Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.Wo hat denn auch der Narr gesteckt, ohne ein Wort von sich hören zu lassen? Jch habe lange genug auf ihn gehofft. Hätte ich das wissen können! er wäre mir ja funfzigmal lieber gewesen wie der Obristlieutenant -- wie denn auch seine Umstände sein mögen, ob er auch alles verspielt hat? -- Das mag wohl sein, und da hätte er gar nichts, der Obristlieutenant aber hat doch eine Pension -- allein was hilft mir das, da er so alt, häßlich, einärmig ist, Treff ist doch noch ziemlich jung, ist gesund und gerade, wir kennen uns schon lange -- Frau Obristlieutenantinn klingt wohl hübsch, doch Frau Baroninn auch -- nein, ich ärgre mich doch, und es wird wohl nicht mehr zu ändern sein, wäre ich nur nicht so rasch gewesen! Madam Suschen verdarb sich so fast die ganze Nacht mit dergleichen Zweifeln und mit Reue; Treff konnte auch zu keinem Entschluß kommen, wie er nun seine ehemalige treue Freundinn, bei der er Zuflucht und Aufnahme zu finden hoffte, benutzen sollte. Hier gab es keinen Gasthof, wo er sich ein- nisten konnte, auch ließ sich nicht hoffen, daß der Obristlieutenant so gutmüthig wie Schnitzer sein werde; die Anmerkung, der rechte Arm des alten Helden sei noch zu brauchen, womit er meiner Mutter eine Warnung geben wollte, fand er für sich P 2
Wo hat denn auch der Narr geſteckt, ohne ein Wort von ſich hoͤren zu laſſen? Jch habe lange genug auf ihn gehofft. Haͤtte ich das wiſſen koͤnnen! er waͤre mir ja funfzigmal lieber geweſen wie der Obriſtlieutenant — wie denn auch ſeine Umſtaͤnde ſein moͤgen, ob er auch alles verſpielt hat? — Das mag wohl ſein, und da haͤtte er gar nichts, der Obriſtlieutenant aber hat doch eine Penſion — allein was hilft mir das, da er ſo alt, haͤßlich, einaͤrmig iſt, Treff iſt doch noch ziemlich jung, iſt geſund und gerade, wir kennen uns ſchon lange — Frau Obriſtlieutenantinn klingt wohl huͤbſch, doch Frau Baroninn auch — nein, ich aͤrgre mich doch, und es wird wohl nicht mehr zu aͤndern ſein, waͤre ich nur nicht ſo raſch geweſen! Madam Suschen verdarb ſich ſo faſt die ganze Nacht mit dergleichen Zweifeln und mit Reue; Treff konnte auch zu keinem Entſchluß kommen, wie er nun ſeine ehemalige treue Freundinn, bei der er Zuflucht und Aufnahme zu finden hoffte, benutzen ſollte. Hier gab es keinen Gaſthof, wo er ſich ein- niſten konnte, auch ließ ſich nicht hoffen, daß der Obriſtlieutenant ſo gutmuͤthig wie Schnitzer ſein werde; die Anmerkung, der rechte Arm des alten Helden ſei noch zu brauchen, womit er meiner Mutter eine Warnung geben wollte, fand er fuͤr ſich P 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#TRE"> <pb facs="#f0231" n="227"/> <p>Wo hat denn auch der Narr geſteckt, ohne<lb/> ein Wort von ſich hoͤren zu laſſen? Jch habe lange<lb/> genug auf ihn gehofft. Haͤtte ich das wiſſen koͤnnen!<lb/> er waͤre mir ja funfzigmal lieber geweſen wie der<lb/> Obriſtlieutenant — wie denn auch ſeine Umſtaͤnde<lb/> ſein moͤgen, ob er auch alles verſpielt hat? — Das<lb/> mag wohl ſein, und da haͤtte er gar nichts, der<lb/> Obriſtlieutenant aber hat doch eine Penſion —<lb/> allein was hilft mir das, da er ſo alt, haͤßlich,<lb/> einaͤrmig iſt, Treff iſt doch noch ziemlich jung, iſt<lb/> geſund und gerade, wir kennen uns ſchon lange —<lb/> Frau Obriſtlieutenantinn klingt wohl huͤbſch, doch<lb/> Frau Baroninn auch — nein, ich aͤrgre mich doch,<lb/> und es wird wohl nicht mehr zu aͤndern ſein, waͤre<lb/> ich nur nicht ſo raſch geweſen!</p><lb/> <p>Madam Suschen verdarb ſich ſo faſt die ganze<lb/> Nacht mit dergleichen Zweifeln und mit Reue;<lb/> Treff konnte auch zu keinem Entſchluß kommen,<lb/> wie er nun ſeine ehemalige treue Freundinn, bei der<lb/> er Zuflucht und Aufnahme zu finden hoffte, benutzen<lb/> ſollte. Hier gab es keinen Gaſthof, wo er ſich ein-<lb/> niſten konnte, auch ließ ſich nicht hoffen, daß der<lb/> Obriſtlieutenant ſo gutmuͤthig wie Schnitzer ſein<lb/> werde; die Anmerkung, der rechte Arm des alten<lb/> Helden ſei noch zu brauchen, womit er meiner<lb/> Mutter eine Warnung geben wollte, fand er fuͤr<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ſich</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [227/0231]
Wo hat denn auch der Narr geſteckt, ohne
ein Wort von ſich hoͤren zu laſſen? Jch habe lange
genug auf ihn gehofft. Haͤtte ich das wiſſen koͤnnen!
er waͤre mir ja funfzigmal lieber geweſen wie der
Obriſtlieutenant — wie denn auch ſeine Umſtaͤnde
ſein moͤgen, ob er auch alles verſpielt hat? — Das
mag wohl ſein, und da haͤtte er gar nichts, der
Obriſtlieutenant aber hat doch eine Penſion —
allein was hilft mir das, da er ſo alt, haͤßlich,
einaͤrmig iſt, Treff iſt doch noch ziemlich jung, iſt
geſund und gerade, wir kennen uns ſchon lange —
Frau Obriſtlieutenantinn klingt wohl huͤbſch, doch
Frau Baroninn auch — nein, ich aͤrgre mich doch,
und es wird wohl nicht mehr zu aͤndern ſein, waͤre
ich nur nicht ſo raſch geweſen!
Madam Suschen verdarb ſich ſo faſt die ganze
Nacht mit dergleichen Zweifeln und mit Reue;
Treff konnte auch zu keinem Entſchluß kommen,
wie er nun ſeine ehemalige treue Freundinn, bei der
er Zuflucht und Aufnahme zu finden hoffte, benutzen
ſollte. Hier gab es keinen Gaſthof, wo er ſich ein-
niſten konnte, auch ließ ſich nicht hoffen, daß der
Obriſtlieutenant ſo gutmuͤthig wie Schnitzer ſein
werde; die Anmerkung, der rechte Arm des alten
Helden ſei noch zu brauchen, womit er meiner
Mutter eine Warnung geben wollte, fand er fuͤr
ſich
P 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |