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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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weniger als einer halben Stunde hatten wir beide
Zimmer von allem, was Geld und Kostbarkeit hieß-
leer gemacht, weiter wollten wir es nicht treiben.
Friedrich und Klaus eilten mit der Beute voraus,
ich aber trieb den Edelmuth so weit, daß ich mit
Pommern erst die besetzten Thüren wieder befreite,
und sogar in eine davon, wo, wie ich wußte, die
Bedienten schliefen, hinein schrie: schnell seht nach
eurer Herrschaft! -- Jch habe seitdem oft gedacht,
daß man mir unrecht thäte, mich als einen gefühl-
losen Menschen vorzustellen; denn hätte ich nicht
Stiefvater und Mutter ruhig können ersticken las-
sen? Jch that dies nicht, wagte vielmehr etwas,
damit ihnen bald jemand zu Hülfe kommen möch-
te; in der That, Goldfritzel war immer noch gütig
genug.

Sobald ich die angezeigten Worte heraus hatte,
eilte ich mit Pommern den andern nach, wir ver-
weilten denn auch im Holze nicht, warfen nur die
falschen Bärte und Fuhrmanns-Hemden von uns,
schleppten, was wir konnten, bis wir in einen Tief-
weg gleichfalls ringsum mit Holz bewachsen kamen;
dahin führten Klaus und Pommer, indeß wir die
Beute schleppten, unsere Gaule, jeder verbarg nun
etwas von der ersten, so gut er konnte, in den
Taschen, in den Pistolen-Holftern, die Geldkisten

nahmen

weniger als einer halben Stunde hatten wir beide
Zimmer von allem, was Geld und Koſtbarkeit hieß-
leer gemacht, weiter wollten wir es nicht treiben.
Friedrich und Klaus eilten mit der Beute voraus,
ich aber trieb den Edelmuth ſo weit, daß ich mit
Pommern erſt die beſetzten Thuͤren wieder befreite,
und ſogar in eine davon, wo, wie ich wußte, die
Bedienten ſchliefen, hinein ſchrie: ſchnell ſeht nach
eurer Herrſchaft! — Jch habe ſeitdem oft gedacht,
daß man mir unrecht thaͤte, mich als einen gefuͤhl-
loſen Menſchen vorzuſtellen; denn haͤtte ich nicht
Stiefvater und Mutter ruhig koͤnnen erſticken las-
ſen? Jch that dies nicht, wagte vielmehr etwas,
damit ihnen bald jemand zu Huͤlfe kommen moͤch-
te; in der That, Goldfritzel war immer noch guͤtig
genug.

Sobald ich die angezeigten Worte heraus hatte,
eilte ich mit Pommern den andern nach, wir ver-
weilten denn auch im Holze nicht, warfen nur die
falſchen Baͤrte und Fuhrmanns-Hemden von uns,
ſchleppten, was wir konnten, bis wir in einen Tief-
weg gleichfalls ringsum mit Holz bewachſen kamen;
dahin fuͤhrten Klaus und Pommer, indeß wir die
Beute ſchleppten, unſere Gaule, jeder verbarg nun
etwas von der erſten, ſo gut er konnte, in den
Taſchen, in den Piſtolen-Holftern, die Geldkiſten

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[296/0300] weniger als einer halben Stunde hatten wir beide Zimmer von allem, was Geld und Koſtbarkeit hieß- leer gemacht, weiter wollten wir es nicht treiben. Friedrich und Klaus eilten mit der Beute voraus, ich aber trieb den Edelmuth ſo weit, daß ich mit Pommern erſt die beſetzten Thuͤren wieder befreite, und ſogar in eine davon, wo, wie ich wußte, die Bedienten ſchliefen, hinein ſchrie: ſchnell ſeht nach eurer Herrſchaft! — Jch habe ſeitdem oft gedacht, daß man mir unrecht thaͤte, mich als einen gefuͤhl- loſen Menſchen vorzuſtellen; denn haͤtte ich nicht Stiefvater und Mutter ruhig koͤnnen erſticken las- ſen? Jch that dies nicht, wagte vielmehr etwas, damit ihnen bald jemand zu Huͤlfe kommen moͤch- te; in der That, Goldfritzel war immer noch guͤtig genug. Sobald ich die angezeigten Worte heraus hatte, eilte ich mit Pommern den andern nach, wir ver- weilten denn auch im Holze nicht, warfen nur die falſchen Baͤrte und Fuhrmanns-Hemden von uns, ſchleppten, was wir konnten, bis wir in einen Tief- weg gleichfalls ringsum mit Holz bewachſen kamen; dahin fuͤhrten Klaus und Pommer, indeß wir die Beute ſchleppten, unſere Gaule, jeder verbarg nun etwas von der erſten, ſo gut er konnte, in den Taſchen, in den Piſtolen-Holftern, die Geldkiſten nahmen

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/300>, abgerufen am 22.11.2024.