Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Zuflucht zu meiner Mutter war das Einzige:
Jch setzte mich sogleich hin, und berichtete ihr,
daß Klaus entlaufen sei und mir alles an Geld,
Kleidern und Prätiöseu mitgenommen hätte, also
möchte sie mir ungesäumt wenigstens 1000 Thlr.
schicken, denn ich könnte diese Stadt nicht verlas-
sen, ohne mich wieder zu equipiren und was bis da-
hin auflaufen würde, zu bezahlen. Zuletzt schrieb
ich, es sei bereits Anstalt gemacht worden, den
Spitzbuben außusuchen, auch würde ich einen
Steckbrief in mehrere Zeitungen setzen lassen. Dieß
war nöthig, sonst hätte sie dieß alles besorgen
wollen.

Nachdem ich diesen Brief gesiegelt hatte, um
ihn des andern Morgens so bald ich erwacht sein
würde der Mutter durch eine Staffete zuzuschik-
ken, legte ich mich ruhig schlafen, denn was half
das Grämen, da Klaus einmal mit dem Geschmei-
de nicht wiederkam? Und was seine Vermahnungen,
seine Sorge, daß ich durch Nehmern verrathen
werden würde, betraf, so war mir beides lächerlich.
Von Nehmers Behutsamkeit in seinen heimlichen
Handlungen hatte ich ja Beweiße, Klaus meint,
es sei kein Mensch klüger, als er, dachte ich und
legte mich aufs Ohr.

Jch hatte noch lange nicht ausgeschlafen, als
Blasewitz, der junge Kaufmann, mit dem ich gestern
frölich geweseu war, vor mein Bette trat. Auf,
Faulpelz, sagte er, ich reise nach * * *; wollen
Sie diese Tour in Jhre Vaterstadt mitmachen, so
schicken Sie sich an, in einer Stunde gehe ich in
Ver-
Zuflucht zu meiner Mutter war das Einzige:
Jch ſetzte mich ſogleich hin, und berichtete ihr,
daß Klaus entlaufen ſei und mir alles an Geld,
Kleidern und Praͤtioͤſeu mitgenommen haͤtte, alſo
moͤchte ſie mir ungeſaͤumt wenigſtens 1000 Thlr.
ſchicken, denn ich koͤnnte dieſe Stadt nicht verlas-
ſen, ohne mich wieder zu equipiren und was bis da-
hin auflaufen wuͤrde, zu bezahlen. Zuletzt ſchrieb
ich, es ſei bereits Anſtalt gemacht worden, den
Spitzbuben auſzuſuchen, auch wuͤrde ich einen
Steckbrief in mehrere Zeitungen ſetzen laſſen. Dieß
war noͤthig, ſonſt haͤtte ſie dieß alles beſorgen
wollen.

Nachdem ich dieſen Brief geſiegelt hatte, um
ihn des andern Morgens ſo bald ich erwacht ſein
wuͤrde der Mutter durch eine Staffete zuzuſchik-
ken, legte ich mich ruhig ſchlafen, denn was half
das Graͤmen, da Klaus einmal mit dem Geſchmei-
de nicht wiederkam? Und was ſeine Vermahnungen,
ſeine Sorge, daß ich durch Nehmern verrathen
werden wuͤrde, betraf, ſo war mir beides laͤcherlich.
Von Nehmers Behutſamkeit in ſeinen heimlichen
Handlungen hatte ich ja Beweiße, Klaus meint,
es ſei kein Menſch kluͤger, als er, dachte ich und
legte mich aufs Ohr.

