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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Flatterfeld war froh, damit abzukommen, er
lachte dazu, und weil er jetzt beschlossen hatte, ein
dem Scheine nach sehr eingezogenes und rechtliches
Leben zu führen, ohne sich darum gänzlich zu ent-
thieren, so gab er einst spät am Abend unvermuthet
einen Besuch incognito bei seiner verabschiedeten
Geliebten. Obwohl er eben so verborgen wieder
abreiste, als es kaum Tag war, war Madam
Schnitzer doch in der kurzen Zeit, die sie, um sich
zu verständigen, hatten, so vollkommen mit ihm
versöhnt, daß sie nun wenigstens auf ihn nicht mehr
zürnte, wogegen sie aber seiner künftigen Gemahlinn
und seiner Eltern, die ihn zu dieser Verbindung
zwängen, desto feindseliger gedachte.

Uebrigens war es jetzt, wie wir schon wissen,
der junge Reitmann, dem sie ihre schätzbare Patsch-
hand geben wollte; sie konnte nicht anders glauben,
als daß man sichs zur größten Ehre schätzen würde,
weil das gute Vernehmen zwischen ihr und diesem
Hause wieder hergestellt war. Dies erfolgte, als
der Lieutenant von Flatterfeld auf Urlaub abgereist
war, und das ohne erklärter Bräutigam meiner
Mutter zu sein. Vater Reitmann glaubte, nun
sei es die höchste Zeit, für seinen Sohn Heinrich
zu arbeiten, und das Eisen zu schmieden, weil Flat-
terfeld außen war; wie er denn sogleich anfangen

wollte,

Flatterfeld war froh, damit abzukommen, er
lachte dazu, und weil er jetzt beſchloſſen hatte, ein
dem Scheine nach ſehr eingezogenes und rechtliches
Leben zu fuͤhren, ohne ſich darum gaͤnzlich zu ent-
thieren, ſo gab er einſt ſpaͤt am Abend unvermuthet
einen Beſuch incognito bei ſeiner verabſchiedeten
Geliebten. Obwohl er eben ſo verborgen wieder
abreiſte, als es kaum Tag war, war Madam
Schnitzer doch in der kurzen Zeit, die ſie, um ſich
zu verſtaͤndigen, hatten, ſo vollkommen mit ihm
verſoͤhnt, daß ſie nun wenigſtens auf ihn nicht mehr
zuͤrnte, wogegen ſie aber ſeiner kuͤnftigen Gemahlinn
und ſeiner Eltern, die ihn zu dieſer Verbindung
zwaͤngen, deſto feindſeliger gedachte.

Uebrigens war es jetzt, wie wir ſchon wiſſen,
der junge Reitmann, dem ſie ihre ſchaͤtzbare Patſch-
hand geben wollte; ſie konnte nicht anders glauben,
als daß man ſichs zur groͤßten Ehre ſchaͤtzen wuͤrde,
weil das gute Vernehmen zwiſchen ihr und dieſem
Hauſe wieder hergeſtellt war. Dies erfolgte, als
der Lieutenant von Flatterfeld auf Urlaub abgereiſt
war, und das ohne erklaͤrter Braͤutigam meiner
Mutter zu ſein. Vater Reitmann glaubte, nun
ſei es die hoͤchſte Zeit, fuͤr ſeinen Sohn Heinrich
zu arbeiten, und das Eiſen zu ſchmieden, weil Flat-
terfeld außen war; wie er denn ſogleich anfangen

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[204/0208] Flatterfeld war froh, damit abzukommen, er lachte dazu, und weil er jetzt beſchloſſen hatte, ein dem Scheine nach ſehr eingezogenes und rechtliches Leben zu fuͤhren, ohne ſich darum gaͤnzlich zu ent- thieren, ſo gab er einſt ſpaͤt am Abend unvermuthet einen Beſuch incognito bei ſeiner verabſchiedeten Geliebten. Obwohl er eben ſo verborgen wieder abreiſte, als es kaum Tag war, war Madam Schnitzer doch in der kurzen Zeit, die ſie, um ſich zu verſtaͤndigen, hatten, ſo vollkommen mit ihm verſoͤhnt, daß ſie nun wenigſtens auf ihn nicht mehr zuͤrnte, wogegen ſie aber ſeiner kuͤnftigen Gemahlinn und ſeiner Eltern, die ihn zu dieſer Verbindung zwaͤngen, deſto feindſeliger gedachte. Uebrigens war es jetzt, wie wir ſchon wiſſen, der junge Reitmann, dem ſie ihre ſchaͤtzbare Patſch- hand geben wollte; ſie konnte nicht anders glauben, als daß man ſichs zur groͤßten Ehre ſchaͤtzen wuͤrde, weil das gute Vernehmen zwiſchen ihr und dieſem Hauſe wieder hergeſtellt war. Dies erfolgte, als der Lieutenant von Flatterfeld auf Urlaub abgereiſt war, und das ohne erklaͤrter Braͤutigam meiner Mutter zu ſein. Vater Reitmann glaubte, nun ſei es die hoͤchſte Zeit, fuͤr ſeinen Sohn Heinrich zu arbeiten, und das Eiſen zu ſchmieden, weil Flat- terfeld außen war; wie er denn ſogleich anfangen wollte,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/208>, abgerufen am 15.05.2024.