͤrt hatte, ſie
bewies dann, wie immer, daß ſie ſich die Staͤrke
der Ausdruͤcke einer ſolchen Frau bei Gelegenheit ei-
nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte.

Eben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="185"/>
ihn auszuu&#x0364;ben gewonnen ha&#x0364;tte. Dies ließ &#x017F;ie denen,<lb/>
die das Glu&#x0364;ck hatten ihre Unterthanen zu &#x017F;ein, mit<lb/>
Nachdruck empfinden, gewiß hatten &#x017F;ie noch keine<lb/>
Herr&#x017F;chaft gehabt, die ihnen &#x017F;o aufmerk&#x017F;am Re&#x017F;pekt<lb/>
gelehrt, und &#x017F;ie &#x017F;o von oben herab behandelt ha&#x0364;tte.<lb/>
Sie machte zugleich die &#x017F;treng&#x017F;te Gerichtsfrau, und<lb/>
gab u&#x0364;berhaupt in allen Stu&#x0364;cken zu erkennen, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;olches Volk der Milderung ihres Schick&#x017F;als,<lb/>
wo das etwa no&#x0364;thig gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, der Schonung<lb/>
und Nach&#x017F;icht nicht werth achtete. Der Gerichts-<lb/>
halter hatte &#x017F;on&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;treng gegolten, jetzt aber war<lb/>
er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun,<lb/>
um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß die&#x017F;e<lb/>
Leute auch Men&#x017F;chen wa&#x0364;ren und ihre Rechte<lb/>
ha&#x0364;tten.</p><lb/>
        <p>Demnach kam es bald dahin, daß &#x017F;ie von allen<lb/>
Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt<lb/>
wurde, daß es be&#x017F;ta&#x0364;ndig Streitigkeiten gab, und<lb/>
es zuweilen zu Za&#x0364;nkereien zwi&#x017F;chen ihnen und ihrer<lb/>
Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Wu&#x0364;rde<lb/>
vergaß, und &#x017F;ich wie weiland Frau Suschen, oder<lb/>
vielmehr &#x017F;o betrug, wie &#x017F;ie es von dem lermend&#x017F;ten<lb/>
Grenadierweibe in ihrer Jugend geho&#x0364;rt hatte, &#x017F;ie<lb/>
bewies dann, wie immer, daß &#x017F;ie &#x017F;ich die Sta&#x0364;rke<lb/>
der Ausdru&#x0364;cke einer &#x017F;olchen Frau bei Gelegenheit ei-<lb/>
nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Eben</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0189] ihn auszuuͤben gewonnen haͤtte. Dies ließ ſie denen, die das Gluͤck hatten ihre Unterthanen zu ſein, mit Nachdruck empfinden, gewiß hatten ſie noch keine Herrſchaft gehabt, die ihnen ſo aufmerkſam Reſpekt gelehrt, und ſie ſo von oben herab behandelt haͤtte. Sie machte zugleich die ſtrengſte Gerichtsfrau, und gab uͤberhaupt in allen Stuͤcken zu erkennen, daß ſie ſolches Volk der Milderung ihres Schickſals, wo das etwa noͤthig geweſen waͤre, der Schonung und Nachſicht nicht werth achtete. Der Gerichts- halter hatte ſonſt fuͤr ſtreng gegolten, jetzt aber war er der Bauern Schutz, und hatte vollauf zu thun, um der Gerichtsfrau begreiflich zu machen, daß dieſe Leute auch Menſchen waͤren und ihre Rechte haͤtten. Demnach kam es bald dahin, daß ſie von allen Bewohnern des Dorfes aus Herzensgrund gehaßt wurde, daß es beſtaͤndig Streitigkeiten gab, und es zuweilen zu Zaͤnkereien zwiſchen ihnen und ihrer Gebietherinn kam, bei welchen die letzte ihre Wuͤrde vergaß, und ſich wie weiland Frau Suschen, oder vielmehr ſo betrug, wie ſie es von dem lermendſten Grenadierweibe in ihrer Jugend gehoͤrt hatte, ſie bewies dann, wie immer, daß ſie ſich die Staͤrke der Ausdruͤcke einer ſolchen Frau bei Gelegenheit ei- nes Streits ganz zu eigen gemacht hatte. Eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/189
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/189>, abgerufen am 16.05.2024.