Genuß jeder akademischen Freiheit, welche Celestin für eins der schädlichsten, unser gesittetes Zeitalter ganz entehrendes Uebel hielt, dem billig gesteuert werden sollte.
Jch war nicht seiner Meinung, es lebe und bleibe die akademische Freiheit, bei ihr kann man doch im Jünglingsalter die Welt genießen, kann mit einer gewissen Berechtigung unbescheiden sein, Menschen beleidigen, sie beschädigen, mit einem Wort, man darf sich in nichts den Zwang anthun, welchem sich alle andere Stände, der Ruhe und gemeinen Sicherheit und der Strafe wegen, unter- werfen müssen. Zwar sind auch Studenten dersel- ben mitunter ausgesetzt, doch es ist nur ein Spiel, und ein junger Mensch, der auf freie Ausübung seiner Rechte hält, läßt sich einige Ahndung, läßt sich Geldstrafen gern gefallen, um aufs neue sün- digen zu können. Die Geldstrafen bringen der Uni- versität etwas ein, es ist also dem Jnteresse der- selben gemäß, daß dergleichen zuweilen vorfallen, und sehr wahrscheinlich wird, was die Jugend un- ter akademischer Freiheit versteht, nicht eher auf- hören, oder doch veredelt werden, als wenn bei Erziehung derselben schon dahin gesehen wird, und die Beispiele der Geistmenschen auf Eltern und Kinder würken sollten; welches aber (freut euch,
ihr
2r Theil. U
Genuß jeder akademiſchen Freiheit, welche Celeſtin fuͤr eins der ſchaͤdlichſten, unſer geſittetes Zeitalter ganz entehrendes Uebel hielt, dem billig geſteuert werden ſollte.
Jch war nicht ſeiner Meinung, es lebe und bleibe die akademiſche Freiheit, bei ihr kann man doch im Juͤnglingsalter die Welt genießen, kann mit einer gewiſſen Berechtigung unbeſcheiden ſein, Menſchen beleidigen, ſie beſchaͤdigen, mit einem Wort, man darf ſich in nichts den Zwang anthun, welchem ſich alle andere Staͤnde, der Ruhe und gemeinen Sicherheit und der Strafe wegen, unter- werfen muͤſſen. Zwar ſind auch Studenten derſel- ben mitunter ausgeſetzt, doch es iſt nur ein Spiel, und ein junger Menſch, der auf freie Ausuͤbung ſeiner Rechte haͤlt, laͤßt ſich einige Ahndung, laͤßt ſich Geldſtrafen gern gefallen, um aufs neue ſuͤn- digen zu koͤnnen. Die Geldſtrafen bringen der Uni- verſitaͤt etwas ein, es iſt alſo dem Jntereſſe der- ſelben gemaͤß, daß dergleichen zuweilen vorfallen, und ſehr wahrſcheinlich wird, was die Jugend un- ter akademiſcher Freiheit verſteht, nicht eher auf- hoͤren, oder doch veredelt werden, als wenn bei Erziehung derſelben ſchon dahin geſehen wird, und die Beiſpiele der Geiſtmenſchen auf Eltern und Kinder wuͤrken ſollten; welches aber (freut euch,
ihr
2r Theil. U
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Genuß jeder akademiſchen Freiheit, welche Celeſtin
fuͤr eins der ſchaͤdlichſten, unſer geſittetes Zeitalter
ganz entehrendes Uebel hielt, dem billig geſteuert
werden ſollte.
Jch war nicht ſeiner Meinung, es lebe und
bleibe die akademiſche Freiheit, bei ihr kann man
doch im Juͤnglingsalter die Welt genießen, kann
mit einer gewiſſen Berechtigung unbeſcheiden ſein,
Menſchen beleidigen, ſie beſchaͤdigen, mit einem
Wort, man darf ſich in nichts den Zwang anthun,
welchem ſich alle andere Staͤnde, der Ruhe und
gemeinen Sicherheit und der Strafe wegen, unter-
werfen muͤſſen. Zwar ſind auch Studenten derſel-
ben mitunter ausgeſetzt, doch es iſt nur ein Spiel,
und ein junger Menſch, der auf freie Ausuͤbung
ſeiner Rechte haͤlt, laͤßt ſich einige Ahndung, laͤßt
ſich Geldſtrafen gern gefallen, um aufs neue ſuͤn-
digen zu koͤnnen. Die Geldſtrafen bringen der Uni-
verſitaͤt etwas ein, es iſt alſo dem Jntereſſe der-
ſelben gemaͤß, daß dergleichen zuweilen vorfallen,
und ſehr wahrſcheinlich wird, was die Jugend un-
ter akademiſcher Freiheit verſteht, nicht eher auf-
hoͤren, oder doch veredelt werden, als wenn bei
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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