Jch hatte noch lange nicht ausgeſchlafen, als
Blaſewitz, der junge Kaufmann, mit dem ich geſtern
froͤlich geweſeu war, vor mein Bette trat. Auf,
Faulpelz, ſagte er, ich reiſe nach * * *; wollen
Sie dieſe Tour in Jhre Vaterſtadt mitmachen, ſo
ſchicken Sie ſich an, in einer Stunde gehe ich in
Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#STA">
          <pb facs="#f0390" n="386"/>
          <p>Zuflucht zu meiner Mutter war das Einzige:<lb/>
Jch &#x017F;etzte mich &#x017F;ogleich hin, und berichtete ihr,<lb/>
daß Klaus entlaufen &#x017F;ei und mir alles an Geld,<lb/>
Kleidern und Pra&#x0364;tio&#x0364;&#x017F;eu mitgenommen ha&#x0364;tte, al&#x017F;o<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;ie mir unge&#x017F;a&#x0364;umt wenig&#x017F;tens 1000 Thlr.<lb/>
&#x017F;chicken, denn ich ko&#x0364;nnte die&#x017F;e Stadt nicht verlas-<lb/>
&#x017F;en, ohne mich wieder zu equipiren und was bis da-<lb/>
hin auflaufen wu&#x0364;rde, zu bezahlen. Zuletzt &#x017F;chrieb<lb/>
ich, es &#x017F;ei bereits An&#x017F;talt gemacht worden, den<lb/>
Spitzbuben au&#x017F;zu&#x017F;uchen, auch wu&#x0364;rde ich einen<lb/>
Steckbrief in mehrere Zeitungen &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en. Dieß<lb/>
war no&#x0364;thig, &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tte &#x017F;ie dieß alles be&#x017F;orgen<lb/>
wollen.</p><lb/>
          <p>Nachdem ich die&#x017F;en Brief ge&#x017F;iegelt hatte, um<lb/>
ihn des andern Morgens &#x017F;o bald ich erwacht &#x017F;ein<lb/>
wu&#x0364;rde der Mutter durch eine Staffete zuzu&#x017F;chik-<lb/>
ken, legte ich mich ruhig &#x017F;chlafen, denn was half<lb/>
das Gra&#x0364;men, da Klaus einmal mit dem Ge&#x017F;chmei-<lb/>
de nicht wiederkam? Und was &#x017F;eine Vermahnungen,<lb/>
&#x017F;eine Sorge, daß ich durch Nehmern verrathen<lb/>
werden wu&#x0364;rde, betraf, &#x017F;o war mir beides la&#x0364;cherlich.<lb/>
Von Nehmers Behut&#x017F;amkeit in &#x017F;einen heimlichen<lb/>
Handlungen hatte ich ja Beweiße, Klaus meint,<lb/>
es &#x017F;ei kein Men&#x017F;ch klu&#x0364;ger, als er, dachte ich und<lb/>
legte mich aufs Ohr.</p><lb/>
          <p>Jch hatte noch lange nicht ausge&#x017F;chlafen, als<lb/>
Bla&#x017F;ewitz, der junge Kaufmann, mit dem ich ge&#x017F;tern<lb/>
fro&#x0364;lich gewe&#x017F;eu war, vor mein Bette trat. Auf,<lb/>
Faulpelz, &#x017F;agte er, ich rei&#x017F;e nach * * *; wollen<lb/>
Sie die&#x017F;e Tour in Jhre Vater&#x017F;tadt mitmachen, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chicken Sie &#x017F;ich an, in einer Stunde gehe ich in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[386/0390] Zuflucht zu meiner Mutter war das Einzige: Jch ſetzte mich ſogleich hin, und berichtete ihr, daß Klaus entlaufen ſei und mir alles an Geld, Kleidern und Praͤtioͤſeu mitgenommen haͤtte, alſo moͤchte ſie mir ungeſaͤumt wenigſtens 1000 Thlr. ſchicken, denn ich koͤnnte dieſe Stadt nicht verlas- ſen, ohne mich wieder zu equipiren und was bis da- hin auflaufen wuͤrde, zu bezahlen. Zuletzt ſchrieb ich, es ſei bereits Anſtalt gemacht worden, den Spitzbuben auſzuſuchen, auch wuͤrde ich einen Steckbrief in mehrere Zeitungen ſetzen laſſen. Dieß war noͤthig, ſonſt haͤtte ſie dieß alles beſorgen wollen. Nachdem ich dieſen Brief geſiegelt hatte, um ihn des andern Morgens ſo bald ich erwacht ſein wuͤrde der Mutter durch eine Staffete zuzuſchik- ken, legte ich mich ruhig ſchlafen, denn was half das Graͤmen, da Klaus einmal mit dem Geſchmei- de nicht wiederkam? Und was ſeine Vermahnungen, ſeine Sorge, daß ich durch Nehmern verrathen werden wuͤrde, betraf, ſo war mir beides laͤcherlich. Von Nehmers Behutſamkeit in ſeinen heimlichen Handlungen hatte ich ja Beweiße, Klaus meint, es ſei kein Menſch kluͤger, als er, dachte ich und legte mich aufs Ohr. Jch hatte noch lange nicht ausgeſchlafen, als Blaſewitz, der junge Kaufmann, mit dem ich geſtern froͤlich geweſeu war, vor mein Bette trat. Auf, Faulpelz, ſagte er, ich reiſe nach * * *; wollen Sie dieſe Tour in Jhre Vaterſtadt mitmachen, ſo ſchicken Sie ſich an, in einer Stunde gehe ich in Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/390
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/390>, abgerufen am 10.06.2024.