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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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stark zu genießen, daß Schmerz und gänzliche Ent-
behrung darauf folgen mußte, auch ärgerte mich die
blasse Gesichtsfarbe und das kränkliche Ansehn, wel-
ches ich auch nach der Genesung behielt.

Eben um diese Zeit kam, wie gerufen, Magi-
ster Confuselius an, und auf der Stelle beschloß ich,
ihn bei mir zu behalten, damit ich, was ich von den
geheimen Vergnügungen, welche mir eine Krankheit
zugezogen hatten, abbrechen wollte, durch Zeitver-
treib mit ihm wieder gewinnen möchte. Er war
herzlich froh, da ich ihm vorschlug, mit in meiner
Stube zu logiren, und ihm auch freie Kost ver-
sprach, denn schon war es fast drei Jahr, daß sich
der ehrliche Mann wieder ganz im Bloßen befand.
Mein Stiefvater hatte ihn nur noch einige Mo-
nate im Hause geduldet, dann war er ihn überdrüs-
sig, und da auch meine Mutter ihn für einen un-
nützen Brodfresser erklärte, so konnte er wandern
wohin er wollte.

Jch habe nie recht erfahren können, was er
die ganze Zeit über bis zu seiner Ankunft bei mir,
vorgenommen hatte, um essen, trinken und im
Trocknen schlafen zu können. Anfangs hatte er
noch etwas an Baarschaft, welche er bei uns gesam-
melt hatte, nach der Zeit war er, wie ich durch
Bruchstücke seiner Geschichte erfuhr, die er dann

und

ſtark zu genießen, daß Schmerz und gaͤnzliche Ent-
behrung darauf folgen mußte, auch aͤrgerte mich die
blaſſe Geſichtsfarbe und das kraͤnkliche Anſehn, wel-
ches ich auch nach der Geneſung behielt.

Eben um dieſe Zeit kam, wie gerufen, Magi-
ſter Confuſelius an, und auf der Stelle beſchloß ich,
ihn bei mir zu behalten, damit ich, was ich von den
geheimen Vergnuͤgungen, welche mir eine Krankheit
zugezogen hatten, abbrechen wollte, durch Zeitver-
treib mit ihm wieder gewinnen moͤchte. Er war
herzlich froh, da ich ihm vorſchlug, mit in meiner
Stube zu logiren, und ihm auch freie Koſt ver-
ſprach, denn ſchon war es faſt drei Jahr, daß ſich
der ehrliche Mann wieder ganz im Bloßen befand.
Mein Stiefvater hatte ihn nur noch einige Mo-
nate im Hauſe geduldet, dann war er ihn uͤberdruͤs-
ſig, und da auch meine Mutter ihn fuͤr einen un-
nuͤtzen Brodfreſſer erklaͤrte, ſo konnte er wandern
wohin er wollte.

Jch habe nie recht erfahren koͤnnen, was er
die ganze Zeit uͤber bis zu ſeiner Ankunft bei mir,
vorgenommen hatte, um eſſen, trinken und im
Trocknen ſchlafen zu koͤnnen. Anfangs hatte er
noch etwas an Baarſchaft, welche er bei uns geſam-
melt hatte, nach der Zeit war er, wie ich durch
Bruchſtuͤcke ſeiner Geſchichte erfuhr, die er dann

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[256/0260] ſtark zu genießen, daß Schmerz und gaͤnzliche Ent- behrung darauf folgen mußte, auch aͤrgerte mich die blaſſe Geſichtsfarbe und das kraͤnkliche Anſehn, wel- ches ich auch nach der Geneſung behielt. Eben um dieſe Zeit kam, wie gerufen, Magi- ſter Confuſelius an, und auf der Stelle beſchloß ich, ihn bei mir zu behalten, damit ich, was ich von den geheimen Vergnuͤgungen, welche mir eine Krankheit zugezogen hatten, abbrechen wollte, durch Zeitver- treib mit ihm wieder gewinnen moͤchte. Er war herzlich froh, da ich ihm vorſchlug, mit in meiner Stube zu logiren, und ihm auch freie Koſt ver- ſprach, denn ſchon war es faſt drei Jahr, daß ſich der ehrliche Mann wieder ganz im Bloßen befand. Mein Stiefvater hatte ihn nur noch einige Mo- nate im Hauſe geduldet, dann war er ihn uͤberdruͤs- ſig, und da auch meine Mutter ihn fuͤr einen un- nuͤtzen Brodfreſſer erklaͤrte, ſo konnte er wandern wohin er wollte. Jch habe nie recht erfahren koͤnnen, was er die ganze Zeit uͤber bis zu ſeiner Ankunft bei mir, vorgenommen hatte, um eſſen, trinken und im Trocknen ſchlafen zu koͤnnen. Anfangs hatte er noch etwas an Baarſchaft, welche er bei uns geſam- melt hatte, nach der Zeit war er, wie ich durch Bruchſtuͤcke ſeiner Geſchichte erfuhr, die er dann und

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/260>, abgerufen am 22.11.2024.