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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Gern hätte ich meine Neigung zu peinigen bei
einigen der Schullehrer selbst befriediget, sie gaben
allerdings Stoff genug dazu, auch war ich, wenn
andere sie zum besten hatten, nicht sparsam mit
meinem Beitrag; allein die Furcht vor meinem
Stiefvater, welcher von allem, was ich that, genau
unterrichtet sein wollte, und es erklärt hatte, daß
er mich für jede Büberei tüchtig gezüchtigt wissen,
auch mich selbst züchtigen wollte, hielt mich immer
vom schlimmsten ab; ich erlaubte mir nichts, wo-
von ich wußte, daß sichs nicht zum übersehn quali-
ficirte; Räthelsführer, bestimmter Thäter einer ganz
ruchlosen Handlung wollte ich nicht sein. Es ge-
hörte zu meinem Plan, Lob von denen zu behalten,
auf deren Zeugniß mein gutes Vernehmen mit dem
Stiefvater ankam, damit er ja nicht den Einfall be-
kommen möchte, mich noch kürzer zu halten und in
genauere Aufsicht zu geben. Auf diese Art konnte
ich der Freuden im Stillen viel genießen, welche
mir Frau Elfenbein verheimlichen half. Es gab
dergleichen Freuden so manche, die sie sich still-
schweigend notirte, um sie im Fall der Noth gegen
mich und meine Mutter anzuwenden, auch war sie,
wenn ich sie irgend beleidigte, oder ihre Wünsche
nicht erfüllen wollte, augenblicklich mit Drohungen
bei der Hand; hingegen gab sie mir öffentlich und

auch

Gern haͤtte ich meine Neigung zu peinigen bei
einigen der Schullehrer ſelbſt befriediget, ſie gaben
allerdings Stoff genug dazu, auch war ich, wenn
andere ſie zum beſten hatten, nicht ſparſam mit
meinem Beitrag; allein die Furcht vor meinem
Stiefvater, welcher von allem, was ich that, genau
unterrichtet ſein wollte, und es erklaͤrt hatte, daß
er mich fuͤr jede Buͤberei tuͤchtig gezuͤchtigt wiſſen,
auch mich ſelbſt zuͤchtigen wollte, hielt mich immer
vom ſchlimmſten ab; ich erlaubte mir nichts, wo-
von ich wußte, daß ſichs nicht zum uͤberſehn quali-
ficirte; Raͤthelsfuͤhrer, beſtimmter Thaͤter einer ganz
ruchloſen Handlung wollte ich nicht ſein. Es ge-
hoͤrte zu meinem Plan, Lob von denen zu behalten,
auf deren Zeugniß mein gutes Vernehmen mit dem
Stiefvater ankam, damit er ja nicht den Einfall be-
kommen moͤchte, mich noch kuͤrzer zu halten und in
genauere Aufſicht zu geben. Auf dieſe Art konnte
ich der Freuden im Stillen viel genießen, welche
mir Frau Elfenbein verheimlichen half. Es gab
dergleichen Freuden ſo manche, die ſie ſich ſtill-
ſchweigend notirte, um ſie im Fall der Noth gegen
mich und meine Mutter anzuwenden, auch war ſie,
wenn ich ſie irgend beleidigte, oder ihre Wuͤnſche
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[253/0257] Gern haͤtte ich meine Neigung zu peinigen bei einigen der Schullehrer ſelbſt befriediget, ſie gaben allerdings Stoff genug dazu, auch war ich, wenn andere ſie zum beſten hatten, nicht ſparſam mit meinem Beitrag; allein die Furcht vor meinem Stiefvater, welcher von allem, was ich that, genau unterrichtet ſein wollte, und es erklaͤrt hatte, daß er mich fuͤr jede Buͤberei tuͤchtig gezuͤchtigt wiſſen, auch mich ſelbſt zuͤchtigen wollte, hielt mich immer vom ſchlimmſten ab; ich erlaubte mir nichts, wo- von ich wußte, daß ſichs nicht zum uͤberſehn quali- ficirte; Raͤthelsfuͤhrer, beſtimmter Thaͤter einer ganz ruchloſen Handlung wollte ich nicht ſein. Es ge- hoͤrte zu meinem Plan, Lob von denen zu behalten, auf deren Zeugniß mein gutes Vernehmen mit dem Stiefvater ankam, damit er ja nicht den Einfall be- kommen moͤchte, mich noch kuͤrzer zu halten und in genauere Aufſicht zu geben. Auf dieſe Art konnte ich der Freuden im Stillen viel genießen, welche mir Frau Elfenbein verheimlichen half. Es gab dergleichen Freuden ſo manche, die ſie ſich ſtill- ſchweigend notirte, um ſie im Fall der Noth gegen mich und meine Mutter anzuwenden, auch war ſie, wenn ich ſie irgend beleidigte, oder ihre Wuͤnſche nicht erfuͤllen wollte, augenblicklich mit Drohungen bei der Hand; hingegen gab ſie mir oͤffentlich und auch

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/257>, abgerufen am 22.11.2024.