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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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will ich den Leser nicht bewirthen, es wäre Ver-
schwendung, ihm der herrlichen Dinge so viel und
ohne Rückhalt aufzutischen; es mag also dabei blei-
ben, daß er die Rettung der armen Margarethe
erfährt, welche von etlichen starken Menschen aus
den Händen meiner Mutter befreit ward, obwohl
sie fest um die Kehle der Alten geklammert
waren.

Mein Vater that hierauf sein zärtliches Fle-
hen zu den Vorstellungen der andern, so daß sich
Frau Suschen bereden ließ, in ihre Stube zu ge-
hen und Medizin zu nehmen, wie denn sogleich
nach einem Arzt geschickt ward. Sie schrie zwar,
indem man sie wegbrachte, noch immer: nein, ich
will mein Kind sehen, ich will es herausziehn se-
hen; aber Johann Jacob versprach bei der Unter-
suchung zugegen zu sein, und mich ihr hinbringen
zu lassen; auch gab man ihr einige Hoffnung, daß
ich wohl auch nicht im Brunnen läge, (denn kein
Mensch hatte mich doch hineinfallen sehen,) oder
daß ich, wenns ja wäre, wohl noch zu retten sein
könnte.

Die Untersuchung bewies, daß Goldfritzel nicht
ins Wasser gefallen war, die Zuschauer fiengen an
sich zu verlaufen, und im Hause entstand die Frage,
wo ich sein könnte? Die Untersuchung gieng aufs
neue
will ich den Leſer nicht bewirthen, es waͤre Ver-
ſchwendung, ihm der herrlichen Dinge ſo viel und
ohne Ruͤckhalt aufzutiſchen; es mag alſo dabei blei-
ben, daß er die Rettung der armen Margarethe
erfaͤhrt, welche von etlichen ſtarken Menſchen aus
den Haͤnden meiner Mutter befreit ward, obwohl
ſie feſt um die Kehle der Alten geklammert
waren.

Mein Vater that hierauf ſein zaͤrtliches Fle-
hen zu den Vorſtellungen der andern, ſo daß ſich
Frau Suschen bereden ließ, in ihre Stube zu ge-
hen und Medizin zu nehmen, wie denn ſogleich
nach einem Arzt geſchickt ward. Sie ſchrie zwar,
indem man ſie wegbrachte, noch immer: nein, ich
will mein Kind ſehen, ich will es herausziehn ſe-
hen; aber Johann Jacob verſprach bei der Unter-
ſuchung zugegen zu ſein, und mich ihr hinbringen
zu laſſen; auch gab man ihr einige Hoffnung, daß
ich wohl auch nicht im Brunnen laͤge, (denn kein
Menſch hatte mich doch hineinfallen ſehen,) oder
daß ich, wenns ja waͤre, wohl noch zu retten ſein
koͤnnte.

Die Unterſuchung bewies, daß Goldfritzel nicht
ins Waſſer gefallen war, die Zuſchauer fiengen an
ſich zu verlaufen, und im Hauſe entſtand die Frage,
wo ich ſein koͤnnte? Die Unterſuchung gieng aufs
neue
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[29/0033] will ich den Leſer nicht bewirthen, es waͤre Ver- ſchwendung, ihm der herrlichen Dinge ſo viel und ohne Ruͤckhalt aufzutiſchen; es mag alſo dabei blei- ben, daß er die Rettung der armen Margarethe erfaͤhrt, welche von etlichen ſtarken Menſchen aus den Haͤnden meiner Mutter befreit ward, obwohl ſie feſt um die Kehle der Alten geklammert waren. Mein Vater that hierauf ſein zaͤrtliches Fle- hen zu den Vorſtellungen der andern, ſo daß ſich Frau Suschen bereden ließ, in ihre Stube zu ge- hen und Medizin zu nehmen, wie denn ſogleich nach einem Arzt geſchickt ward. Sie ſchrie zwar, indem man ſie wegbrachte, noch immer: nein, ich will mein Kind ſehen, ich will es herausziehn ſe- hen; aber Johann Jacob verſprach bei der Unter- ſuchung zugegen zu ſein, und mich ihr hinbringen zu laſſen; auch gab man ihr einige Hoffnung, daß ich wohl auch nicht im Brunnen laͤge, (denn kein Menſch hatte mich doch hineinfallen ſehen,) oder daß ich, wenns ja waͤre, wohl noch zu retten ſein koͤnnte. Die Unterſuchung bewies, daß Goldfritzel nicht ins Waſſer gefallen war, die Zuſchauer fiengen an ſich zu verlaufen, und im Hauſe entſtand die Frage, wo ich ſein koͤnnte? Die Unterſuchung gieng aufs neue

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/33>, abgerufen am 29.04.2024.