Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
um mich zu sehen, und freudig wackelte Johann Jacob herzu. Dieser aber schmeichelte seinem wie- dergefundenen Söhnchen nicht so wie die Mutter; vor allen Dingen wollte er wissen, wo ich gewesen wäre? Jch kannte die Furcht vor Strafe nicht, und hatte keine Ahnung davon, daß mein Bubenstück solche verdiente, also sagte ich ohne Scheu, daß ich mich in jenem Winkel versteckt gehabt hätte, damit Margarethe recht beulen und schreien, die Mutter recht sehr schelten und auch schreien sollte, wenn sie dächten, ich hätte ein Unglück genommen. Johann Jacob war schon lange nicht mit mir zufrieden, und hatte oft genug über meinen Muth- willen, Eigensinn, Ungehorsam und Trotz geredet, ja oft mit Seufzen prophezeihet, daß nichts gutes aus mir werden würde, wenn ich nicht in bessere Zucht genommen würde. Jetzt schlug er die Hän- de zusammen und rief: welche Bosheit! und soll die etwa ungestraft bleiben? er ergriff mich beim Arm -- Was willst du dem Kinde thun, Henker? schrie meine Mutter, und riß mich weg, es ist ein lustiger Streich, der Junge hat Witz und Geist, und ist keine solche Schlafmütze wie du. Johann Jacob wollte sein Gewissen hier nicht mit feigem Nachge- ben beschweren, er erhob ebenfalls die Stimme: ich kehre mich, sagte er, nicht an deine Schmäh- ungen
um mich zu ſehen, und freudig wackelte Johann Jacob herzu. Dieſer aber ſchmeichelte ſeinem wie- dergefundenen Soͤhnchen nicht ſo wie die Mutter; vor allen Dingen wollte er wiſſen, wo ich geweſen waͤre? Jch kannte die Furcht vor Strafe nicht, und hatte keine Ahnung davon, daß mein Bubenſtuͤck ſolche verdiente, alſo ſagte ich ohne Scheu, daß ich mich in jenem Winkel verſteckt gehabt haͤtte, damit Margarethe recht beulen und ſchreien, die Mutter recht ſehr ſchelten und auch ſchreien ſollte, wenn ſie daͤchten, ich haͤtte ein Ungluͤck genommen. Johann Jacob war ſchon lange nicht mit mir zufrieden, und hatte oft genug uͤber meinen Muth- willen, Eigenſinn, Ungehorſam und Trotz geredet, ja oft mit Seufzen prophezeihet, daß nichts gutes aus mir werden wuͤrde, wenn ich nicht in beſſere Zucht genommen wuͤrde. Jetzt ſchlug er die Haͤn- de zuſammen und rief: welche Bosheit! und ſoll die etwa ungeſtraft bleiben? er ergriff mich beim Arm — Was willſt du dem Kinde thun, Henker? ſchrie meine Mutter, und riß mich weg, es iſt ein luſtiger Streich, der Junge hat Witz und Geiſt, und iſt keine ſolche Schlafmuͤtze wie du. Johann Jacob wollte ſein Gewiſſen hier nicht mit feigem Nachge- ben beſchweren, er erhob ebenfalls die Stimme: ich kehre mich, ſagte er, nicht an deine Schmaͤh- ungen
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um mich zu ſehen, und freudig wackelte Johann
Jacob herzu. Dieſer aber ſchmeichelte ſeinem wie-
dergefundenen Soͤhnchen nicht ſo wie die Mutter;
vor allen Dingen wollte er wiſſen, wo ich geweſen
waͤre? Jch kannte die Furcht vor Strafe nicht, und
hatte keine Ahnung davon, daß mein Bubenſtuͤck
ſolche verdiente, alſo ſagte ich ohne Scheu, daß ich
mich in jenem Winkel verſteckt gehabt haͤtte, damit
Margarethe recht beulen und ſchreien, die Mutter
recht ſehr ſchelten und auch ſchreien ſollte, wenn ſie
daͤchten, ich haͤtte ein Ungluͤck genommen.
Johann Jacob war ſchon lange nicht mit mir
zufrieden, und hatte oft genug uͤber meinen Muth-
willen, Eigenſinn, Ungehorſam und Trotz geredet,
ja oft mit Seufzen prophezeihet, daß nichts gutes
aus mir werden wuͤrde, wenn ich nicht in beſſere
Zucht genommen wuͤrde. Jetzt ſchlug er die Haͤn-
de zuſammen und rief: welche Bosheit! und ſoll
die etwa ungeſtraft bleiben? er ergriff mich beim
Arm — Was willſt du dem Kinde thun, Henker?
ſchrie meine Mutter, und riß mich weg, es iſt ein
luſtiger Streich, der Junge hat Witz und Geiſt, und
iſt keine ſolche Schlafmuͤtze wie du. Johann Jacob
wollte ſein Gewiſſen hier nicht mit feigem Nachge-
ben beſchweren, er erhob ebenfalls die Stimme:
ich kehre mich, ſagte er, nicht an deine Schmaͤh-
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