Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht mit dem Feinde zu thun hätte, nicht wild
und hart, sondern ein freundliches, gefälliges Mit-
glied der Gesellschaft sein müßte. Hiernächst schätzte
er seine Ruhe über alles, und ärgerte sich nicht
gern; mit diesen Eigenschaften hätte er sich ent-
weder bei seinem Freund nicht sonderlich bedankt,
ihm zu dem Besitz einer Heroine geholfen zu haben,
oder er hätte sich Bequemlichkeit, Ruhe und gute
Tage durch Schweigen und Nachgeben bei ihr er-
kauft, und wäre dann doch nicht unglücklich gewe-
sen; doch das Schicksal wollte nicht, daß er würk-
lich den Versuch machen sollte.

Einige Tage nach dem erwähnten Besuch kam
der fröhliche Obristlieutenant abermals bei uns an,
um etliche Tage bei seiner Braut zuzubringen, wäh-
rend welcher die Verlobung sein sollte. Zu diesem
Fest waren alle Bekannte von Bedeutung des Bräu-
tigams und der Braut eingeladen; Madam Sus-
chen hatte das ihren Nachbarn zum Possen so ver-
anstaltet, man solle es im ganzen Kreis erfahren,
welch eine prachtvolle Fete bei ihrer Verlobung mit
einem Mann von Stand und Rang vorgefallen
wäre, weshalb auch Tafelmusik mit Trompeten und
Pauken, und Abends ein Ball sein sollte.

Jch freute mich ausnehmend auf dieses Fest,
und war überhaupt mit meinem künftigen Papa

auf

nicht mit dem Feinde zu thun haͤtte, nicht wild
und hart, ſondern ein freundliches, gefaͤlliges Mit-
glied der Geſellſchaft ſein muͤßte. Hiernaͤchſt ſchaͤtzte
er ſeine Ruhe uͤber alles, und aͤrgerte ſich nicht
gern; mit dieſen Eigenſchaften haͤtte er ſich ent-
weder bei ſeinem Freund nicht ſonderlich bedankt,
ihm zu dem Beſitz einer Heroine geholfen zu haben,
oder er haͤtte ſich Bequemlichkeit, Ruhe und gute
Tage durch Schweigen und Nachgeben bei ihr er-
kauft, und waͤre dann doch nicht ungluͤcklich gewe-
ſen; doch das Schickſal wollte nicht, daß er wuͤrk-
lich den Verſuch machen ſollte.

Einige Tage nach dem erwaͤhnten Beſuch kam
der froͤhliche Obriſtlieutenant abermals bei uns an,
um etliche Tage bei ſeiner Braut zuzubringen, waͤh-
rend welcher die Verlobung ſein ſollte. Zu dieſem
Feſt waren alle Bekannte von Bedeutung des Braͤu-
tigams und der Braut eingeladen; Madam Sus-
chen hatte das ihren Nachbarn zum Poſſen ſo ver-
anſtaltet, man ſolle es im ganzen Kreis erfahren,
welch eine prachtvolle Fete bei ihrer Verlobung mit
einem Mann von Stand und Rang vorgefallen
waͤre, weshalb auch Tafelmuſik mit Trompeten und
Pauken, und Abends ein Ball ſein ſollte.

Jch freute mich ausnehmend auf dieſes Feſt,
und war uͤberhaupt mit meinem kuͤnftigen Papa

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="216"/>
nicht mit dem Feinde zu thun ha&#x0364;tte, nicht wild<lb/>
und hart, &#x017F;ondern ein freundliches, gefa&#x0364;lliges Mit-<lb/>
glied der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;ein mu&#x0364;ßte. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;tzte<lb/>
er &#x017F;eine Ruhe u&#x0364;ber alles, und a&#x0364;rgerte &#x017F;ich nicht<lb/>
gern; mit die&#x017F;en Eigen&#x017F;chaften ha&#x0364;tte er &#x017F;ich ent-<lb/>
weder bei &#x017F;einem Freund nicht &#x017F;onderlich bedankt,<lb/>
ihm zu dem Be&#x017F;itz einer Heroine geholfen zu haben,<lb/>
oder er ha&#x0364;tte &#x017F;ich Bequemlichkeit, Ruhe und gute<lb/>
Tage durch Schweigen und Nachgeben bei ihr er-<lb/>
kauft, und wa&#x0364;re dann doch nicht unglu&#x0364;cklich gewe-<lb/>
&#x017F;en; doch das Schick&#x017F;al wollte nicht, daß er wu&#x0364;rk-<lb/>
lich den Ver&#x017F;uch machen &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Einige Tage nach dem erwa&#x0364;hnten Be&#x017F;uch kam<lb/>
der fro&#x0364;hliche Obri&#x017F;tlieutenant abermals bei uns an,<lb/>
um etliche Tage bei &#x017F;einer Braut zuzubringen, wa&#x0364;h-<lb/>
rend welcher die Verlobung &#x017F;ein &#x017F;ollte. Zu die&#x017F;em<lb/>
Fe&#x017F;t waren alle Bekannte von Bedeutung des Bra&#x0364;u-<lb/>
tigams und der Braut eingeladen; Madam Sus-<lb/>
chen hatte das ihren Nachbarn zum Po&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o ver-<lb/>
an&#x017F;taltet, man &#x017F;olle es im ganzen Kreis erfahren,<lb/>
welch eine prachtvolle Fete bei ihrer Verlobung mit<lb/>
einem Mann von Stand und Rang vorgefallen<lb/>
wa&#x0364;re, weshalb auch Tafelmu&#x017F;ik mit Trompeten und<lb/>
Pauken, und Abends ein Ball &#x017F;ein &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Jch freute mich ausnehmend auf die&#x017F;es Fe&#x017F;t,<lb/>
und war u&#x0364;berhaupt mit meinem ku&#x0364;nftigen Papa<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0220] nicht mit dem Feinde zu thun haͤtte, nicht wild und hart, ſondern ein freundliches, gefaͤlliges Mit- glied der Geſellſchaft ſein muͤßte. Hiernaͤchſt ſchaͤtzte er ſeine Ruhe uͤber alles, und aͤrgerte ſich nicht gern; mit dieſen Eigenſchaften haͤtte er ſich ent- weder bei ſeinem Freund nicht ſonderlich bedankt, ihm zu dem Beſitz einer Heroine geholfen zu haben, oder er haͤtte ſich Bequemlichkeit, Ruhe und gute Tage durch Schweigen und Nachgeben bei ihr er- kauft, und waͤre dann doch nicht ungluͤcklich gewe- ſen; doch das Schickſal wollte nicht, daß er wuͤrk- lich den Verſuch machen ſollte. Einige Tage nach dem erwaͤhnten Beſuch kam der froͤhliche Obriſtlieutenant abermals bei uns an, um etliche Tage bei ſeiner Braut zuzubringen, waͤh- rend welcher die Verlobung ſein ſollte. Zu dieſem Feſt waren alle Bekannte von Bedeutung des Braͤu- tigams und der Braut eingeladen; Madam Sus- chen hatte das ihren Nachbarn zum Poſſen ſo ver- anſtaltet, man ſolle es im ganzen Kreis erfahren, welch eine prachtvolle Fete bei ihrer Verlobung mit einem Mann von Stand und Rang vorgefallen waͤre, weshalb auch Tafelmuſik mit Trompeten und Pauken, und Abends ein Ball ſein ſollte. Jch freute mich ausnehmend auf dieſes Feſt, und war uͤberhaupt mit meinem kuͤnftigen Papa auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/220
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/220>, abgerufen am 21.11.2024.