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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ben; er unterdrückte also seinen Wunsch, wegen
meines Aeußern etwas angenehmes von Felßen zu
hören. Suschen aber war es selbst, welche ihren
biegsamen Mann dahin brachte, daß er mich, da ich
vier Jahr alt war, mit zu ihm nahm. Jhre Rache
an Felßen war eigentlich noch gar nicht genommen,
sie sah auch nicht, wie sie jemals zu einer solchen
Befriedigung gelangen sollte. Mit einemmal fiel
ihr mein Trieb zu beißen als ein Mittel dazu ein,
und sie beschloß, sich dessen zu bedienen. Um zu
diesem Zweck zu gelangen, stellte sie sich, als wäre
sie gar nicht mehr Felßens Feindinn, erzählte, wie
sie ihm begegnet und wie sie einander freundlich ge-
grüßt, wie es ihr geschienen hätte, als säh er kränk-
lich aus, woraus wohl zu schließen sei, daß der
Mann großen Kummer hätte. Hierüber beklagte
sie ihn, und wünschte doch, daß sich sein Schicksal
ändern möchte. Wie von ohngefähr sprach sie über
den andern Tag wieder von ihm, und dann stellte
sie sich, als fiel ihr plötzlich ein, daß er mich noch
nicht gesehen hätte. Zeige doch, sagte sie, deinem
guten Freund unser Goldfritzel, er wird sich gewiß
über ihn freuen, geh doch morgen oder übermorgen
mit ihm hin. Ja, sagte der Vater, wenn mein
Nickel artig seyn wollte! das will ich sein, Pappa,
rief ich, Sie sollens sehn. Jch hatte zwar nicht
willens,
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ben; er unterdruͤckte alſo ſeinen Wunſch, wegen
meines Aeußern etwas angenehmes von Felßen zu
hoͤren. Suschen aber war es ſelbſt, welche ihren
biegſamen Mann dahin brachte, daß er mich, da ich
vier Jahr alt war, mit zu ihm nahm. Jhre Rache
an Felßen war eigentlich noch gar nicht genommen,
ſie ſah auch nicht, wie ſie jemals zu einer ſolchen
Befriedigung gelangen ſollte. Mit einemmal fiel
ihr mein Trieb zu beißen als ein Mittel dazu ein,
und ſie beſchloß, ſich deſſen zu bedienen. Um zu
dieſem Zweck zu gelangen, ſtellte ſie ſich, als waͤre
ſie gar nicht mehr Felßens Feindinn, erzaͤhlte, wie
ſie ihm begegnet und wie ſie einander freundlich ge-
gruͤßt, wie es ihr geſchienen haͤtte, als ſaͤh er kraͤnk-
lich aus, woraus wohl zu ſchließen ſei, daß der
Mann großen Kummer haͤtte. Hieruͤber beklagte
ſie ihn, und wuͤnſchte doch, daß ſich ſein Schickſal
aͤndern moͤchte. Wie von ohngefaͤhr ſprach ſie uͤber
den andern Tag wieder von ihm, und dann ſtellte
ſie ſich, als fiel ihr ploͤtzlich ein, daß er mich noch
nicht geſehen haͤtte. Zeige doch, ſagte ſie, deinem
guten Freund unſer Goldfritzel, er wird ſich gewiß
uͤber ihn freuen, geh doch morgen oder uͤbermorgen
mit ihm hin. Ja, ſagte der Vater, wenn mein
Nickel artig ſeyn wollte! das will ich ſein, Pappa,
rief ich, Sie ſollens ſehn. Jch hatte zwar nicht
willens,
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[37/0041] ben; er unterdruͤckte alſo ſeinen Wunſch, wegen meines Aeußern etwas angenehmes von Felßen zu hoͤren. Suschen aber war es ſelbſt, welche ihren biegſamen Mann dahin brachte, daß er mich, da ich vier Jahr alt war, mit zu ihm nahm. Jhre Rache an Felßen war eigentlich noch gar nicht genommen, ſie ſah auch nicht, wie ſie jemals zu einer ſolchen Befriedigung gelangen ſollte. Mit einemmal fiel ihr mein Trieb zu beißen als ein Mittel dazu ein, und ſie beſchloß, ſich deſſen zu bedienen. Um zu dieſem Zweck zu gelangen, ſtellte ſie ſich, als waͤre ſie gar nicht mehr Felßens Feindinn, erzaͤhlte, wie ſie ihm begegnet und wie ſie einander freundlich ge- gruͤßt, wie es ihr geſchienen haͤtte, als ſaͤh er kraͤnk- lich aus, woraus wohl zu ſchließen ſei, daß der Mann großen Kummer haͤtte. Hieruͤber beklagte ſie ihn, und wuͤnſchte doch, daß ſich ſein Schickſal aͤndern moͤchte. Wie von ohngefaͤhr ſprach ſie uͤber den andern Tag wieder von ihm, und dann ſtellte ſie ſich, als fiel ihr ploͤtzlich ein, daß er mich noch nicht geſehen haͤtte. Zeige doch, ſagte ſie, deinem guten Freund unſer Goldfritzel, er wird ſich gewiß uͤber ihn freuen, geh doch morgen oder uͤbermorgen mit ihm hin. Ja, ſagte der Vater, wenn mein Nickel artig ſeyn wollte! das will ich ſein, Pappa, rief ich, Sie ſollens ſehn. Jch hatte zwar nicht willens, C 3

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/41>, abgerufen am 29.04.2024.