auf habe er sogleich ein großes Verlangen empfun- den, mich kennen zu lernen, habe meinen Aufent- halt erforscht, und sich des Morgens mit dem früh- sten auf den Weg nach .... gemacht. Jch ver- sicherte ihn, daß mir seine Ankunft sehr erwünscht sei, daß ich ein viel besseres Herz hätte als Baron Treff und seine Frau, die ich nicht mehr Mutter nennen wollte, weil sie jetzt auch gegen mich karg wäre. Friedrich konnte nicht nach, so strömte Schimpf und Lästerung auf meine Mutter mir vom Munde, ich gab mir die äußerste Mühe, ihn noch mehr, als ers schon war, auf diese unnatürliche Schwester zu erbittern, und bewirthete ihn, zum Beweis, daß ich ganz anders dächte, so gut, daß er gestand, es Zeitlebens nicht so genossen zu haben.
Jch hatte mit Klausen eine geheime Unterre- dung, nach welcher es jedem von uns beiden klar ward, daß wir bei Friedrichs Erzählungen einerlei Gedanken gehabt hatten. Er fand es demnach ebenfalls nöthig, sich meines Herrn Oncles auf alle Art zu versichern, und ihn durch Geschenke zu fes- seln, er bot den letzten Rest unsers Kredits auf, ihm Wäsche und eine anständige Kleidung zu ver- schaffen. Jn derselben streifte Friedrich nach Be- lieben in der Stadt herum, that sich in und außer
dem
auf habe er ſogleich ein großes Verlangen empfun- den, mich kennen zu lernen, habe meinen Aufent- halt erforſcht, und ſich des Morgens mit dem fruͤh- ſten auf den Weg nach .... gemacht. Jch ver- ſicherte ihn, daß mir ſeine Ankunft ſehr erwuͤnſcht ſei, daß ich ein viel beſſeres Herz haͤtte als Baron Treff und ſeine Frau, die ich nicht mehr Mutter nennen wollte, weil ſie jetzt auch gegen mich karg waͤre. Friedrich konnte nicht nach, ſo ſtroͤmte Schimpf und Laͤſterung auf meine Mutter mir vom Munde, ich gab mir die aͤußerſte Muͤhe, ihn noch mehr, als ers ſchon war, auf dieſe unnatuͤrliche Schweſter zu erbittern, und bewirthete ihn, zum Beweis, daß ich ganz anders daͤchte, ſo gut, daß er geſtand, es Zeitlebens nicht ſo genoſſen zu haben.
Jch hatte mit Klauſen eine geheime Unterre- dung, nach welcher es jedem von uns beiden klar ward, daß wir bei Friedrichs Erzaͤhlungen einerlei Gedanken gehabt hatten. Er fand es demnach ebenfalls noͤthig, ſich meines Herrn Oncles auf alle Art zu verſichern, und ihn durch Geſchenke zu fes- ſeln, er bot den letzten Reſt unſers Kredits auf, ihm Waͤſche und eine anſtaͤndige Kleidung zu ver- ſchaffen. Jn derſelben ſtreifte Friedrich nach Be- lieben in der Stadt herum, that ſich in und außer
dem
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auf habe er ſogleich ein großes Verlangen empfun-
den, mich kennen zu lernen, habe meinen Aufent-
halt erforſcht, und ſich des Morgens mit dem fruͤh-
ſten auf den Weg nach .... gemacht. Jch ver-
ſicherte ihn, daß mir ſeine Ankunft ſehr erwuͤnſcht
ſei, daß ich ein viel beſſeres Herz haͤtte als Baron
Treff und ſeine Frau, die ich nicht mehr Mutter
nennen wollte, weil ſie jetzt auch gegen mich karg
waͤre. Friedrich konnte nicht nach, ſo ſtroͤmte
Schimpf und Laͤſterung auf meine Mutter mir vom
Munde, ich gab mir die aͤußerſte Muͤhe, ihn noch
mehr, als ers ſchon war, auf dieſe unnatuͤrliche
Schweſter zu erbittern, und bewirthete ihn, zum
Beweis, daß ich ganz anders daͤchte, ſo gut, daß
er geſtand, es Zeitlebens nicht ſo genoſſen zu
haben.
Jch hatte mit Klauſen eine geheime Unterre-
dung, nach welcher es jedem von uns beiden klar
ward, daß wir bei Friedrichs Erzaͤhlungen einerlei
Gedanken gehabt hatten. Er fand es demnach
ebenfalls noͤthig, ſich meines Herrn Oncles auf alle
Art zu verſichern, und ihn durch Geſchenke zu fes-
ſeln, er bot den letzten Reſt unſers Kredits auf,
ihm Waͤſche und eine anſtaͤndige Kleidung zu ver-
ſchaffen. Jn derſelben ſtreifte Friedrich nach Be-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/296>, abgerufen am 22.11.2024.
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