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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Daß bei so bewandten Umständen Nachbar
Reitmann für seinen Sohn schlechte Hoffnung hatte,
ist ganz einleuchtend, der junge Mann, welcher die
Oekonomie an mehrern Orten gelernt, und deshalb
bisher nicht zu Hause gewesen war, hatte sich ei-
nige Monate nach unserer Ankunft dort eingefun-
den, und war von seinem Vater bei uns vorgestellt
worden. Allein da war auch schon die Bekannt-
schaft mit Flatterfelden gemacht, also ward er nicht
sonderlich in Betrachtung gezogen, obwohl ihn eine
minder ehrliebende Frau dem Lieutenant vorgezogen
hätte, weil er verständig und gesetzt war, so wie er
auch recht gute Sitten besaß. Sein Vater ließ,
um des anscheinenden Vorzugs willen, den Lieute-
nant Flatterfeld genoß, die Hoffnung noch nicht fin-
ken; da er andere nach sich beurtheilte, so glaubte
er, meine Mutter werde von diesem flüchtigen Men-
schen zurückkommen, wenn sie erführe, daß er in
Schulden bis über die Ohren steckte; (welches er
ihr selbst nächstens nebst allen Beweisen der Wahr-
heit vor Augen legen wollte,) und dann werde sie
seinen Sohn, der doch ein ordentlicher Mensch
wäre, auch mit der Zeit von ihm etwas zu hoffen
hätte, gern vorziehen. Jn dieser Meinung nun
benahm er sich immer weg als traulicher Freund,
sendete oft Geschenke, und hat uns zu Gaste, wel-

ches

Daß bei ſo bewandten Umſtaͤnden Nachbar
Reitmann fuͤr ſeinen Sohn ſchlechte Hoffnung hatte,
iſt ganz einleuchtend, der junge Mann, welcher die
Oekonomie an mehrern Orten gelernt, und deshalb
bisher nicht zu Hauſe geweſen war, hatte ſich ei-
nige Monate nach unſerer Ankunft dort eingefun-
den, und war von ſeinem Vater bei uns vorgeſtellt
worden. Allein da war auch ſchon die Bekannt-
ſchaft mit Flatterfelden gemacht, alſo ward er nicht
ſonderlich in Betrachtung gezogen, obwohl ihn eine
minder ehrliebende Frau dem Lieutenant vorgezogen
haͤtte, weil er verſtaͤndig und geſetzt war, ſo wie er
auch recht gute Sitten beſaß. Sein Vater ließ,
um des anſcheinenden Vorzugs willen, den Lieute-
nant Flatterfeld genoß, die Hoffnung noch nicht fin-
ken; da er andere nach ſich beurtheilte, ſo glaubte
er, meine Mutter werde von dieſem fluͤchtigen Men-
ſchen zuruͤckkommen, wenn ſie erfuͤhre, daß er in
Schulden bis uͤber die Ohren ſteckte; (welches er
ihr ſelbſt naͤchſtens nebſt allen Beweiſen der Wahr-
heit vor Augen legen wollte,) und dann werde ſie
ſeinen Sohn, der doch ein ordentlicher Menſch
waͤre, auch mit der Zeit von ihm etwas zu hoffen
haͤtte, gern vorziehen. Jn dieſer Meinung nun
benahm er ſich immer weg als traulicher Freund,
ſendete oft Geſchenke, und hat uns zu Gaſte, wel-

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[191/0195] Daß bei ſo bewandten Umſtaͤnden Nachbar Reitmann fuͤr ſeinen Sohn ſchlechte Hoffnung hatte, iſt ganz einleuchtend, der junge Mann, welcher die Oekonomie an mehrern Orten gelernt, und deshalb bisher nicht zu Hauſe geweſen war, hatte ſich ei- nige Monate nach unſerer Ankunft dort eingefun- den, und war von ſeinem Vater bei uns vorgeſtellt worden. Allein da war auch ſchon die Bekannt- ſchaft mit Flatterfelden gemacht, alſo ward er nicht ſonderlich in Betrachtung gezogen, obwohl ihn eine minder ehrliebende Frau dem Lieutenant vorgezogen haͤtte, weil er verſtaͤndig und geſetzt war, ſo wie er auch recht gute Sitten beſaß. Sein Vater ließ, um des anſcheinenden Vorzugs willen, den Lieute- nant Flatterfeld genoß, die Hoffnung noch nicht fin- ken; da er andere nach ſich beurtheilte, ſo glaubte er, meine Mutter werde von dieſem fluͤchtigen Men- ſchen zuruͤckkommen, wenn ſie erfuͤhre, daß er in Schulden bis uͤber die Ohren ſteckte; (welches er ihr ſelbſt naͤchſtens nebſt allen Beweiſen der Wahr- heit vor Augen legen wollte,) und dann werde ſie ſeinen Sohn, der doch ein ordentlicher Menſch waͤre, auch mit der Zeit von ihm etwas zu hoffen haͤtte, gern vorziehen. Jn dieſer Meinung nun benahm er ſich immer weg als traulicher Freund, ſendete oft Geſchenke, und hat uns zu Gaſte, wel- ches

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/195>, abgerufen am 23.11.2024.