Haben Sie gehört? fragte mich der Magister mit bebender Stimme -- ich that eben so betrof- fen als er, aber weniger furchtsam, und so antwor- tete ich: ja, ich habe gehört und staune! O, daß dieser große Ruf an mich ergangen wäre! Kaum hatte ich dies gesagt, als die Stimme die Einla- dung wiederholte; der Ton, mit dem sie sprach, war zwar hohl, aber sanft, er ward immer sanfter, beim drittenmal ward er ganz schmeichelnd und bittend.
Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber- legungen hin, ich stimmte die Art, mit dem Ma- gister zu sprechen, ganz um, behandelte ihn mit Ehrfurcht, und bat seine Freunde, die Geister doch auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll- kommen mit ihnen sein würde, gern wollte ich ihn für meinen Herrn und Meister erkennen, und im- mer sein gelehriger Schüler bleiben. Schon zufrie- den, daß ich die Geheimnisse, welche er erfahren würde, erst dann erführe, wenn er es etwa für gut befinden sollte, einmal die Welt zu verlassen, welche Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit entfernt lassen möchte!
Confuselius fühlte sich von dieser Sprache um so mehr geschmeichelt, da sie ihm von mir neu war, er wußte sich aber darein zu finden, setzte sich so-
gleich
R 4
Haben Sie gehoͤrt? fragte mich der Magiſter mit bebender Stimme — ich that eben ſo betrof- fen als er, aber weniger furchtſam, und ſo antwor- tete ich: ja, ich habe gehoͤrt und ſtaune! O, daß dieſer große Ruf an mich ergangen waͤre! Kaum hatte ich dies geſagt, als die Stimme die Einla- dung wiederholte; der Ton, mit dem ſie ſprach, war zwar hohl, aber ſanft, er ward immer ſanfter, beim drittenmal ward er ganz ſchmeichelnd und bittend.
Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber- legungen hin, ich ſtimmte die Art, mit dem Ma- giſter zu ſprechen, ganz um, behandelte ihn mit Ehrfurcht, und bat ſeine Freunde, die Geiſter doch auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll- kommen mit ihnen ſein wuͤrde, gern wollte ich ihn fuͤr meinen Herrn und Meiſter erkennen, und im- mer ſein gelehriger Schuͤler bleiben. Schon zufrie- den, daß ich die Geheimniſſe, welche er erfahren wuͤrde, erſt dann erfuͤhre, wenn er es etwa fuͤr gut befinden ſollte, einmal die Welt zu verlaſſen, welche Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit entfernt laſſen moͤchte!
Confuſelius fuͤhlte ſich von dieſer Sprache um ſo mehr geſchmeichelt, da ſie ihm von mir neu war, er wußte ſich aber darein zu finden, ſetzte ſich ſo-
gleich
R 4
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0267"n="263"/><p>Haben Sie gehoͤrt? fragte mich der Magiſter<lb/>
mit bebender Stimme — ich that eben ſo betrof-<lb/>
fen als er, aber weniger furchtſam, und ſo antwor-<lb/>
tete ich: ja, ich habe gehoͤrt und ſtaune! O, daß<lb/>
dieſer große Ruf an mich ergangen waͤre! Kaum<lb/>
hatte ich dies geſagt, als die Stimme die Einla-<lb/>
dung wiederholte; der Ton, mit dem ſie ſprach, war<lb/>
zwar hohl, aber ſanft, er ward immer ſanfter,<lb/>
beim drittenmal ward er ganz ſchmeichelnd und<lb/>
bittend.</p><lb/><p>Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber-<lb/>
legungen hin, ich ſtimmte die Art, mit dem Ma-<lb/>
giſter zu ſprechen, ganz um, behandelte ihn mit<lb/>
Ehrfurcht, und bat ſeine Freunde, die Geiſter doch<lb/>
auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll-<lb/>
kommen mit ihnen ſein wuͤrde, gern wollte ich ihn<lb/>
fuͤr meinen Herrn und Meiſter erkennen, und im-<lb/>
mer ſein gelehriger Schuͤler bleiben. Schon zufrie-<lb/>
den, daß ich die Geheimniſſe, welche er erfahren<lb/>
wuͤrde, erſt dann erfuͤhre, wenn er es etwa fuͤr gut<lb/>
befinden ſollte, einmal die Welt zu verlaſſen, welche<lb/>
Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit<lb/>
entfernt laſſen moͤchte!</p><lb/><p>Confuſelius fuͤhlte ſich von dieſer Sprache um<lb/>ſo mehr geſchmeichelt, da ſie ihm von mir neu war,<lb/>
er wußte ſich aber darein zu finden, ſetzte ſich ſo-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">gleich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[263/0267]
Haben Sie gehoͤrt? fragte mich der Magiſter
mit bebender Stimme — ich that eben ſo betrof-
fen als er, aber weniger furchtſam, und ſo antwor-
tete ich: ja, ich habe gehoͤrt und ſtaune! O, daß
dieſer große Ruf an mich ergangen waͤre! Kaum
hatte ich dies geſagt, als die Stimme die Einla-
dung wiederholte; der Ton, mit dem ſie ſprach, war
zwar hohl, aber ſanft, er ward immer ſanfter,
beim drittenmal ward er ganz ſchmeichelnd und
bittend.
Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber-
legungen hin, ich ſtimmte die Art, mit dem Ma-
giſter zu ſprechen, ganz um, behandelte ihn mit
Ehrfurcht, und bat ſeine Freunde, die Geiſter doch
auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll-
kommen mit ihnen ſein wuͤrde, gern wollte ich ihn
fuͤr meinen Herrn und Meiſter erkennen, und im-
mer ſein gelehriger Schuͤler bleiben. Schon zufrie-
den, daß ich die Geheimniſſe, welche er erfahren
wuͤrde, erſt dann erfuͤhre, wenn er es etwa fuͤr gut
befinden ſollte, einmal die Welt zu verlaſſen, welche
Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit
entfernt laſſen moͤchte!
Confuſelius fuͤhlte ſich von dieſer Sprache um
ſo mehr geſchmeichelt, da ſie ihm von mir neu war,
er wußte ſich aber darein zu finden, ſetzte ſich ſo-
gleich
R 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/267>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.