Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
ungen, der Junge muß Hiebe haben, und soll nun die Nacht in dem Winkel stecken, wo er sich verbarg. Hier begann ich ein Zetergeschrei, und klammerte mich an meine Mutter an; diese setzte sich in Positur, sie both meinem Bater die Faust entgegen, und schrie: unterstehe dich und rühre ihn an! fort, den Augenblick fort, und laß mich mit dem Jungen allein, den ich unter meinem Her- zen getragen habe, und du nicht leiden kannst, weil ich ihn liebe. Packe dich zu deiner schleichenden tückschen Madalen, die so ist wie du. Was war nun zu machen? Johann Jacob sah und hörte schon wieder um und um Aufpasser, er wollte es nicht weiter kommen lassen, gieng und sagte: das sei Gott geklagt! Meine Mutter aber nahm mich auf ihren Schoos, und nachdem sie nochmals ihre Freude bezeugt hatte, mich wieder zu haben, wollte sie ein übriges thun, und mich hübsch mütterlich vermahnen: "das mußt du aber nicht mehr thun, mein Herzchen," sagte sie im zärt- lichsten Tone, "sieh nur wie du mich erschreckt hast, ich wäre bald gar gestorben, darnach hättest du keine Mamma mehr gehabt, und der Pappa kann dich nicht leiden, der hätte dich immer geprügelt, und dir nichts gutes und schönes gegeben. Nein, du mußt dein liebes Mammachen ja nicht so äng- stigen,
ungen, der Junge muß Hiebe haben, und ſoll nun die Nacht in dem Winkel ſtecken, wo er ſich verbarg. Hier begann ich ein Zetergeſchrei, und klammerte mich an meine Mutter an; dieſe ſetzte ſich in Poſitur, ſie both meinem Bater die Fauſt entgegen, und ſchrie: unterſtehe dich und ruͤhre ihn an! fort, den Augenblick fort, und laß mich mit dem Jungen allein, den ich unter meinem Her- zen getragen habe, und du nicht leiden kannſt, weil ich ihn liebe. Packe dich zu deiner ſchleichenden tuͤckſchen Madalen, die ſo iſt wie du. Was war nun zu machen? Johann Jacob ſah und hoͤrte ſchon wieder um und um Aufpaſſer, er wollte es nicht weiter kommen laſſen, gieng und ſagte: das ſei Gott geklagt! Meine Mutter aber nahm mich auf ihren Schoos, und nachdem ſie nochmals ihre Freude bezeugt hatte, mich wieder zu haben, wollte ſie ein uͤbriges thun, und mich huͤbſch muͤtterlich vermahnen: „das mußt du aber nicht mehr thun, mein Herzchen,“ ſagte ſie im zaͤrt- lichſten Tone, „ſieh nur wie du mich erſchreckt haſt, ich waͤre bald gar geſtorben, darnach haͤtteſt du keine Mamma mehr gehabt, und der Pappa kann dich nicht leiden, der haͤtte dich immer gepruͤgelt, und dir nichts gutes und ſchoͤnes gegeben. Nein, du mußt dein liebes Mammachen ja nicht ſo aͤng- ſtigen,
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ungen, der Junge muß Hiebe haben, und ſoll
nun die Nacht in dem Winkel ſtecken, wo er ſich
verbarg. Hier begann ich ein Zetergeſchrei, und
klammerte mich an meine Mutter an; dieſe ſetzte
ſich in Poſitur, ſie both meinem Bater die Fauſt
entgegen, und ſchrie: unterſtehe dich und ruͤhre
ihn an! fort, den Augenblick fort, und laß mich
mit dem Jungen allein, den ich unter meinem Her-
zen getragen habe, und du nicht leiden kannſt, weil
ich ihn liebe. Packe dich zu deiner ſchleichenden
tuͤckſchen Madalen, die ſo iſt wie du.
Was war nun zu machen? Johann Jacob ſah
und hoͤrte ſchon wieder um und um Aufpaſſer, er
wollte es nicht weiter kommen laſſen, gieng und
ſagte: das ſei Gott geklagt! Meine Mutter aber
nahm mich auf ihren Schoos, und nachdem ſie
nochmals ihre Freude bezeugt hatte, mich wieder
zu haben, wollte ſie ein uͤbriges thun, und mich
huͤbſch muͤtterlich vermahnen: „das mußt du aber
nicht mehr thun, mein Herzchen,“ ſagte ſie im zaͤrt-
lichſten Tone, „ſieh nur wie du mich erſchreckt
haſt, ich waͤre bald gar geſtorben, darnach haͤtteſt
du keine Mamma mehr gehabt, und der Pappa kann
dich nicht leiden, der haͤtte dich immer gepruͤgelt,
und dir nichts gutes und ſchoͤnes gegeben. Nein,
du mußt dein liebes Mammachen ja nicht ſo aͤng-
ſtigen,
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