gleich ebenfalls auf einen andern Ton, versprach mir Schutz und Unterricht, wenn ich es mit meh- rerer Achtung, als ich ihm bisher bewiesen, verdie- nen würde, nannte mich du, und sagte gegen Mor- gen: jetzt laß mich ein wenig ruhen, mein Sohn, damit der Geist Kräfte sammeln möge, die hohen Wissenschaften, deren ich würdig geschätzt bin, so- gleich zu nehmen.
Diesem Vorsatz gemäß ward des Morgens die Arbeit vorgenommen; Confuselius schloß sich ein, sobald ich wegging, und fuhr so fort für sich allein zu studieren, ich selbst mußte zuweilen lange um Einlaß bitten, wenn ich nach Hause kam, er wies mich dann in pathetischem Ton mit den Worten ab: stöhre mich jetzt nicht, mein Sohn, es ist eben eine wichtige Minute. Jch ließ mir alles gefallen, und fuhr fort den Ehrerbiethigen zu machen, so wie der Magister immer mehr den Ton eines begeister- ten und meines zukünftigen Meisters annahm. Um ihn in seiner Einbildung zu erhalten, versah ich ihn heimlich mit Wein, den ich nur eben durch so viel Opium verstärkte als nöthig war, ihn zu betänben, und doch zugleich seine Einbildung zu erheben. Er versagte es nicht, sich dieses Hülfsmittels zu bedie- nen, indem er fand, daß der Rebenfast ein vor- treffliches Mittel sei, die Sinne des Körpers zu
öffnen,
gleich ebenfalls auf einen andern Ton, verſprach mir Schutz und Unterricht, wenn ich es mit meh- rerer Achtung, als ich ihm bisher bewieſen, verdie- nen wuͤrde, nannte mich du, und ſagte gegen Mor- gen: jetzt laß mich ein wenig ruhen, mein Sohn, damit der Geiſt Kraͤfte ſammeln moͤge, die hohen Wiſſenſchaften, deren ich wuͤrdig geſchaͤtzt bin, ſo- gleich zu nehmen.
Dieſem Vorſatz gemaͤß ward des Morgens die Arbeit vorgenommen; Confuſelius ſchloß ſich ein, ſobald ich wegging, und fuhr ſo fort fuͤr ſich allein zu ſtudieren, ich ſelbſt mußte zuweilen lange um Einlaß bitten, wenn ich nach Hauſe kam, er wies mich dann in pathetiſchem Ton mit den Worten ab: ſtoͤhre mich jetzt nicht, mein Sohn, es iſt eben eine wichtige Minute. Jch ließ mir alles gefallen, und fuhr fort den Ehrerbiethigen zu machen, ſo wie der Magiſter immer mehr den Ton eines begeiſter- ten und meines zukuͤnftigen Meiſters annahm. Um ihn in ſeiner Einbildung zu erhalten, verſah ich ihn heimlich mit Wein, den ich nur eben durch ſo viel Opium verſtaͤrkte als noͤthig war, ihn zu betaͤnben, und doch zugleich ſeine Einbildung zu erheben. Er verſagte es nicht, ſich dieſes Huͤlfsmittels zu bedie- nen, indem er fand, daß der Rebenfaſt ein vor- treffliches Mittel ſei, die Sinne des Koͤrpers zu
oͤffnen,
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gleich ebenfalls auf einen andern Ton, verſprach
mir Schutz und Unterricht, wenn ich es mit meh-
rerer Achtung, als ich ihm bisher bewieſen, verdie-
nen wuͤrde, nannte mich du, und ſagte gegen Mor-
gen: jetzt laß mich ein wenig ruhen, mein Sohn,
damit der Geiſt Kraͤfte ſammeln moͤge, die hohen
Wiſſenſchaften, deren ich wuͤrdig geſchaͤtzt bin, ſo-
gleich zu nehmen.
Dieſem Vorſatz gemaͤß ward des Morgens die
Arbeit vorgenommen; Confuſelius ſchloß ſich ein,
ſobald ich wegging, und fuhr ſo fort fuͤr ſich allein
zu ſtudieren, ich ſelbſt mußte zuweilen lange um
Einlaß bitten, wenn ich nach Hauſe kam, er wies
mich dann in pathetiſchem Ton mit den Worten
ab: ſtoͤhre mich jetzt nicht, mein Sohn, es iſt eben
eine wichtige Minute. Jch ließ mir alles gefallen,
und fuhr fort den Ehrerbiethigen zu machen, ſo wie
der Magiſter immer mehr den Ton eines begeiſter-
ten und meines zukuͤnftigen Meiſters annahm. Um
ihn in ſeiner Einbildung zu erhalten, verſah ich ihn
heimlich mit Wein, den ich nur eben durch ſo viel
Opium verſtaͤrkte als noͤthig war, ihn zu betaͤnben,
und doch zugleich ſeine Einbildung zu erheben. Er
verſagte es nicht, ſich dieſes Huͤlfsmittels zu bedie-
nen, indem er fand, daß der Rebenfaſt ein vor-
treffliches Mittel ſei, die Sinne des Koͤrpers zu
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/268>, abgerufen am 25.11.2024.
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