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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ten zum Possen und um die Mutter zu ängstigen,
hingelaufen, und hatte gethan, als wollte ich hin-
aufklettern und mich hineinstürzen. Dies war nie
mein Ernst, denn von Kindauf liebte ich das Le-
ben und scheute alles, wovon ich hörte, daß es
mich um dasselbe bringen könnte.

Nun berathschlagte man, was zu machen sei?
Heraus, wurde gemeint, müßte man mich doch
ziehen, es käme aber nicht darauf an, ob es erst
in einer Stunde geschähe, da ich doch schon er-
trunken wäre; die Hauptsache aber war, wie es
den Eltern beizubringen sein möchte. Der ver-
nünftigste und älteste von den Marqueurs entschied
endlich, daß man doch vor allen Dingen den Brun-
nen untersuchen müßte, und ließ einen Röhrknecht
holen, denn von unsern Leuten wußte sich keiner
zu benehmen. Es vergieng über eine halbe Stun-
de, ehe der Röhrknecht kam; indessen hatte der
Aufruhr im Hause Leute herbeigezogen, die denn
erfuhren, von was die Rede war. Einige blieben,
um zu erfahren, ob ich würklich im Brunnen läge;
andere giengen weg, um die Geschichte weiter zu
erzählen; es kam sogleich herum, Goldfritzel wäre
ersoffen, worüber man nicht eben klagte, sondern
zu lachen beliebte, denn ich und meine Mutter wa-
ren
ten zum Poſſen und um die Mutter zu aͤngſtigen,
hingelaufen, und hatte gethan, als wollte ich hin-
aufklettern und mich hineinſtuͤrzen. Dies war nie
mein Ernſt, denn von Kindauf liebte ich das Le-
ben und ſcheute alles, wovon ich hoͤrte, daß es
mich um daſſelbe bringen koͤnnte.

Nun berathſchlagte man, was zu machen ſei?
Heraus, wurde gemeint, muͤßte man mich doch
ziehen, es kaͤme aber nicht darauf an, ob es erſt
in einer Stunde geſchaͤhe, da ich doch ſchon er-
trunken waͤre; die Hauptſache aber war, wie es
den Eltern beizubringen ſein moͤchte. Der ver-
nuͤnftigſte und aͤlteſte von den Marqueurs entſchied
endlich, daß man doch vor allen Dingen den Brun-
nen unterſuchen muͤßte, und ließ einen Roͤhrknecht
holen, denn von unſern Leuten wußte ſich keiner
zu benehmen. Es vergieng uͤber eine halbe Stun-
de, ehe der Roͤhrknecht kam; indeſſen hatte der
Aufruhr im Hauſe Leute herbeigezogen, die denn
erfuhren, von was die Rede war. Einige blieben,
um zu erfahren, ob ich wuͤrklich im Brunnen laͤge;
andere giengen weg, um die Geſchichte weiter zu
erzaͤhlen; es kam ſogleich herum, Goldfritzel waͤre
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[27/0031] ten zum Poſſen und um die Mutter zu aͤngſtigen, hingelaufen, und hatte gethan, als wollte ich hin- aufklettern und mich hineinſtuͤrzen. Dies war nie mein Ernſt, denn von Kindauf liebte ich das Le- ben und ſcheute alles, wovon ich hoͤrte, daß es mich um daſſelbe bringen koͤnnte. Nun berathſchlagte man, was zu machen ſei? Heraus, wurde gemeint, muͤßte man mich doch ziehen, es kaͤme aber nicht darauf an, ob es erſt in einer Stunde geſchaͤhe, da ich doch ſchon er- trunken waͤre; die Hauptſache aber war, wie es den Eltern beizubringen ſein moͤchte. Der ver- nuͤnftigſte und aͤlteſte von den Marqueurs entſchied endlich, daß man doch vor allen Dingen den Brun- nen unterſuchen muͤßte, und ließ einen Roͤhrknecht holen, denn von unſern Leuten wußte ſich keiner zu benehmen. Es vergieng uͤber eine halbe Stun- de, ehe der Roͤhrknecht kam; indeſſen hatte der Aufruhr im Hauſe Leute herbeigezogen, die denn erfuhren, von was die Rede war. Einige blieben, um zu erfahren, ob ich wuͤrklich im Brunnen laͤge; andere giengen weg, um die Geſchichte weiter zu erzaͤhlen; es kam ſogleich herum, Goldfritzel waͤre erſoffen, woruͤber man nicht eben klagte, ſondern zu lachen beliebte, denn ich und meine Mutter wa- ren

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/31>, abgerufen am 28.04.2024.